Ich bin zu dick. Das behauptet jedenfalls ein Internet-Trend, der aus China zu uns rüber geschwappt ist. „Belly Button Challenge“ nennt sich der gefährliche Contest, der als neuester Traumkörper-Test gehandelt wird. Wer es schafft, seine Hand hinter dem eigenen Rücken vorbei bis zum Bauchnabel zu schlängeln, hat gewonnen. Für alle anderen gilt: Schade. Ich jedenfalls scheitere kläglich an dieser degradierenden Mission; die Hälfte meines Körpers müsste mir amputiert werden, um nur ansatzweise in Nabel-Nähe zu gelangen. Womöglich sind meine Arme auch einfach zu kurz geraten. So oder so, ich bin ein Verlierer, jedenfalls in der pervertierten Welt der Hashtags.
Grundlage für diesen bodenlosen Schwachsinn soll eine unauffindbare US-Studie zu sein, die laut Stern besagt, “ dass Frauen, die die Aufgabe lösen können, einen tollen Körper haben.“ Wieder stellt sich mir die Frage, was zuerst kam, das Huhn oder das Ei – ist Social Media zum Nährboden überkranker Wettbewerbe um das makelloseste Antlitz avanciert? Ja. Über 6000 #Bellybuttonchallege Beiträge finden sich derzeit allein auf Instagram, ganz zu schweigen vom asiatischen Twitter-Pendant Weibo, das mit 260.000 Treffern auftrumpft. Männer machen inzwischen übrigens auch mit. Und trotzdem schwarnt mir, dass wir es hier erneut mit einem Körper-Konkurrenz-Problem zu tun haben, das vermehrt bei Frauen auftritt. Als arbeiteten die Medien nicht schon hart genug daran, unser Selbstbewusstsein auf die Größe zerknüddelte Papierstücke zu minimieren.
Es liegt wohl in der Natur das Menschen, nach Beweisen zu suchen. Beweisen dafür, dass man gut geraten ist. Man zwängt sich in 26er Hosenmodelle, misst Umfänge und Body Mass Indexe aus, macht sich selbst zu einem Stück Fleisch, das im besten Fall in die kleinste aller Schubladen passt. Warum? Weil wir auf der ständigen Suche nach Bestätigung sind, weil wir uns daran gewöhnten haben, Likes zu kassieren. Leider für die falschen Attribute. Hirn lässt sich nunmal schlecht fotografieren. Genau so wenig wie Herz. Was aber kann man gegen das Wettrüsten der schlanken Taillen tun? Mehr als Stinkefinger zeigen und an die Vernunft der Internet-User zu appelieren, die offensichtlich kurz davor ist, sich von der nächsten Klippe zu schmeißen, wohl kaum. Also: Bitte erst denken, dann nicht mitmachen. Auf gar keinen Fall. Danke.
Bild: taylorccheatham
Inzwischen hat sich immerhin eine Gegenbewegung im Netz etabliert: #BOOBSOVERBELLYBUTTONS. Man kann sich jetzt darüber streiten, wie viel Sinn es macht, Schwachsinn mit Schwachsinn zu bekämpfen, aber zumindest geschehen die meisten Busengrabscher aus unterschätzter Selbstliebe, statt aus Magerwahn-Gedanken. Ein Lichtblick? Nah. Ein Beweis dafür, dass es immer noch genügend Menschen gibt, denen Wespentaillen am Allerwertesten vorbei flattern, aber irgendwie schon:
Bild: aroselikethis
Bild im Header: duffymoss
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