Weil nicht nur in unseren Mobiltelefonen, sondern auch in unseren Gehirnwindungen gelegentlich zu viel Datenmüll festhängt, führen wir ab sofort eine wöchentliche Rubrik ein, die sich inhaltlich zwischen Kolumne, Anekdotensammlung und vielen Fragezeichen bewegt. Leichte Kost für Zwischendurch, mitten aus dem Kopfsalat:
Für ein Interview mit dem ziemlich unangezogenen Jungsheft saßen wir vor ein paar Wochen mit einer Redakteurin zusammen, die sich nicht davor scheute, uns über nackte Männer und diverse Frivolitäten auszufragen. Ich gestand zum Beispiel, dass mir derzeit kein kultivierteres Sexsymbol als Jackson Teller aus der zuweilen etwas reudigen Serie „Sons Of Anarchy“ einfiele, dass ich gelegentlich sogar ganz gerne diese 60 Minuten andauernde geistige Leere in Kauf nehme, bloß um böse Gauner auf dicken Motorrädern mit starken Armen und schlechten Frisuren anzuschmachten, und dass ich mich, wenn man es ganz genau nimmt, Balz-techinsch zwar nur manchmal, aber sehr eindeutig auf Neanderthaler-Niveau bewege. Irgendwann war die Redakteurin wieder weg, das Thema aber noch auf dem Tisch. Zwei Freundinnen kamen dazu und ließen schallend Beweise regnen: „Wow, ehm, Ciao!“ hätte ich einem Bärtigen erst kürzlich hinterher gepfiffen, als Dankeschön für die nette Schlepphilfe bei Ikea. „Uhlalala“ würde ich sowieso ständig vor mich hin murmeln und dass ich mir den Hals noch nicht verrenkt hätte vom ungenierten Hinterherglotzen sei ohnehin das größte aller Wunder. Wie ein unter Sauerstoffmangel leidender Südseefisch schwieg ich mir am Cola-Strohhalm nuckelnd und nach Luft schnappend die Schmach aus der Seele, alles was ich schließlich doch noch japsend fragen konnte, war: Heißt das jetzt, ich bin die Raketen-Sexistin schlechthin? Einvernehmliches Kopfnicken.
So viel Selbstreflektion am Nachmittag überstieg meine Ambitionen. Bisher ging ich in Unschuld getaucht davon aus, ich hätte einfach diesen allseits bekannten Schalk im Nacken kleben, aber dass es gleich so politisch dicke kam machte, dass mir die Ohrläppchen unangenehm juckten. Es ist ja nicht unbedingt befriedigend, eine Fratze zu sehen, wenn man den Spiegel vorgehalten bekommt – Ein Fall für den Humanismus und Feminismus für alle. Es hat nämlich nicht nur Nachteile, eine Frau zu sein, sondern druchaus diverse Vorteile. Bisher konnte ich mich jedenfalls wie ein Elefant im Baggerspruch-Laden bewegen, ohne Schelte dafür zu kassieren. Das ist, ganz nebenbei bemerkt, unfair.
Wo der Spaß am Leben aufhört und Respektlosigkeit anfängt, in dieser Frage sitzt wohl das Dilemma fest, mit dem sich keineswegs nur feiste Bauarbeiter und geleckte Porschefahrer herum schlagen müssen. Auch am Tisch gibt’s statt Antworten nur Achselzucken. Möglicherweise ist uns der Humor abhanden gekommen. Vielleicht ist uns aber auch ein Licht aufgegangen. Eine Sache der Perspektive.
Kann man sich heute denn noch richtig verhalten, wenn man sich überhaupt verhält? Bestimmt. Ich weiß nur nicht, wie.