Mode ist nach Essen und vor Politik wohl eins der sensibelsten Themen, die man am besten bei beruhigender Meditationsmusik diskutieren sollte. Mode ist Kommunikation. Sie beeinflusst maßgeblich den ersten Eindruck und sie spiegelt all das wieder, was wir sind oder vielleicht sehr viel häufiger: was wir sein möchten. Und dann gibt es da etwas, was man im wiederkehrenden Prozess der modische Selbstfindung überhaupt gar nicht gebrauchen kann: Fakten über Leid und Tragik hinter den Produktionsbedingungen, Pestizide und die ewige Leier, wofür wir als Konsument die Verantwortung tragen. Nun sind wir schließlich alle intelligente Wesen und die Augen davor zu verschließen, dass Floskeln wie„man müsste eigentlich“ bis hin zu „da war doch was“ und „aber was kann ich schon machen?“ auch nur eine Leier sind – eben so ewig aber noch dazu destruktiv. Und wo liegt jetzt die Lösung?
In einer guten alten Bekannten: Der goldenen Mitte, die sich aus einer Symbiose von Information und Integrität ergibt. Ich habe noch vor ein paar Jahren selber Lederprodukte und Kleidung aus Wolle und Seide in meinem Kleiderschrank gehabt. Mit zunehmendem Hintergrundwissen waren meine Taschen und Schuhe nicht mehr einfach nur schöne Lieblingsstücke, sondern leider auch Produkte, die in ihrem Herstellungsprozess viel Leid verursacht haben. Nun ist es kein Muss, sich von Ihnen zu trennen, so wie ich das getan habe – aber insbesondere, wenn Neuanschaffungen anstehen, lohnt es sich doch, einmal genauer hinzusehen.
Deswegen findet ihr hier zusammengefasst alle Materialien tierischen Ursprungs, die man in unseren Kleidungsstücken finden kann.
Pelz
Das Problem:
Ich glaube bei Pelz weiß mittlerweile jeder, dass da produktionsbedingt etwas ganz stark im Argen liegt – in case of doubt, watch this (Achtung, nichts für schwache Nerven). Übrigens gibt es in Deutschland keine glasklare Kennzeichnungspflicht für echten Pelz und auch der Preis hilft überraschenderweise auch nicht immer dabei, eine tierische Herkunft auszuschließen.
Oft zu finden in:
- Winterjacken
- Pelzkragen
- Bommelmützen
- Fellbällen (z.B. als Schlüsselanhänger)
- Westen
- Mützen
Echtpelz von Faux Fur unterscheiden:
- Tierhaare bewegen sich filigraner und leichter im Wind als Kunstpelz.
- Tierhaare riechen beim Verbrennen wie menschliche Haare, Kunstpelz nach verschmorten Plastik. Dies aber bitte ausschließlich bei Produkten ausprobieren, die man bereits besitzt!
- Alternativ kann man auch die Haare auseinanderziehen und sich den Untergrund genau anschauen, Kunstpelz sitzt oft auf einer Art gewebtem Stoff, der eindeutig von Haut zu unterscheiden ist.
Leder
Das Problem:
- Leder ist kein umweltfreundliches Produkt, da es vor der Verwendung für Textilien mit Chemikalien behandelt werden muss. Auch die Klimabilanz von Leder ist furchtbar, eben genau wie die von Fleisch – Futter, Wasser, Transport und Methangas wirken sich negativ auf die Umwelt aus.
- Auch pflanzlich gegerbtes Leder von Biokühen ist weder viel besser für das Tier noch für die Umwelt. Zum einen haben Biokühe nicht zwingend nennenswert mehr Platz als konventionell gehaltene Kühe und zum anderen erfordert die Behandlung des Leders mit pflanzlichen Produkten mehr Zeit, mehr Wasser und somit logischerweise auch viel Energie. Die pflanzlichen Stoffe stammen häufig aus nicht-europäischen Ländern, in denen sie im schlimmsten Falle sogar die Bestände der genutzten Pflanzen gefährden.
- Darüber hinaus ist Leder keinesfalls immer ein Abfallprodukt der Fleischindustrie, auch wenn man das immer wieder hört. PETA deckte zuletzt auf, dass ausgerechnet aus Indien Millionen von Kühen nach Bangladesch transportiert werden, um dort ihr Leben für die Lederindustrie zu lassen. Einen Film dazu gibt es hier (Achtung, enthält explizites Videomaterial!).
