Lese-Tipp: „Der Kaiser der neuen Kleider – Mohammed Abdul Jabbar sogt dafür, dass ein T-Shirt bei uns nur 8 Euro kostet“

16.04.2013 Mode, Kultur, Leben, Allgemein



Wir wissen ganz genau, dass wir gern allen Dreck beiseite schieben, was nicht direkt vor unserer Haustür liegt, dass die meisten von uns lieber wegschauen als hinzusehen und die Verdrängung der Konfrontation vorziehen. Wir wissen außerdem, dass ein T-Shirt mehr als acht Euro wert sein muss und dass wir beinahe immer auf Kosten anderer Menschen sparen. Billige Kleidung tut einzig und allein dem eigenen Geldbeutel gut – für den Großteil der Konsumenten Grund genug weiterhin fröhlich in der europäischen Blubberblase zu planschen, massenhaft zu spachteln und getreu dem Motto „da muss sich wer anderes drum kümmern“ zu leben.

Was soll man auch ändern als kleiner Mann, wenn die ganz großen Bosse, zum Beispiel Mohammed Abdul Jabbar, die Maschine so oder am Laufen halten.

Wir haben schon etliche Male darüber geredet, immer wieder für einen bewussten Umgang mit Konusm, gerade in der Textilbrance, plädiert und noch häufiger zugegeben, dass wir selbst viel zu oft falsch handeln. Dass die Sozialisierung in einem Land des Überflusses auch bei uns für geistige Aussetzer und sinnfreie Käufe sorgt, dass wir uns viel zu häufig nach Dingen verzehren, die eigentlich niemand braucht. Wenn man es auf die Spitze treiben will, dann sagt man ganz einfach „Der Zug ist abgefahren, wir werden uns nicht mehr ändern“. Das wäre allerdings mindestens so traurig wie fatal. Genau so wir wir jeden Tag an unseren Freundschaften und Beziehungen arbeiten müssen, verlangt auch unser Verhalten nach ständiger Kontrolle und Korrektur. Wir können etwas ändern, immer. Von jetzt auf gleich. Völlige Boykottierung ist meiner Meinung nach keine Lösung, dazu stecken wir wahrscheinlich schon viel zu tief drin. Nachdenken, sich informieren, abwägen – das wäre immerhin ein erster Schritt. Brauche ich wirklich 30 T-Shirts aus einer x-beliebigen Ladenkette? Wohlmöglich tun es auch nur zwei, nein, sogar ganz sicher. Weniger Konsumieren, mehr Denken.

Immer wieder berichten die Medien über Konzerne wie H&M, Zara und Co, über deren Produktionsbedingungen und Fabriken im Ausland, zum Beispiel Bangladesch. „Nicht schon wieder“, denkt man heimlich bei jeder Schlagzeile. Aber die Erfahrung zeigt: Wir checken in etwa gar nichts, wenn man uns nicht immer und immer wieder unter die Nase reibt.

Paula Scheidt tut genau das. Mit ihrem Artikel „Der Kaiser der neuen Kleider“ aus der aktuellen Neon stichelt sie zwar ganz galant gegen H&M, vergisst als eine der Wenigen aber trotzdem nicht, dass es eben auch die Chefs von ausländischen Firmenkonglomerate der Textilindustrie, also der Fabriken, selbst sind,  die ihre eigenen Landsleute klein halten, um selbst in Gold schwimmen zu können. Mohammed Abdul Jabbar ist einer von ihnen. Er zahlt seinen Angestellten im Monat etwa den Betrag aus, den er an einem ganz normalen Abend für zwei Gin Tonic ausgibt. 37 Dollar um genau zu sein – der gesetzliche Mindestlohn. 

Und dann wäre da noch die Politik selbst, die Forderungen von H&M nach einem höheren Mindestlohn im Nichts verhallen lässt, denn Politik, das ist in Bangladesch in etwa das Selbe wir die Textilindustrie. Bleibt nur die Frage danach, ob H&M seine Forderungen laut genug geäußert hat. Schließlich sollen die Produkte des schwedischen Fast-Fashion-Unternehmens in Zukunft noch preiswerter werden.

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3 Kommentare

  1. Nina

    auch gestern gelesen und begeistert gewesen, weil der Artikel nicht (wie es sonst so gerne gemacht wird) Menschen offensichtlich anprangert, sondern einfach nur beschreibt, was wirklich Sache ist… und man sich seine eigenen Gedanken zu diesem ganzen Scheiß machen kann. Ich zumindest habe mich heute ertappt gefühlt, da plötzlich wieder dieser Artikel in meinem Kopf auftauchte, als ich bei Zara im Onlineshop nach einem roten Kleid gesucht habe.
    Aber ich glaube von Veränderungen und einer wirklich Lösung sind wir noch ziemlich weit entfernt…

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  2. Pingback: Shout-Outs: Der Wochenrückblick | Fashion Insider

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