„Happy is not a dress size“ – Interview mit Journalistin und Plus Size Model Mayra de Wilde

Mayra - Heather Hazzan NYC 6Erst Freitag schrieb Nike über das Unterwäschen-Editorial der amerikanischen VOGUE in dem mal keine ranken und schlanken Supermodel-Körper zu sehen waren, sondern…Frauen! Wie es der Zufall wollte, waren wir gerade dabei ein Interview mit Mayra de Wilde zu machen: eine niederländische Journalistin und Model. Und ja, wie Nike auch anmerkte, kommt da noch ein eigentlich unnötiges ‚Plus Size‘ vor das Wort Model. Mayra ist ein Plus Size Model, aber was sie für mich ist (und ich dachte nie, dass ich dieses Wort mal benutzen würde), ist eine echte Powerfrau! Eine Frau mit Powerlocken, Powerlächeln und Powerausstrahlung! 

Vor ein paar Wochen begann sie einen Blog namens The Publisized. Hier teilt sie Geschichten, News und Modefotos – alles mit einem Fokus auf Kurven. Ihr Blog baut auf einer gesunden Dosis Körperbewusstsein auf. Frauen gibt es in allen Formen und Größen und sie will ihren Beitrag dazu leisten, dass dies auch endlich gebührend zelebriert wird, denn diese Vielfältigkeit ist leider noch nicht der Standart, wenn man sich die Medien- und Modewelt ansieht. Aber, wie sie über sich selbst sagt: „don’t get us wrong: we looooovvves fashion. It just needs a bit more of volume. Hips don’t lie, you know?

Mayra: wer ist Mayra?
Ich bin Mayra, 32 Jahre alt und arbeite als Freelance Journalistin und Plus Size Model.

Wie wurdest du Model?
Als ich 17 war sah ich ein Plus Size Model und ihren Agenten in einer niederländischen Talkshow. Ich war fasziniert, aber zu unsicher um meine Fotos an die Agentur zu schicken. 1,5 Jahre später entschied ich es doch zu probieren und kontaktierte die Agentur; seitdem bin ich Model.

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Stört dich der Begriff ‚Plus Size Model‘?
Ich hoffe, dass man Models eines Tages einfach nur Model nennt, egal welche Kleidergröße sie haben. Ich denke der Begriff ‚Plus Size‘ ist verwirrend, denn es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Plus Size Model und einer Plus Size Frau. In der Modewelt werden Models mit einer Größe 40/42 als ‚Plus Size‘ betitelt und ich denke solche Bezeichnungen können Mädchen und Frauen negativ beeinflussen. Leute verbinden ‚Plus Size‘ mit fett und ich denke es ist nicht in Ordnung eine Kleidergröße 40/42 als ‚fett‘ zu beschreiben. Also ich denke, der Begriff ‚Plus Size‘ sollte abgeschafft werden. Er passt einfach nicht zu den Models, die hiermit umschrieben werden. 

Du hast vor kurzem einen Blog namens The Publisized gestartet. Warum hast du hiermit angefangen?
Viele Frauen haben ein Problem mit ihrer Größe, ihrem Gewicht und dem Körperbild im allgemeinen. Jahrelang war ich eine von ihnen, bis ich einfach entschieden habe nicht mehr so hart mit mir selbst zu sein. Und das war das beste, was ich jemals für mich selbst gemacht habe. Ich hoffe andere Frauen mit meiner eigenen Geschichte zu inspirieren. Es hilft mir auch wirklich das zu machen, was ich immer allen sage. Eigenliebe ist eine nicht endender Prozess, der viel Einsatz fordert. 

Warum der Name The Publisized?
Ich möchte über Frauen mit allen möglichen Größen schreiben und sie auch gleichzeitig ‚veröffentlichen‘, sie der Öffentlichkeit vorstellen. Größenvielfalt ist wichtig. The Publisized ist eine Kombination meiner beiden Berufe als Journalistin und Model. 

