7 Uhr morgens, ein Flieger nach London Heathrow hebt ab und ein großes Gejammere in mein linkes Ohr setzt ein: „Sari, ich hab so Angst, meine Haare – er darf sie nicht zu kurz schneiden – das müssen wir ihm sagen, JA?“. Mit „ER “ meint Nike Jane Andreas Wild, den Senior Stylisten bei John Frieda, der im Londoner Salon das haartechnische Sagen hat und mit dem wir heute ein spontanes Date haben werden – aber erst nachdem unser Jane Wayne Meeting Marathon im Herzen von Großbritannien über die Bühne gebracht ist. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen sozusagen. Ich tätschle dem aufgescheuchten Huhn neben mir jedenfalls beruhigend über den Kopf: „Der Typ ist ein Vollprofi, der wird schon wissen, was er tut“.
Irgendwann sind wir da: London zur Weihnachtszeit, das ist ja immer eine geglückte Geschickte. Da wird man stimmungsmäßig richtig schön abgeholt, eingemummelt und in kandierte Vorfreude versetzt.
Die Lichter, die Leute, die Läden – da fehlt nur noch eins: Die richtige Frise zum Feste. Nachdem wir brav alle To-Do Treffen im Sack hatten und sogar noch ein paar Weihnachtsgeschenke im Traditionshaus Liberty London und das beste Sandwich der ganzen weiten Welt im Mount Street Deli Mayfair verdrückt hatten, kommt jetzt die Kür oder wie man hier sagt „only the duty then the freestyle“ und um Style soll es jetzt auch gehen und zwar in keinem geringeren als dem Haarpalast, in dem sich selbst Kate Moss regelmäßig die Strähnen richtigen lässt. Hereinspaziert:
Wer jetzt denkt, man betrete ein dekadentes Schnörkel-Land, der kennt die bodenständigen Briten nicht. Hier geht es nicht um Firlefanz, sondern um Qualität und Handwerk. Uns ist das außerordentlich sympathisch. Durchatmen ist angesagt, hier lauern zwar Prada-Taschen und adrette Damen jeden Alters en masse, aber im John Frieda Salon zählt nur das Haar. Gutes Essen übrigens auch, ein hauseigenes Restaurant sorgt nämlich für feinste Smoothies und ordentlich was im Magen.
Ich bin ehrlich und erwartete trotzdem einen eventuell etwas überzogenen und vielleicht sogar schrulligen Figaro-Pfau-Coiffeur. Immerhin ist das hier eine der ersten Adressen Londons, wenn es um das Thema Haare geht. Stattdessen begrüßte uns im Salon der mit Abstand sympathischste, entspannteste Coiffeur zwischen Ludwigshafen und London. Ein Kumpeltyp, mit dem man gern mal ein Bier zwitschern gehen würde, eine Frohnatur samt Dialekt zum Niederknien. Schlappe 16 Jahre lebt und arbeitet der Deutsche nun im Vereinten Königreich und ist Haus- und Hof Friseur der Londoner Marke John Frieda, styled Haare auf der ganzen Welt. Nun auch Nikes und meine. Mit unserem Haar fackelte er jedenfalls nicht lange. Ich bekam die extra Portion Pflege mit Hilfe der John Frieda Frizz Ease Serie und eine traumhafte Kopfmassage verpasst, während bei Nike Jane doch das ein oder andere Zentimeterchen fallen musste. Die Produkte, die unser Frisuren-Leben retteten und seither jeden Tag aufs Neue aufmöbeln:
Nunja, zurück zur Schere: Wat (ab) muss dat muss(ab). So viel Spliss und grüne Spitzen vom letzten Selbstfärbeversuch können nicht ungesühnt bleiben, liebe Nike.
Fragt uns nicht, wie Herr Superprofi das gemacht hat, aber obwohl Nike nur Spitzen lassen wollte und noch dazu wirklich extrem überhaupt keine Lust auf Stufen hatte, erhob sie sich mit vielen Zentimetern weniger und tatsächlich angestuftem Haar aus ihrem Sessel ohne eine einzige Träne zu verdrückten. Die Stufen sieht man nämlich gar nicht, sie dienen einzig und allein dem rundum gesunden Gesamtlook und dadurch, dass über den Brüsten nun keine feinen, gesplissten Federchen mehr baumeln, wirkt alles sogar voller und nicht minder lang. It’s magic, echt jetzt.
