Laut Style Caster will die IMG, die verantwortlich für die Mercedes-Benz Fashion Week zeichnet, im kommenden Jahr erneut den Blogger-Anteil während der Schauen und im Zelt reduzieren. Eigentlich müssten wir an dieser Stelle laut aufschreien, uns über dieses Vorhaben zutiefst echauffieren und für die Demokratisierung der Mode aufstehen. Aber irgendwie geht’s nicht. Denn wenn Catherine Benett, Managing Director der IMG, “Fashion Week was becoming a zoo” zum Besten gibt, dann können wir nur benommen nicken und zeitgleich auf folgendes Style Kingdom-Zitat verweisen:
„Seien wir doch mal ehrlich: Die Demokratisierung der Mode geht nur bis zu einem gewissen Grad, dann verliert sie ihren Reiz. Es ist wie die goldene Statue, die man angreifen darf und die damit automatisch abblättert. Es geht schon lange um Aftershow Parties, um Taxifahrten mit dem wie-heißt-der-nochmal-Fotografen, um die Selbstbefriedigung des Egos, das sich bei Chanel abfotografieren lässt und dann keine Zeile darüber schreibt – ich schaue in deine Richtung Bryanboy. Das war auch früher so, allerdings scheint in den letzten Saisons die Präsentation diverser Designer, egal wie groß sie sind, klar in den Hintergrund zu rücken und das Ganze zu einem Selfie-Event zu verkommen, das mit dem Instagram Posting in der ersten Reihe beschäftigt ist, während die Show vorüber zieht. Dass das Ganze kein Zirkus, sondern ein Milliardengeschäft ist, wird da leicht verdeckt und von unbedarften Laien nicht mal im Ansatz gedacht.(…)“
Aus dem Nähkästchen geplaudert, ist die Realität teilweise schockierender als jedes Kopfkino. Vor dem Fashion Week Zelt tummeln sich haufenweise kleine Menschen, die eigentlich in der Schule sitzen sollten, um an ihrer Rechtschreibung zu werkeln. Stattdessen warten sie darauf, fotografiert zu werden, um in einem Streetstyle-Best-Of zu landen, das den Rest der Welt an die Grenze des Fremdschams treibt. Diese Art des Blaumachens und Spielens könnte im Grunde völlig in Ordnung sein – wäre goldene Leidenschaft der Antrieb für dieses Handeln. Dabeisein aus Liebe zur Mode, statt zum eigenen Gesicht.
Das schlimmste hieran bleibt jedoch die Tatsache, dass jedweder Sündenbock fehlt. Wie soll ein junger Mensch heute noch wissen, was sich schickt und was nicht, was wirklich wichtig im Leben ist, wenn die konsumierten Medien nahezu ausschließlich Schwachsinn propagieren, wenn ein Facebook-Like mehr zählt ein selbst gebackener Weihnachtskeks eines realen Freundes?
Aber auch die älteren Kaliber sind gut dabei. Goodie Bags, Free Drinks und Fame sind verlockende Reize. Wo fängt der Wahnsinn an, wo hört die Sinnlosigkeit auf? Die Modewelt ist ein Milliardengeschäft und die Designer zahlen einen haufen Asche, um im Zelt ihre Kollektionen zeigen zu können. Mode ist nicht nur Konsumgut, sondern ein kulturelles Phänomen. Es sollte uns also nicht wundern, dass ernstzunehmende alte Hasen des Modejournalismus beim Anblick des inzwischen etablierten Fashion Week Zirkus kurz vor einem Heulkrampf stehen und der guten alten Zeit gedenken.
Versteht mich nicht falsch. Ich liebe Blogger. Aber eben jene, die mit Herzblut dabei sind. Die das Ausmaß einer Veranstaltung wie dieser begreifen, die vor Verzückung jauchzen, wenn das erste Kleid über den Laufsteg gejagt wird, oder kritische Gedanken ausstoßen, wenn das Gesehene nicht überzeugt. Jede Meinung ist wichtig. Jeder kleine Blog kann groß werden. Respekt ist und bleibt jedoch der Schlüssel zum Glück. Verliert man diesen Schlüssel im Ego-Wahn, wird’s unangenehm.
Der ein oder andere mag sich an dieser Stelle sicher fragen, wie wir unsere eigene Berechtigung auf den Schauen wohl einschätzen. Ob wir uns gar komplett dieser Kritik entziehen? Natürlich nicht. Rückblickend betrachtet landeten schlichtweg viele Einladungen in unserem Briefkasten, denen wir aus Zeitmangel nicht nachkommen konnten, oder dessen Absender für unsere Zielgruppe, pardon, eher uninteressant scheint. Ich kann es besagten Modehäusern also keineswegs übel nehmen, sollten sie in der kommenden Saison lieber ohne uns auskommen wollen.
Deshalb appeliere ich eher an unseren Menschenverstand und auch an den unsere Bloggerkollegen: Wir sollten so fair sein, jene Einladungen abzuschlagen, die wir nicht ausreichend wertschätzen können. Das bedeutet: Wer erst gar nicht beabsichtigt, über die gezeigte Show zu schreiben), sondern bloß Bilder aus der Front Row via Instagram zu streuen, der sollte freiwillig den Platz für einen motivierteren Modebegeisterten räumen. Vielleicht muss man sich dann irgendwann auch nicht mehr für die Bezeichnung „Modeblogger“ schämen. Image ist, was du draus machst.