Bucherscheinungen fiebre ich manchmal so zappelig entgegen wie sich andere Menschen Geburtstage, Ferienanfänge oder Konzerttermine herbei wünschen. So hat mich der Erscheinungstermin von Lena Dunhams „Not That Kind of Girl“ stets hibbelig ungeduldig in die Hände klatschen lassen, bis ich vor einer Woche das Buch der Stunde endlich frisch gedruckt in meine Lesehöhle aka mein Bett schleppen durfte.
Der Wälzer der 28-jährigen New Yorkerin ist eine autobiografische Essaysammlung und fungiert als Ratgeber für junge Frauen. Er kann als feministisches Projekt betrachtet werden, mit dem Ziel Frauen zu mehr Selbstbewusstsein und Entschlossenheit zu verhelfen.
“When someone shows you how little you mean to them and you keep coming back for more, before you know it you start to mean less to yourself. You are not made up of compartments! You are one whole person! What gets said to you gets said to all of you, ditto what gets done. Being treated like shit is not an amusing game or a transgressive intellectual experiment. It’s something you accept, condone, and learn to believe you deserve. This is so simple. But I tried so hard to make it complicated.”
„A young woman tells you what she’s „learned““ lautet der Untertitel des Buches und so erzählt Lena von ihrer Kindheit in Soho, Essgewohnheiten, Angst, Sex und Liebe. Wie ihre bisherigen Arbeiten ist auch „Not That Kind of Girl“ sehr intim und persönlich. Was mir besonders gefällt: Dunhams direkte, schlaue und unverblümte Art. Wie erfrischend es doch wäre, wenn wir alle öfters über unseren Schatten springen könnten, um uns wie Lena unverkrampft über unsere Körper und dazugehörenden Eigenarten auszutauschen.
Im Geschriebenen steckt unmissverständlich die Granddame hinter der HBO Erfolgsserie Girls – so könnten manche Aussagen zweifellos auch von ihrem Seriencharakter Hannah Horvath stammen. Lenas Feminismus ist ein sehr „Ich-bezogener“, sie spricht jedoch unzähligen Frauen aus der Seele, wenn sie uns mitteilt mit wem man sein Bett auf keinen Fall teilen sollte, dass Sex im Fernsehen meist nichts mit Sex in der Realität am Hut hat und dass es okay ist mit Barbies zu spielen, solange man im Hinterkopf behält, dass die Plastikpuppen entstellt sind.
Die 250 Seiten umfassende Lektüre ist schlau und berührend, an vielen Stellen jedoch nicht sehr überraschend. Viele ihrer Erzählungen beschreiben relativ vorhersehbare Erlebnisse eines weißen Mädchens aus der amerikanischen Mittelschicht. Oft habe ich mir während dem Lesen mehr Zusammenhang oder Tiefgang gewünscht, so hatte ich auch stets ein wenig den Eindruck das Geschriebene sei ohne viel System aus Lena herausgesprudelt. Und doch ist Lenas Erstlingswerk ein wichtiges Buch, das uns zeigt, dass es ziemlich okay ist keinen Stereotypen zu entsprechen, dass wir uns mehr Selbstrespekt gönnen sollten und es eben völlig in Ordnung ist, nicht „that kind of girl“ zu sein.
(Am 4. November wird Lena Dunham „Not That Kind of Girl“ im Deutschen Theater Berlin vorstellen.)