Oft zu finden in:
- Schuhen
- Handtaschen
- Jeans-Patches
- Handschuhen
- Lederjacken
Alternativen:
- Kunstleder: besteht im besten Falle aus dem Material PU und oft aus PVC, in der Waschmaschine waschbar, häufig robuster als echtes Leder
- recycelte Materialien wie LKW-Plane oder Gummireifen
- natürliche Materialien wie zum Beispiel Kork
Wolle
Das Problem:
Wolle ist nicht einfach nur ein „Friseurbesuch“. Der Schervorgang erfolgt fast immer unter enormen Zeitdruck und die zappeligen Tiere machen eine verletzungsfreie Prozedur nahezu unmöglich. Wolle wird unter anderem von Schafen, Ziegen und Kaninchen gewonnen. Weitere Infos und Videos (Achtung, enthält explizite Aufnahmen!) zum Thema Wollproduktion, nachhaltige Wolle und Wollexport vor allem bei Schafen findet ihr hier.
Oft zu finden in:
- Pullovern
- Hüten
- Innenfutter
- Mützen
Alternativen:
- Baumwolle
- Hanf
- Tencel
- recycelte Plastikflaschen
- Polyester und Acryl
Daunen
Das Problem:
Ähnlich wie die Wolle der Angora-Kaninchen werden auch Daunen oft durch Lebendrupf gewonnen, am häufigsten von Gänsen. Weitere Informationen und Bildmaterial findet ihr hier.
Oft zu finden in:
- Innenfutter
- Bettdecken
- Daunenjacken
Alternativen:
- synthetische Thermostoffe wie beispielsweise Thinsulate
Seide
Das Problem:
Für Seide werden die Kokons der Seidenspinner inklusive Bewohner ausgekocht. Laut PETA werden beispielsweise für ein Seidenkleid mehr als 50 000 Raupen benötigt. Nun ist mir bewusst, dass man zu Insekten weitaus schwerer ein emotionales Verhältnis aufbauen kann als zu Schweinen oder Kühen. Auch gelten für Insekten andere Tierschutzgesetze und über ihr Schmerzempfinden gibt es durchaus geteilte Meinungen. Ich persönlich finde, dass es müßig ist, darüber zu streiten, wenn man auch ganz einfach eine Bluse aus Tencel tragen kann.
Oft zu finden in:
- Blusen
- feinen Stoffen
- Hochzeitskleidern
Alternativen:
- Nylon
- Tencel
- Viskose
- Peace-Silk, hier dürfen die Raupen schlüpfen, bevor ihre Kokons verwendet werden. Aufgrund der vielen anderen Alternativen für mich persönlich nicht wirklich relevant, aber auf jeden Fall eine vertretbare Möglichkeit, wenn man auf tierische Seide nicht verzichten möchte.
Knöpfe aus Horn oder Muschel
Das Problem:
Hier sind wir eindeutig in der Masterclass der veganen Mode angelangt. Selbstredend ist, dass die Tiere, zu denen die Hörner und Muscheln einmal gehört haben, für die Verarbeitung ihr Leben lassen müssen. An die Information zu kommen, ob vorhandene Knöpfe nun von Tieren stammen oder nicht ist meistens extrem aufwendig. Wenn ich mir unsicher bin, dann frage ich vorher bei den Herstellern nach oder kaufe direkt bei einem veganen Brand oder in einem veganen Shop.
Kleber
Das Problem:
Die meisten Veganer interessieren sich nicht nur dafür, was in den Textilien ihrer Kleidung steckt, sondern auch für den Klebstoff, der sie zusammenhält. Im Kleber finden sich nämlich oft tierische Stoffe – allen voran Kasein, das aus Milch gewonnen wird. Konkret bedeutet das, dass Schuhe oder Taschen, die aus Kunstleder, Kork oder ähnlichem bestehen, nicht zwingend vegan sein müssen. Ähnlich wie bei den Knöpfen aus Muscheln oder Horn gibt es zum einen die Möglichkeit, die Hersteller zu kontaktieren, oder aber als vegan deklarierte Produkte zu kaufen. Viele konventionelle Schuhhersteller wie Nike oder Vans sind sich dieser Problematik bewusst und bieten Schuhe an, die inklusive des Klebers für Veganer geeignet sind.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Themengebiet heiß umstritten und viel diskutiert ist. Ich habe mit zunehmender Informationslage meine eigenen Entscheidungen getroffen – und es mir einfach gemacht: Ich kaufe und trage nichts, was tierische Materialien enthält. Ausschlussverfahren. Angesichts der vielen spannenden Alternativen, die immer zahlreicher werden, sehe ich das auch als absolut machbar und nicht besonders schwierig an.
Mich interessiert nun aber brennend, worauf ihr beim Einkauf von Mode so achtet. Was ist für euch beim Einkaufen am Wichtigsten und was haltet ihr von veganer Mode?
Anmerkung der Redaktion: Noch mehr von Julia gibts hier:
www.jvliakoch.com
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