Geschwister im Geiste, beide getrieben vom Leben auf der Überholspur, während es ihren Einwohnern doch dabei stets und jeden Tag Rückzug vom ständigen, weltstädtischen Treiben bietet, es ihnen ermöglicht, sich dem Leben, den Klängen und seinen Kulturen hinzugeben; das sind Berlin und London für mich. Beäugt man Stadtstrukturen, Architektur, Geschichte oder Statistiken zu Lebenshaltungskosten, ist ein Vergleich kaum haltbar. Doch schaut man den beiden Metropolen ins Herz und hört ihre Stimme, verbindet sie nicht nur ihre Weltoffenheit und ihr rhythmisch, lebensbejahender Puls, sondern vor allem ihre Liebe zur Musik.
Und obwohl sich die beats der Städte nur bedingt ähneln – ist die Insel doch insbesondere für ihre Fingerfertigkeiten an Gitarrensaiten und das wundervolle Berlin für ihr Talent an den Plattentellern bekannt -, ist den beiden Hauptstädten in keinster Weise ein Stempel aufzudrücken, vielmehr haben sich insbesondere in den letzten Jahren Synergien entwickelt, die Künstler aus beiden Richtungen zunehmend über den Ärmelkanal schickten, um ihre Sounds mit den Einflüssen anderer Musikrichtungen zu bereichern, die Mentalitäten und Erlebnisse der jeweils fremden Stadt aufzunehmen und Klänge zu schaffen, die schlichtweg berauschend sind, ohne sich starrsinnig in ein Genre drängen zu lassen. Und wenn dann eine Band, deren Musik ich seit ihrem ersten offiziellen Gig im Oktober 2013 am liebsten jedem an mir vorübergehenden Passanten ans Herz legen möchte, von diesem Zusammenspiel akustischer Energien meiner beiden Lieblingsstädte profitiert, komme ich natürlich auch nicht umher, dies schriftlich hier kundtun zu wollen.
Diese eben kurz beschriebene künstlerische Anziehung zwischen London und Berlin erfasste im vergangenen Jahr also auch Ten Fé, die ich euch bereits Anfang 2014 vorgestellt hatte. Nachdem Ben und Leo bereits seit Jahren gemeinsam akustische Sets in den zahlreichen U-Bahnen der Stadt, Garagen oder schlichtweg Containern zum besten gaben, veröffentlichten sie Ende 2013 ihre Debutsingle „Time“ über das Londoner Label Bad Life und lösten damit eine Welle der Begeisterung unter Zuhörern, aber auch Schritt für Schritt in der Industrie aus. Während das Duo ihre Musik in keine Schublade stecken will, sie es problemlos mit „Pop, Rock´n´Roll, Elektro or whatever“ betiteln würden, nehmen es Magazine wie NME als „unwiderstehlich“, andere teils als psychedelisch oder „voll von Soul“ wahr; für mich persönlich gingen ihre Songs stets mit einer gewissen surfenden Leichtigkeit direkt ins Herz und in die Beine. Als die Jungs dann im Oktober 2014 nach Berlin kamen, um in den LowSwing Studios ihr Debutalbum mit Ewan Pearson aufzunehmen, wurde aus den geplanten vier Wochen in schallisolierten Wänden unerwartbar schnell eine Aneinanderreihung an Konzerten im Fluxbau und der Berghain Kantine, neuen Möglichkeiten und der Fortentwicklung der eigenen musikalischen Fähigkeiten. Dies passierte nicht zuletzt durch das Telekom Music Talent Space, das die Jungs in einer Auswahlrunde neben weiteren aufstrebenden Künstlern unter ihre Fittiche nahm: TMTS unterstützte die beiden durch musikalisches Coaching, die Zusammenarbeit mit renommierten Fotografen, Produzenten und art directors und wird ihnen auch noch im kommenden Jahr mit Rat und Tat zur Seite stehen; unter Telekom Music Talent Space könnt ihr euch im Übrigen auch noch die anderen Schützlinge anschauen. Anlass für diese Unterstützung gibt es seit dem 27.07. nämlich nun auch noch in erhöhter Form, da die Band ihre erste Single „Make me better“ jetzt auch dem deutschen Publikum zugute kommen lässt. Der Song dreht sich vor allem um das Gefühl, sich um jemanden geliebtes zu kümmern, obwohl man es genauso gebraucht hätte; ein Gefühl, das von vielschichtiger Instrumentalität umgeben eine gewisse musikalische Nostalgie, aber auch emotionale Entschlossenheit produziert. Aber hört selber:
Make Me Better by TEN FÉ
In wenigen Wochen wird dann auch das passende Video veröffentlicht werden, bis dahin könnt ihr euch das Wirken der Jungs im Studio allerdings ebenso in diesem kleinen Clip anschauen, der vom TMTS produziert wurde und einen persönlicheren Einblick in die Geschehnisse der vergangenen Monate gibt, Monate die laut der Jungs „like mayhem to us were, so much going on, so much love and support. We couldn´t believe this good fortune. Berlin will forever be this spiritual place and a second home to us.“
TMTS – Ten Fé Studio Special with Ewan Pearson
Doch abgesehen von der großartigen musikalischen Unterhaltung, die Ten Fé mir in den vergangenen Jahren bereitet hat, haben sie mir ungewollt noch einen weiteren großen Gefallen getan. Nachdem ich das von elektronischen Tönen dominierte Berlin vor drei Jahren verließ, konzentrierte sich mein musikalisches Wochenprogramm vor allem auf gitarrenlastige Konzerte, schwitzige Clubnächte wurden gemieden, Musik ohne Wörter fast schon rigoros ignoriert und somit dem Thema Techno erst einmal der Rücken gekehrt. Ist ja eigentlich auch ein furchtbares Wort. So technisch, so emotionslos, so techno. Erinnerungen an jugendliche Ausflüge in den Tresor verdrängten systematisch wunderbare Mitzwanzigernächte in Kreuzberg oder Wochenenden auf dem Flugplatz in Lärz und so lief ich für einige Zeit mit musikalischen Scheuklappen durch meine kleine britische Indie-, Folk- und Alternative-Welt. Bei mir war quasi eine elektronische Sättigung eingetreten. Dies wäre vielleicht immer noch so, wenn ich durch Ten Fé nicht auf ihr Londoner Label Bad Life aufmerksam geworden wäre, das mich erst mit ihren geliebten, surfenden Gitarrenriffs köderte und es dann durch seine eklektische Auswahl an Bands und Solokünstlern geschafft hat, dass computergenerierte Töne ihren Weg zurück in mein Hörrepertoire gefunden haben und die ich euch auch hier nicht vorenthalten will.
Bad Life wurde 2010 in London ursprünglich als klassisches Techno Label gegründet und schnell erstreckte sich ihre Fanbase über Kontinentaleuropa, die von dem Label veröffentlichten Singles verbreiteten sich lauffeuerartig in den Clubs europäischer Hauptstädte und immer wieder kehrende Erwähnungen und Features in Magazinen wie DJ Mag und Mixmag positionierten sie in der vordersten Reihe des zu diesem Zeitpunkt aufbrechenden Future Techno. Doch die kreativen Köpfe hinter Bad Life wollten ihre musikalische Vision schon nach recht kurzer Zeit nicht mehr nur auf Club Singles beschränken, sondern öffneten ihre Türen für Künstlerprojekte, die auch außerhalb der nächtlichen Clubkultur großen Anklang fanden. Ganz frisch im Bad Life Kosmos ist beispielsweise die in London lebende, aus Lissabon stammende Mai Kino, deren durchdringende Stimme gemeinsam mit elektronischem Instrumentalismus in Form des Songs „Burn“ – das im Übrigen von Luke Smith produziert wurde, der bereits Größen wie Depeche Mode und The Foals kreativ zur Seite stand – ein schwingendes und fast schon hypnotisches Stück gegenwärtiger, mitreißender elektronischer Popmusik geschaffen hat.
Burn by Mai Kino
Dennoch bleibt das Label um Russell Crank ihrem ursprünglichen Fokus auf „banging techno tunes“ treu und betreut Künstler wie D/R/U/G/S, einem Produzenten aus Manchester, dessen live shows die Massen schlichtweg mitreißen und der mit seinen kraftvollen, elektronischen Tönen der Öffentlichkeit bald schon in Single- und Albumform zugänglich sein wird. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es hier in Form einer Kooperation mit Leo von Ten Fé, ein entspannter, zum tanzen und lachen einladender Track für die derzeitigen heißen Sommertemperaturen.
London. Berlin. Musik. Glück. Genießt jeden einzelnen Track und den Sommer. Beim nächsten Mal gibt es wieder Musik, Kuchen und auch ein wenig Urlaub. Dieses Mal lasse ich nicht mehr so lange auf mich warten.