Aus gegebenem Anlass (ich befinde mich samt Blasen an Füßen in Lissabon, aber für heilendes, offenes Schuhwerk ist’s zu kalt) stellen wir heute erneut die Frage, auf die sich seit 2010 einfach keine Antwort finden lassen will: Darf man jegliche Klischees und Vorurteile endlich im Hinterhof vergraben und ganz selbstbewusst Socken in Sandalen tragen?
Wer jetzt einschreiten will, weil selbige Manier doch längst Gang und Gebe sei, der hat nur teilweise recht: Söckchen zu Pumps und Plateaus gelten inzwischen zwar als salonfähig, wer sich aber an Célines Furkenstocks herantraut oder gleich auf Original Birkis setzt, hat es weiterhin schwer. Ja, wird sich die gemütlichste aller Modeideen denn tatsächlich niemals durchsetzen können?
Grundsätzlich halte ich nicht viel vom Wörtchen „nie“, denn selbst die hochnäsigsten aller Moderedakteurinnen, die flaches Schuhwerk jahrelang mit fiesem Nasezwirbeln würdigten und Dinge sagten wie „NIE werde ich SO das Haus verlassen“, preisen inzwischen den Gesundheitstrend und jagen in Sandalen von einer Schau zur anderen – im Grunde muss ein Trend also vielleicht nur teuer genug sein, um geschätzt zu werden. Nicht so aber im Fall „Socke küsst Sandale“. Selbige Kombination findet nämlich kaum auf der Straße, dafür aber in sämtlichen Hochglanz-Magazinen und Editorials statt.
Uns selbst fehlt nicht der Mut für derart verschrieene Mode-Experiemente, sondern noch häufiger das Verständnis. „Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht“, heißt es schließlich und für Augen und Gehirn ist es nicht einfach, sich von all den gängigen Touri und Alt-Herren-Klischees zu befreien. Dauert die Eingewöhnngsphase deshalb schon so lange an?
Ich behaupte keinesfalls, dass jeder von uns das dort oben Gezeigte hübsch finden muss, ist ja schließlich schon ein bisschen irre. Und trotzdem wünsche ich mir ein bisschen mehr Toleranz. Wer über Träger der Socken-Sandalen-Kombination schimpft, und zwar lauthals und herabwertend (was extrem häufig der Fall ist), der stößt bei mir auf großes Unverständnis. Denn weiterhin gilt: Lasst die Leute doch machen, und: Sag niemals, aber wirklich nie, niemals „nie“, sonst sind es am Ende die Anderen, die lauthals lachen dürfen.