„This is Ali. He walks past my work every morning wearing great clothes.“
Zoe Spawton lebt in Berlin, ist Fotografin und stammt eigentlich aus Australien. In der Nähe ihres Büros traf sie irgendwann auf Ali. Dann ein zweites und ein drittes Mal, inzwischen grüßen sich die beiden so gut wie jeden Tag und immer öfter zückt Zoe noch schnell die Kamera. Weil Ali mit seinem außerordentlichen Händchen für Layering, Stilbrüche und Farbharmonien schlichtweg fotografiert gehört. Verewigt wird das Ganze auf dem Tumblr „What Ali Wore“ – spätestens nach dem dritten Bild haben auch wir unser Herz an den graubärtigen Ali samt seiner Vorliebe für farblich abgestimmte Kopfbedeckungen verloren.
Zwischen all den überstylten und wenig authentischen Street Styles (im Sinne von: Da macht sich jemand nicht sechs Stunden lang über das eigene Outfit gedanken oder klatscht wahllos ein Designer-Teil über das andere, weil dabei so gut wie nichts schief gehen kann, ist ja alles immer Stilbruch), die wir täglich auf den ganz großen Seiten präsentiert bekommen, erscheint uns dieser kleine Hype hier beinahe wie ein gehässiges Lachen. Wie der dringend benötigte Spiegel, der uns vorhält wie sehr einige von uns sich doch selbst verlieren in diesem Wahn möglichst perfekt, anders oder irre aussehen zu wollen. Am Ende gewinnen so oder so die am wenigsten Bemühten. Oder die, die bloß ihren eigenen Kleider-Regeln folgen, statt ständig nach links und rechts zu schauen, jene, die sich inspirieren lassen, statt bloß zu adaptieren.
Ich selbst merke das immer wieder, wenn meine Freundin Karin mich besucht. Karin spielt lieber Klavier, statt Modemagazine zu lesen ist trotzdem die schönste und bestangezogenste junge Dame in meinem Freundinnen-Kosmos. Weil sie sich selbst nicht unter Druck setzt. Weil sie lieber aussieht wie Karin als wie Kate Moss. Und weil sie keine Stilvorlage braucht, um sich für den richtigen Mustermix zu entscheiden.
Edit: Dass wir uns nach mehr Natürlichkeit sehnen, nach mehr Authentizität und Echtheit, wird auch durch die Beliebtheit Alis deutlich. Noch während dieser Beitrag entstand, teilten mindestens vier meiner Facebook-Freunde und dutzende weitere Blogs den „niedlichen türkischen Mann aus Berlin“. Es sollte uns doch ein wenig verwundern, dass die Realität von da draußen es vermag, uns Online-Kinder so sehr zu berühren. Das schwingt sogar ein bisschen Großstadt-Romantik mit und dieses seltsame Gefühl von Tragik.
Bilder: Zoe Spawton.
Gefunden bei Matthias.