Immer und immer wieder kommen zwei ganz bestimmte Fragen auf: Wie relevant sind Blogger eigentlich wirklich und kann man mit diesem neumodischen Beruf in Deutschland überhaupt Geld verdienen? Wenn man selbst inmitten dieser inzwischen gigantischen Blubberblase sitzt, dann macht man sich zumindest über die Frage der Relevanz nur wenig Gedanken, denn irgendwie läuft ja alles, man wird für Kooperationen und Advertorials, also bezahlte Beitrage, angefragt, man kann, so ist das jedenfalls bei uns, dank der Banner sogar die Miete und ein anständiges Leben aus der eigenen Tasche finanzieren. Und das klingt immerhin nach einem gewissen Grad an Wichtigkeit. So richtig im Klaren darüber, was wir hier im virtuellen wie im wirklichen Dasein während der vergangenen Jahre auf die Beine gestellt haben, waren wir uns allerdings nie, was vielleicht sogar ganz gut ist, wegen des Charakters und der Bodenhaftung unter den Füßen, die so manch einem in unserer Branche tragischer Weise schon entglitten ist. „Wie fühlt sich das an, von über 300.000 Menschen im Monat gelesen zu werden?“ – noch ein Punkt, der uns zu realisieren durchaus schwer fällt, wir sehen hier schließlich nur ein Back End, das jeden Tag mit Zeilen und Bildern gefüttert werden will, eine Handvoll Kommentare und Likes, nie aber die Personen, die hinter all den Klicks stecken. Da vergisst man zuweilen sogar gänzlich, dass man nicht gegen eine stumme Wand schreibt.
Bis zur gerade bestrittenen Fashion Week. Da schüttelten uns plötzlich wildfremde Schönheiten die Hände und gaben uns High Five, wir fanden uns brabbelnd mit dem ZEITmagazin Dreamteam Christoph Amend und Tillmann Prüfer wieder, saßen in der sogenannten „Front Row“, direkt neben dem wunderbaren Alfons Kaiser, Christiane Arp, die von uns hoch geachtete Chefredakteurin der VOGUE, verlor sogar vor laufender Kamera 2,3,4 liebe Worte über unser Baby „This is Jane Wayne“, Arte begleitete uns und unseren Alltag gemeinsam mit Lonamedia und der wahnsinnig bewundernswerten Regisseurin Nicola, die irgendwann für einen kleinen Augenblick sehr ernst wurde: „Ihr Zwei, ihr habt Erfolg und zwar zu Recht, ihr dürft euch also auch so benehmen. Weniger Giggeln, mehr Ernsthaftigkeit, nur keine Scheu.“ – oder so ähnlich.
Als Sarah und ich am letzten Abend der Modewoche im schwarzen Taxi nach Hause gefahren wurden und nur noch blöd auf die ordentlich drapierten Wasserflaschen glotzen konnten, prustete es plötzlich aus uns heraus: „Krass. Das darf doch alles nicht wahr sein.“
Meine Schwester brachte es kurz darauf am Telefon auf den Punkt: „Meine liebe Nitti, aber deshalb seid ihr ja auch ihr. Weil ihr im Mercedes-Taxi tränen lacht über euch selbst und die absurde Situation, statt euch gegenseitig zu komplimentieren. Weil ihr euch danach in Jogginghose auf’s Sofa knallt, um weiter an Artikeln zu schreiben, statt Champagner zu verbrennen.“ Ich weiß nicht, ob man an dieser Stelle begreift, wovon ich hier überhaupt zu tippen versuche, also nochmal kurz und knapp zusammengefasst: Wir sind seit der vergangenen Woche pausenlos dankbar. Und auch ein bisschen stolz. Zweiteres vielleicht sogar zum allerersten Mal, es passiert nämlich nicht allzu häufig, dass mal jemand etwas nettes sagt oder einen Schulterklopfer verteilt, oft hagelt es bloß Getuschel aus den eigenen Reihen und hundsgemeine Blick aus der Richtung großer internationaler Boggerstars (Hallo Pernille!) oder der adretten Dame im Pelzmantel, die „bestimmt nur versehentlich“ neben dich und deine Turnschuhe gesetzt wurde. Das Schönste an dieser Geschichte hier, an diesen Erlebnissen, ist aber nicht die bloße Bauchpinselei. Sondern viel mehr die Gewissheit, dass wir es mit viel Herzblut geschafft haben, uns ein klitzekleines bisschen Relevanz zu erarbeiten – und zwar mit dem, was wir lieben und genau so, wie wir sind.
Die Zeiten, in denen wir uns kaum trauten „Blogger“ in das Kästchen der tausend Berufe zu kritzeln, ist jedenfalls vorbei. Nicht zuletzt wegen unserer verehrten Print- und Online-Kollegen, die niemals müde werden, das, was Leute wie wir da im Internet treiben, erklären zu wollen. Danke. Hoch eine Trillion.
Zum ZEIT-Artikel „Kann man davon eigentlich leben“ geht es hier entlang.