Nina Faulhaber ist eine der reizendsten Personen, die mir die Modebranche bisher beschert hat, ein Goldstück sondergleichen, das nicht nur den schärfsten Fummel von allen am Körper trägt, sondern auch jede Menge wunderbare Gedanken im Kopf. Als wir eines Tages zeitgleich auf dem fiesen Teppichboden des Berliner Fashion Week Zelts in uns zusammen sanken, vor Erschöpfung und auch Verzweiflung ob des gerade Gesehenen, da war der Drops gelutscht: Gäbe es einen Nina-Fanclub, ich säße definitiv auf dem Platz der obersten Präsidentin.
Wenn die Redaktionsleiterin von ASOS Deutschland gerade mal nicht fleißig ist, ist sie fleißig und manchmal auch fleißig, meist aber fleißig. Das Erstellen von Gifs gehört zu ihren Lieblingsbeschäftigungen, als kleines Mädchen hätte sie für einen echten Esel ihr letztes Hemd gegebenen, sie kann handgeschriebene Düfte riechen, malt ihr Tagebuch, weil sie Selbstgeschriebenes hinterher immer so schlimm albern findet und ist heimlich verknallt in Horst Evers. Ihr merkt: Nina ist ein Pfundskerl. Deshalb wollen wir auch auf der Stelle von ihr wissen, welche Bücher ihr Leben und Lesen bis heute geprägt haben:
„Mein Esel Benjamin“ von Hans Limmer und Lennart Osbeck
Mein erstes Lieblingsbuch, ich war etwa so alt wie die Protagonistin. Es geht um eine Familie, die in Griechenland lebt und einen kleinen Esel zu Hause hat. Eines Nachts büchst der Esel zusammen mit der etwa 3jährigen Tochter aus. Beide streunen eine Weile durch die Gegend, die Eltern machen sich furchtbare Sorgen, am Ende sind alle wieder zu Hause und alles ist gut. Ich wollte damals so dringend einen Esel haben – und blonde Haare! Kein Buch habe ich so sehr geliebt. Es ist mittlerweile komplett zerfleddert, hat aber bestimmt schon 10 Umzüge überlebt.
„Das Parfum“ von Patrick Süskind
Das Buch hat mir meine beste Freundin in der 7. oder 8. Klasse ausgeliehen. Es spielt im Frankreich des 18. Jahrunderts und handelt von einem jungen Parfümeur, der besessen davon ist, den perfekten Duft herzustellen – aus dem Geruch schöner Mädchen, die er vorher umbringt. Ich war wahnsinnig fasziniert davon, wie Süskind Gerüche so beschreiben konnte, dass ich sie quasi in echt riechen konnte. Ich weiß bis heute, wie sich dieser perfekte Duft in meiner Nase anfühlt. Klingt ein bisschen creepy, ich weiß, ist aber so.
„Shakespeare’s Sonnets“ von William Shakespeare
Wenn ich eine Person aus der Geschichte (Verwandte ausgenommen) gerne kennenlernen würde, dann William Shakespeare. Wie konnte dieser Typ, der über 400 Jahre älter ist als ich und von einer komplett anderen Kultur geprägt war nur diese verdammt lustigen Texte schreiben? Am liebsten mag ich seit meinem Schüleraustausch in der 11. sein Sonnet „My mistress’ eyes are nothing like the sun“. In dem Gedicht macht sich Shakespeare über übertrieben geschwollene Liebeslyrik lustig und beschreibt in den blumigsten Worten, wie unperfekt die Frau ist, die er liebt.
„Die 10 Globalisierungslügen“ von Gerald Boxberger und Harald Klimenta
Noch so ein Buch, das ich nur halb freiwillig gelesen habe (der verzweifelte Versuch, durch irgendeine VWL-Prüfung zu kommen). Keine Ahnung, wie aktuell es noch ist und man kann über die Inhalte sicher geteilter Meinung sein, aber als ich das Buch gelesen hatte, konnte ich plötzlich den Wirtschaftsteil der Zeit lesen, ohne nur Bahnhof zu verstehen. Es hat mich auch dazu gebracht, ein paar andere globalisierungskritische Pop-Klassiker der Wirtschaftsliteratur zu lesen wie Freakonomics von Steven Levitt (kann ich sehr empfehlen) und Naomi Kleins No Logo (war mir zu dick).
„Für Nächte am offenen Fenster“ von Max Goldt
Zu meinem 30. Geburtstag hat mir ein Freund diesen Wälzer von Max Goldt geschenkt. Ich hab mich zuerst erschrocken, weil das Buch so dick ist (ja, was soll ich machen). Zum Glück war es ein Sammelband aus Kurzgeschichten. Die Synapsen, die sich in Goldts Kopf beim Schreiben verbinden, hätte ich auch gern. Seine Geschichten können beim Zähneputzen anfangen und zwei Seiten weiter mitten in der Kunstgeschichte des Kaukasus im 5. Jahrhundert aufhören. Ohne dass man es merkt. Ich bin auch großer Fan der Katz & Goldt Comics, die man in der Titanic oder hier findet: http://www.katzundgoldt.de/werke.htm
„Gefühltes Wissen“ von Horst Evers
Eine Kollegin hat mich vor Jahren mal zum „Frühshoppen“ im Schlot eingeladen. Hörte sich irgendwie schräg an. Aber weil ich sie mochte und schräg ja auch gut sein kann, bin ich mit. Das Konzept: 5 Leute sitzen auf einer Bühne und diskutieren die Schlagzeilen der Woche. Dazu wird Helles getrunken. Zentrale Figur: Horst Evers, König der Alltagsabsurdität. Irgendwann laß er ein paar Zeilen Text vor. Dazu machte er ein paar mittelmäßige Witze. Ich war sofort verknallt. Danach habe ich sämtliche Evers-Bücher entweder verschlungen oder Freunden zum Geburtstag aufgedrängt.
„Brave New World“ von Aldous Huxley
Als ich das letzte Mal in London war, sah ich überall diese Candy-Crush-Soda-Werbung. An Bushaltestellen, auf Bussen, in der U-Bahn, in Bahnhöfen, sogar auf dieser riesigen Digi-Wand am Picadilly Circus. Das hat mich an die Happy-Droge erinnert, die sie in Brave New World die ganze Zeit einwerfen. An kein Buch habe ich in den letzten Jahren so oft gedacht wie an den Sci-Fi-Klassiker von 1932. Ständig sehe ich irgendwelche Elemente daraus in meinem Alltag oder habe das Gefühl, ich lebte in dieser Zukunft, die ich früher beängstigend fand. Huxley entwirft in dem Buch die Utopie einer Gesellschaft ohne Kriege, Krankheit, Armut und Unterdrückung. Dafür zahlen die Menschen mit dem Verlust persönlicher Freiheit, emotionaler Bindungen und der Abhängigkeit von Konsum (vor allem von Sex, Drogen und Unterhaltung). Das Buch wirkt wie eine Persiflage auf die heutige Gesellschaft – was ich Wahnsinn finde, wenn man überlegt, dass es 1932 geschrieben wurde. Die große Frage: Kann permanente Bedürfnisbefriedigung den Wunsch nach Glücklichsein ersetzen?