Was denkst du über Modeblogs im allgemeinen?
Ehrlich gesagt bin ich nicht so gut im Folgen von Modeblogs, ich mag Instagram viel lieber. Aber ich liebe Gabi Fresh, Girl with Curves, The Curvynista, Tess Munster, Curvy Campbell and Nadia Aboulhosn. Ich mag es, wenn Menschen ihre persönlichen Geschichten teilen, oder es schaffen andere durch Fotos oder tolle One-Liner zu inspirieren. 

Was möchtest du mit deinem Blog erreichen? Du schreibst auf Englisch, möchtest du so ein breiteres Publikum erreichen? Was ist deine Botschaft?
Meine Botschaft ist der Slogan meines Blogs: „Happy is not a dress size„. Ich blogge auf Englisch, da ich denke, dass meine Botschaft universal ist. 

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Sind nur Frauen deine Zielgruppe, oder hast du die Erfahrung gemacht, dass auch Männer die gleichen Probleme haben über die du schreibst? 
Ich denke auch Männer können mit ihrem Körper unsicher sein, mit ihrer Größer und auch ihrem Gewicht. Aber ich denke schon, dass Frauen sich viel mehr mit ihrem Aussehen beschäftigen als Männer. Ich weiss, dass auch Männer meinen Blog lesen und ich denke sie finden es supersexy, wenn eine Frau sich mit ihrem eigenen Körper wohl fühlt. 

Was sind die Reaktionen die du bis jetzt auf deine Posts bekommen hast? Sind sie durchweg positiv, oder gab es auch kritische Kommentare?
Eigentlich waren alle soweit positiv. Das macht mich wirklich sehr glücklich und dankbar. 

Wie gehst du grundsätzlich mit Kritik um, oder mit negativen und urteilenden Kommentaren die du bekommst?
Als Model bin ich es gewohnt als Produkt, oder als Werbefläche einer Marke gesehen zu werden. Also wurde es über die Jahre einfacher Kommentare über mein Aussehen nicht persönlich zu nehmen. Ich bin Zurückweisungen gewohnt, oder Sachen zu hören wie „Nein, sie haben dich nicht gebucht; sie haben ein anderes Model genommen.“ Natürlich ist es nie schön kritisiert zu werden und an Tagen an denen ich keine gute Laune habe ist es auch schwerer mit negativen Kommentaren umzugehen. Im Großen und Ganzen beeinflusst es mich aber nicht wirklich. Und wenn, dann erlaube ich es mir auch mich für eine kurze Zeit scheiße zu fühlen. Danach belasse ich es einfach dabei und wenn ich denke, dass die Kritik angebracht ist, versuche ich mich zu verbessern. Auf der Strasse bekomme ich eigentlich nie negatives Feedback, oder ich höre es nicht. Wenn irgendein Fremder etwas gemeines sagen würde, denke ich nicht, dass es mich wirklich treffen würde. Was mich verletzen würde, wäre wenn jemand der mir wichtig ist mich kritisieren würde. 

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Du schreibst auf deinem Blog, dass es Jahre gedauert hat, bis du dich wirklich selbst akzeptiert hast. Kannst du deinen Prozess der „Selbstliebe“ mit uns teilen?
Vor 3,5 Jahren hat sich mein Leben drastisch verändert: mein Vater ist gestorben und meine Beziehung endete nach 6,5 Jahren. Das war eine große Veränderung. Es fühlte sich an, als wenn ich ganz von Vorne anfangen müsste. Nach sechs Monaten Traurigkeit habe ich angefangen mich wieder aufzupäppeln und Schritt für Schritt habe ich gelernt was Selbstliebe wirklich heisst. Essen war immer Trost. Seitdem ich 11 war habe ich immer Diäten gemacht. War ich unglücklich habe ich gegessen, um mich besser zu fühlen, aber ich fühlte mich nie besser. Ich fühlte mich noch schlechter. Ich habe jahrelang hiermit gekämpft und war einfach nicht dazu in der Lage aus diesem Schema auszubrechen. Es änderte sich erst etwas, als ich wirklich ausgesprochen habe, dass ich unglücklich bin.