Normalerweise würde jetzt ein einfacher Zopf folgen, aber Andreas interveniert und gibt zu bedenken, dass man mit wenigen Handgriffen ein bisschen Besonderheit in jede Frisur bringen kann. Darum soll es nämlich auch gehen: Was kann man denn überhaupt anstellen im sonst so lahmen Alltag? Man muss zum Beispiel bloß das Haargummi mit noch mehr Haar verdecken, ein paar Zipfel heraushängen lassen, den Oberkopf nochmal schnell frech durchkneten und schon trägt man einen locker-luftigen Zopf, der nach mehr aussieht als 5-Minuten-Routine. Dauert in Wahrheit aber nur drei Minuten:
Für mehr Drama, den Zopf ein paar Mal einschlagen und mit Haarnadeln festklemmen. Voilà:
Nike muss außerdem lernen: Auch als Mittelscheitelmädchen darf man durchaus mal Seitenscheitel-Experimente wagen:
Nebenbei verrät der Haarpapst noch, was nächste Saison so auf den Köpfen abgehen wird: Überraschung, die 80er kommen mal wieder (die 70er sind ja sowieso schon da). Locken ersetzen jetzt Wellen und werden wilder und lässiger getragen denn je. Der Pony feiert sein großes Revival, im nächsten Jahr kommt da keiner dran vorbei. Außerdem werden wir Long Bobs tragen und viel, viel Volumen. Bei den Farben wird es noch natürlicher zugehen als ohnehin schon. Highlights und Naturtöne, viel Blond und weiche Übergänge. Bei mir sieht das jetzt so aus:
Und was geht mit meiner Alltagsfrisur? Flechten, na klar, das mag ich. Aber auch hier hilft ein einfacher Trick. Das obere Kopfhaar noch nicht mit einbinden in das Gesamtkonstrukt, sondern erst am Ende, wenn der Zopf quasi schon fertig ist, geschmeidig und voluminös vewuschelt drüber legen und im Zopf feststecken – Für die charmante Portion Unordnung:
Eine smarte Alternative: Zwei Zöpfe übereinander flechten (so ein bisschen Irokesen-mäßig) und am Ende einschlagen und feststecken:
Spielereien wie Ombre sind übrigens endgültig durch (sorry, Nike). Der Trend geht außerdem hin zu markanten Haarschnitten und sogar echten, sichtbaren Stufen, wer hätte das gedacht. Zum Glück muss man als Frau sowieso keine langen Haare mehr haben. Die Mähnen werden wieder zu richtigen Frisuren geschnitten, sie unterstreichen einen Typ und sagen gefälligst auch gleich etwas aus. Wir sollten uns in diesem Jahr wieder mehr Mühe mit unseren Flusen geben, so Andreas – eben nicht nur alles hippiesk runter hängen lassen. Oft sind es kleine Details, die das große Ganze ausmachen. Zum Beispiel eine kleine Strähne hinter dem Ohr oder die Art und Weise wie ein Zopf gebunden wird. Unsere Frisuren sitzen jedenfalls und keiner weint – im Gegenteil. Alle strahlen. Danke Andreas!
Zum Abschluss konnte ich nicht anders und musste Nike noch in meinen absoluten Lieblings- Massage Spot direkt am Hyde Park schleifen. Das Spa im Metropolitan London by COMO Hotel bietet die Shambhala Massage als ihre Signatur Anwendung an. Ein abolutes Träumchen und Oase nach einem stressigen Tag durch Vorweihnachtslondon.
Im echten Leben sehen wir jetzt so aus:
Wir sind dann (leider) mal wieder weg. Schön war’s mit dir, London. Bis bald!
Solltet ihr zufällig mal in der Nähe sein, hier lang bitte:
4 Aldford Street, London W1
Für Termine hier durchklingeln: 020 7491 0840