Elisabeth Rank, oder auch einfach Lisa, ist ein Mensch wie eine Torte. Wo Lisa ist, herrscht Gemütlichkeit, jedenfalls stelle ich es mir genau so vor, und noch dazu ist die 31-Jährige stets auf der Suche nach den wirklich schönen, manchmal leicht verbeulten und saftigsten Kirschen des echten Lebens. Nach solchen, die sich in ehrlichen Geschichten spannender Menschen verbergen, dort, wo die allermeisten vergessen, hinzusehen. Nicht nur auf ihrem eigenen Blog sammelt die Berlinerin treffende Worte – nach ihrem Debütroman „Und im Zweifel für dich selbst“ folgt 2013 „ Bist du noch wach„, seit Anfang des Jahres lesen wir außerdem als Online-Redakteurin beim ZEITmagazin von ihr. Ich selbst möchte Lisa hin und wieder sogar für ihre Status-Updates knutschen: „„Es ist niemandem zu trauen, der sein Brot komisch schmiert”, sagt D,“ stand dort vor Kurzem geschrieben. Es ist also nur verständlich, dass wir unbedingt wissen wollen, welche Werke anderer Schreibender Lisa selbst am Herzen liegen.
„I will never be beautiful enough to make us beautiful together“ von Mira Gonzales zum Beispiel:
Ein Wald und Schweinchen Jo – von Ingeborg Feustel und Eberhard Binder-Straßfurt
Als Kind habe ich Schweinchen Jo geliebt, das süße Mandeln und Kirschmarmelade jedem normalen Mittagessen vorzieht: „Jeder kann es sehen, ich bin rundherum nudeldick und satt!“ Das Wort „nudeldick“ ist bis heute fester Bestandteil meines Wortschatzes. Und um seine Aufpasserin Bibi auszutricksen, lässt Jo die langweiligen Eicheln der langweiligen Mahlzeiten auf ganz besondere Art und Weise verschwinden, um später festzustellen, dass aus dem Trick ein ganzer Wald geworden ist. Ein hervorragendes Beispiel für mein junges Ich.
Blankets – von Craig Thompson
Auf Blankets kam ich durch eine simple Grafik im Netz, die mir ins Auge sprang und von der ich unbedingt wissen wollte, wer sie gezeichnet hatte. Ich recherchierte und landete bei Craig Thompson, der mir damit die Welt der Graphic Novels eröffnete. Blankets las in einem Rutsch durch und – es blieb nicht bei einem Mal. Es erzählt die Geschichte von Craig (ach was), der in einem kleinen Kaff mit sehr gläubigen Eltern aufwächst. Im Ferienlager lernt er Raina kennen, in die er sich still und leise verliebt. Wie es ausgeht, verrate ich nicht. Aber soviel: Craig Thompson ist der einzige Mensch, der Schnee so zeichnen kann, dass es mich berührt.
Erledigungen vor der Feier – von Tilman Rammstedt
Derzeit schreibt Tilman Rammstedt unter Beobachtung an einem neuen Buch. Damals aber hatte ich keine Ahnung, wer er überhaupt ist. Ich bekam „Erledigungen vor der Feier“ von meiner Mutter geschenkt, die hatte es im Buchladen gefunden und gedacht, es könnte zu mir passen. Ich war Anfang Zwanzig, alles schien möglich und ich trug Rammstedts Kurzgeschichten von jungen, etwas orientierungslosen, unsicheren Menschen permanent in meiner Tasche mit mir herum. Irgendwann damals hatte ich mir vorgenommen, das Stück mit dem Titel „Einladung“ auswendig zu lernen. Ich kann es bis heute nicht, doch an das Gefühl von „Wir sind uns nicht sicher, doch wir bringen einander trotzdem nach Hause, denn es könnte was passieren, das wir nicht mehr vergessen“ kann ich mich sehr gut erinnern. Ohne Rammstedts Sätze hätte ich mich vieles nicht getraut.
Letters to Emma Bowlcut – von Bill Callahan
Ich bekam das Buch in einem Sommer geschenkt und habe es nicht mehr losgelassen, auch daraus möchte man ständig zitieren. Denn Bill Callahan macht nicht nur Musik, sondern hat auch Briefe verfasst, die in diesem Buch gesammelt sind (ja, ich mag die kurze Form). Der Protagonist ohne Namen schreibt dabei einer Frau, auch hier scheint ein großes Gefühl Grund für den Briefwechsel zu sein. Callahan findet dabei Bilder für Gefühle, die besser sind als seine Musik:
I will never be beautiful enough to make us beautiful together – von Mira Gonzalez
Die Gedichte von Mira Gonzalez haben mich sehr beeindruckt. Nicht weil ich die Protagonistin mag, manchmal ist sie mir hochgradig unsympathisch. Aber auch hier finden in kleinen Sätzen riesige Panoramen statt eines Alltags, den wir alle kennen – und wenn auch nur vom Beobachten unserer Nachbarn. Mira schreibt über ihre Welt zwischen Handy, Bett und Facebook, über körperliche Nähe und Einsamkeit, Handreichungen und Narben, über Unentschlossenheit und Verzweiflung, und meistens so, dass man weiß, was sie meint, ohne es selbst erlebt zu haben. (Ich empfehle aber, die englischen und deutschen Versionen nicht parallel zu lesen, obwohl sie immer auf einer Seite stehen – sondern entweder in einer Sprache. Irgendwas geht beim direkten Vergleich kaputt – aber so ist es ja bei vielem.)