Ein Magazin für das ich schreibe hat mich darum gebeten Hypnose als Möglichkeit der Gewichtsabnahme auszuprobieren. Ich entschied mich es zu testen und der Therapist hat mir geholfen ‚hinter‘ das Essen zu sehen: Ich realisierte, dass es nicht Essen war, wonach ich verlangte, es war Selbstliebe. Ich war immer zu hart zu mir, fühlte mich nicht gut genug und kritisierte mich ständig selbst. Langsam, aber stetig habe ich angefangen mich wirklich um mich selbst zu kümmern. Ich begann Sport zu machen, gesündere Entscheidungen zu treffen wenn es um Essen ging und, ganz wichtig, hörte auf so hart zu mir selbst zu sein. Ich entschied: Ich bin gut genug und es ist OK, dass ich nicht perfekt bin. Perfekt ist sowieso langweilig. Es hat mich Jahre gekostet, um an diesen Punkt zu gelangen und es ist noch immer eine Herausforderung. Jedoch weiss ich jetzt, wie es sich anfühlt mit sich selbst im reinen zu sein und ich möchte nicht zurückgehen. Es ist wichtig mein Glücksgefühl zu beschützen. 

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Welchen Teil an dir magst du am meisten?
Ich bin jemand der gerne gibt und liebt. Körperlich liebe ich meine Haare sehr und meinen Po. Er ist sehr rund und wunderschön (lacht).

Möchtest du auch teilen was du nicht magst? Wie gehst du damit um, oder nimmst du es einfach hin und lächelst drüber?
Früher mochte ich meinen Bauch nicht und jahrelang wollte ich ihn gar nicht erst ansehen. Jetzt finde ich ihn in Ordnung. Ich finde ihn noch immer nicht super schön, mein Bauchnabel spielt immer verstecken, aber ich habe ihn akzeptiert und schätzen gelernt. Er ist mein Bauch und darum liebe ich ihn, egal wie er aussieht. 

Was ist dein liebstes Kleidungsstück? 
Mein Stil ist komplett durcheinander. An einigen Tagen trage ich „all black everything„, an anderen Tagen bin ich mit verschiedenen Prints bedeckt. Ich mag Röcke, high-waist Jeans, körperbetonte Kleider und Turnschuhe. Eines Tages würde ich gerne lernen wie man auf High Heels läuft…

Amsterdam: was magst du an der Stadt?
Die Stimmung…die Stadt ist so wunderschön! Ich liebe es an den Grachten entlang zu laufen, oder einfach nur auf einer Bank zu sitzen und die Aussicht zu genießen. Wenn man in Amsterdam ist sollte man nie vergessen nach oben zu schauen, denn es gibt so viele schöne Details an den Häusern.

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Das schlimmste an der Stadt?
Ich denke das Schlimmste ist, was Leute über Amsterdam denken ohne die Stadt jemals besucht zu haben. Das Rotlichtviertel und Gras rauchen macht so einen kleinen Teil der Stadt aus, aber manche Leute denken Amsterdam ist nicht mehr als Coffeeshops und Frauen die ihre Körper verkaufen. 

Was sollte man in Amsterdam auf jeden Fall machen?
Man sollte einfach in der Stadt rumlaufen und sich verlaufen…und sich die Stadt vom Wasser aus ansehen. 

Möchtest du noch etwas teilen?
Stell dich vor einen Spiegel und beginne damit dir mal anzusehen, was du wirklich an dir selbst magst. Sich erst in sich selbst verlieben macht es einfach sich selbst zu lieben. Mein Motto ist „Happy is not a dress size“ und hieran glaube ich wirklich. Scheiß auf das Größenetikett in deiner Kleidung, das ist völlig überbewertet. Was du selbst der Welt und den Leuten um dich rum geben kannst macht dich wirklich zu einer atemberaubenden Person. Dein Körper ist nur eine Verpackung, aber sich dazu entscheiden sich gut um ihn zu kümmern und ihn zu wertschätzen, dass ist ein wichtiger Schritt hin zum Glücklichsein.

Fotos: Dennis BrankoFrank de Graaf & Heather Hazzan

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