Ich bin ein furchtbarer Brillenträger und so inkonsequent wie Neuhjahrs-Nichtraucher. Zwar weiß ich, dass ich ab eineinhalb Metern Entfernung zum Zielobjekt verschwommen sehe und dass dieser Umstand wirklich überhaupt nicht sinnvoll ist, dass mich Leute verfluchen, weil sie selbstverständlich annehmen, ich würde sie auf offener Straße mit purer Absicht ignorieren und dass das stänidge Weglassen der Brille meine Dioptrienzahl bestimmt nicht minimiert – und trotzdem schaffe ich es vor lauter Unwohlsein nicht, das gute Stück einfach mal auf der Nase zu behalten. Und zwar einen ganzen Tag lang.
Stattdessen setze ich mich mit voller Wucht drauf, stopfe sie immer wieder arglos in meine Handtasche, oder verlege sie gleich komplett. Noch heute Morgen musste ich samt krummem Gestell zur Reparatur antreten. Das Ergebnis: Man darf mich jetzt stolze Besitzerin einer Brillenkette nennen. Und komme was wolle – ich mach‘ das jetzt einfach so.
Eventuell kann ich fortan zwar nur noch schwarze Rollkragenpullover tragen, um nicht wie die Grundschul- oder Sekretärinnen-Variante meiner Selbst dazustehen, sondern eher wie Simone de Beauvoirs auferstandene Busenfreundin, aber trotzdem bin ich der Meinung, so eine goldene und praktikable Kette sollte viel häufiger zum Einsatz kommen. Mir ist egal, ob’s schön ist oder nicht, obwohl ich’s gar nicht so furchtbar finde. Eher gewöhnungsbedürftig, ein bisschen absurd und durchaus interessant.
Manchmal ist’s ok, sich selbst ein bisschen banane zu finden. Und ob ich so auch auf einem Geburtstag tanzen würde, ist eine ganz andere Frage. Erstmal wird’s nur daheim, in der U Bahn und im Büro getestet. Wenn mich dann niemand mit Kaugummis bespuckt, wage ich mich vielleicht auch in die adrette Öffentlichkeit.