Foto: Puppe_meschugge
Ich hatte mir fest vorgenommen, keinen Pieps über „Weiberkram“ zu verlieren – bloß keine Werbung machen, schon allein wegen des Covers, auf dem die Frau als solche nicht einmal auf eigenen Beinen stehen darf. Und konnten wir hinter all den strammen Astronauten-Kram nicht eigentlich spätestens seit der omnipräsenten Axe Kampagnen-Offensive einen dicken Haken machen? Aber nein, Chefredakteur Michael Köckritz gibt sich weiterhin begeistert. Sein neues „Baby“ soll schließlich überhaupt nicht bierernst genommen werden, man dürfe sein Werk vielmehr als „Flirt mit Augenzwinkern“ verstehen (W&V). Als hätten wir nicht schon genug unerwünschte Zwinkerer auf offener Straße zu verzeichnen. Neuerdings liegen sie also auch schon in Papierform am Kiosk bereit.
Seit des Launchs am vergangenen Donnerstag vernimmt man von überall her – Überraschung – fast ausschließlich Schmach und Empörung über ein Magazin, das ausschließlich von Männern gemacht wird und von Frauen gelesen werden soll. Man könnte fast behaupten, dem Verlag Red Indians Publishing sei es gelungen, eine Frechheit in bares Geld zu verwandeln.
Ich finde mich also irgendwann ganz mürbe vor Neugier auf den neuen Stern am Print-Himmel am Kiosk wieder, in voller Absicht, dem Kind ganz unvoreingenommen eine Chance zu geben. Nach zehn Minuten lege ich die über 200 Seiten mit dem wenig hilfreichen Untertitel „Die wunderbare Welt der starken Frau“ wieder ins Regal zurück und verlasse meinen Lieblingsspäti-Mann halb entsetzt und halb traurig darüber, dass ich nichts zu bezahlen habe. Für wie blöd haltet ihr uns eigentlich, Jungs?
Rückblick: Ich schlage „Weiberkram“ auf und lese das Editorial, sozusagen den Willkommens-Gruß des Oberhäuptlings: “(…)Also wünschen wir allen Frauen, die wir auf unsere Art lieben, begehren, verehren und schätzen (aber glücklicherweise nicht wirklich immer verstehen) wahnsinnig viel Vergnügen mit diesem Heft. Seht es einfach mal als kleines Geschenk.” Merci Beaucoup. Mir tun die Fragezeichen im Kopf beinahe leid. Sie meinen es doch nur gut. Oder ist das hier Satire?
Weiter geht’s mit einer Runde lustigem Klischee-Roulette. KREISCHALARM! – Die Shopping-Rubrik. Sind wir nicht alle ein bisschen Zalando-Werbeclip? Dann „Briefe großer Männer an die Frauen“ – ein ehrlicher Lichtblick, der kurz darauf mit der Unterschrift zu einem Portrait von Julia Roberts zunichte gemacht wird: „Ein Blowjob im Aufzug? Man würde ihr es sofort zutrauen.“
Und schon gelangen wir zur Karrierefrau, repräsentiert in Form von Kurzporträts über eine Kampfpilotin und und sogar eine Rennfahrerin. Wieder ein Aufatmen. Bis man zur Baggerfahrerin gelangt, die „die dicksten Dinger mit zarter Hand an die richtige Stelle bewegt”. Versteht mich nicht falsch, ich bin kein Fan von Slut-Shaming und hege pure Freude am Gebiet der Erotik. An dieser Stelle finde ich mich ähnlich wie meine Kolleginnen allerdings ganz unfreiwillig in einer feuchten Männerphantasie wieder.
Ich blättere weiter an einem Chris Rock(!) Zitat vorbei: „Es gibt nur drei Dinge, die Frauen im Leben brauchen: Nahrung, Wasser und Komplimente”. Immerhin hat man „It-Bags“ ausgelassen. Sofern man nicht längst kapituliert hat, stolpert man außerdem immer wieder über muskulöse männliche Retter in der Not und langbeinige Gazellen-Wesen. Ein ganz normaler Anblick eben – aber sollte „Weiberkram“ nicht ein Magazin ganz allein für uns werden? Stereotypen sind ok, keine Frage, wir haben uns bezüglich des herrschenden Schönheitsideals schließlich längst eine Elefantenhaut wachsen lassen. Auf einen winzig kleinen Gegenentwurf zu all den Allen, auf ein bisschen mehr Nahbarkeit oder Innovation, die das Facettenreichtum der Weiblichkeit zumindest in einem kurzen Augenblick hervorheben könnte, hofft man jedoch vergebens. Und jetzt kommt mir nicht mit dem rebellischen Beitrag über Porno-Regisseurin Erika Lust (die auch wir schon zum Interview baten), ihr Hallodris – der Ton macht die Musik und auch die Umgebung. Zwischen all den Plattitüden wirken diese Zeilen beinahe wie eine clevere Aufforderung für den ersten gemeinsamen „Analadin“-Filmeabend.
Die Macher von „Weiberkram“ verschwenden beinahe auf jeder Seite ihre Liebesmüh darauf, uns vorzugaukeln, sie würden uns tatsächlich verstehen. Uns, die Aliens. Anders herum klappt der Kniff aber selbstredend ganz wunderbar. Der Dr.Sommer der Erwachsenen nennt sich subtil polemisch „“Pipi Hunger Kalt”, wirklich wahr. Nach dem sorgsamen Lesen dieser Rubrik, wissen wir unter anderem “Wie wir ihn anrufen, ohne mit ihm reden zu müssen”. War das nicht schon immer unser Ziel? Meine Herren, Sie haben da etwas Grundlegendes vertauscht.
Abschließend bleibt nur noch eine Frage offen: Hat es denn noch nichtmal für einen kurzen Wikipedia-Check gereicht? Siehe: „Weib ist ursprünglich in gehobener Sprache der Paar-Begriff zum Mann. Heute wird diese Ausdrucksweise umgangssprachlich kaum noch verwendet oder als verächtliche Bezeichnung für bestimmte, oft primitive oder unsympathische Frauen oder als Adjektiv für unmännliches Verhalten (weibisch)“. Doch, bestimmt. Aber ist ja alles nicht so ernst gemeint.