Ich hielt LOUISE FRIEDLAENDER zum ersten Mal während der Press Days in den Händen, die offenen Säume des eierschalenden Tops kitzelten meine Finger in etwa so wie das, was ich dort sah, mein Herz. Nachdem ich kurz darauf eines der außerdem ausgestellten Kleider gestreichelt und einen nahezu perfekt verarbeiteten ärmellosen Mantel mit übergroßem Verschluss getätschelt hatte, wurde mir relativ schnell klar, dass die internationale Modewelt bald einen neuen Stern zu Gesicht bekommen würde und Phoebe Philo ernstzunehmende Konkurrenz. Wer Céline liebt, wird das hier mögen. Vielleicht ist es irgendwann sogar genau umgekehrt. Man würde es Louise jedenfalls gönnen, diesem Schneewittchen im Haifischbecken, das nicht nur über ein unanfechtbares Talent, sondern auch über innere Strahlkraft verfügt. Ein rarer Segen im Land der ewig gestressten Unnahbaren – Erobique & Jacques Palminger würden ihr zu Füßen liegen.
Die gebürtige Kölnerin und Esmod Absolventin gründete bereits 2013 ihr eigenes Label, für 2016 steht der Launch des Online Shops an – ein dringend notwendiges Vorhaben, denn spätestens mit „As Tears Go By“ könnte es am Erfolgs-Baum rappeln. Die Herbst/Winter-Kollektion 2016/17 ertrinkt in Schönheit und Grazie, ohne fremde Lorbeeren zu stehlen. Zwar findet man gewiss die ein oder andere Referenz, aber da ist noch so viel mehr: Patchwork aus Samt, Nadelstreifen, Jeans und Leder zum Beispiel – ihre Oma hatte früher auf ähnliche Art und Weise die löchrigen Hosen der Mutter gestopft. Aufgenähte Taschen aus Lurex, wehende Bänder und Farbharmonien aus Curry, Rostrot, Schwarz und Violett. Tränen in Tropfenform verkörpern den süßen Schmerz unserer Existenz, das, was jeder von uns, der lebendig sein will, irgendwann einmal fühlen muss. Vielleicht liegt genau hier Louise Friedlaenders künftiges Erfolsrezept verborgen. Nur wer eigene Geschichten zu erzählen hat, weiß andere zu berühren.
Meine Lieblings-Looks:
Die gesamte Kollektion:
Liebe fürs Detail, nicht nur hinsichtlich der gezeigten Mode: Der spiegelnde Runway wurde eigens für die Show vom Architekturbüro Neoplan A.O unter der Leitung von Amir Abadi umgesetzt. Louise, das war von vorne bis hinten allererste Sahne – Berlin kann stolz sein, dich zu haben.