Die unerträgliche Ödnis der Gleichförmigkeit, das Einerlei der Monotonie und nicht zu vergessen die unendliche Langeweile der Eintönigkeit wollen bitteschön gestopft werden. Zugeklebt, angemalt, angezogen, abgedeckt, gelutscht, gegessen, gekauft, weggesoffen wollen die werden. Ich habe einen gelangweilten, immer hungrigen Kobold auf der Schulter sitzen. Dieser abgerichtete Kobold hat immer Lust, wird nie müde, hat immer Bock und lässt mich nicht rasten – stattdessen piekst er mir in die Rippen und sagt „Los, Sari – da geht noch was, da musst du hin, das brauchst du, gib dich nicht zufrieden!“. Die Worte aus Kobolds dreistem Mundwerk sind der verlässliche Motor für das dekorierte Hamsterrad, in das ich mich jeden Morgen peitsche und das Verlangen nach NEU ist der Garant, dass sich dieses Rad nie aufhören wird zu drehen.
Mit Anlauf hinein in den vollgepackten Kühlschrank, ab in den Online-Store, an der Schlange entlang in den Club an die Bar drei der besten Drinks bestellen und auf Ex runterkippen, die Drogerie leer kaufen, im Sale richtig einen wegsalen, das neue Feuer-Pokemon besitzen, das letzte Panini ins Heft kleben, Urlaub mit echten Kokosnüssen auf der Brust und den schönsten Mann am Platz ins Vitra Bett schleppen. Ein kurzer Impuls im Glückszentrum lässt mich taumeln und jauchzen – meine Belohnungsendorphin-Blase ist kurzzeitig wegen Überfüllung geschlossen – es fühlt sich alles so geil an. Die Blase platzt auf und ergießt sich über meine Umwelt. Ich suhle mich im Euphoriematsch. Mehr, Mehr, Mehr!!! Und kurze Zeit später: Die unerträgliche Ödnis der Gleichförmigkeit, das Einerlei der Monotonie und nicht zu vergessen die Langeweile der Eintönigkeit. Was tun? Käsekuchen? Sushi? Ein neuer Mascara muss her oder, was flattert mir da in die Hände:
Oh, „Transparente Streifen zum Straffen der Augenpartie ohne Chirurgie“ mit dem mehr als vielversprechendem Namen MAGICSTRIPES, dazu ein Bild von Bill Kaulitz und Elisabetta Canalis, den Helden meiner Jugendjahre, in überzeugender Selfie-Pose. Sie scheinen zufrieden und ihre Lider wirken straff, sehr straff. Ich bin komplett beeindruckt und handle mit zitternden Händen nach beigefügter Kurzanleitung und Video. Das Kleben verschafft leichtes Kribbeln im Körper – Befriedigung – gimme, gimme! Vorher-Nachher-Vergleich, ich kann dich nicht abwarten. Wird dieser Streifen mein Leben ab sofort verändern? Werde ich jetzt glücklich und neu durch die Welt tanzen? Der Blick in den Spiegel bringt die knallharte Gewissheit und Antwort: Nein, natürlich nicht. Das Ergebnis ist ein verdammter schlechter Scherz. Der Streifen verändert zumindest bei meinen Wurstlidern rein gar nichts, obenrum ist alles wie immer, Punkt. Ich reiße mir die Klebies ab, werfe sie in den Müll und schreite stolzen Schlapp-Lides zum Kühlschrank. Gibt ja wirklich schlimmeres.
<3
