Eigentlich wollte ich längst zum Schneider mit meiner neuen, plötzlich reinverknallten BOSS Hose, die beim Fitting-Termin für die Show in New York als kleines Extrabonbon unbedingt mit musste. Aber wie das im Moment so ist, komme ich zu nichts. Nicht mal die Brotkrümmel werden dieser Tage vom Tisch gewischt, der Papierkorb quirlt über und sogar der Kinderarzttermin wurde fast verpasst. Alltagsunfähig nennt man das wohl – und die Liste der To-Dos ist unaufhörlich lang. Ich weiß nicht einmal, woran es genau liegt, aber ich bin im Moment so langsam im Kopf, dass jede noch so langsame Schnecke mich wohl überholen würde. Es sind diese Wochen voller Versprechen, die man anderen macht und die einem manchmal das Genick brechen wollen. Wilmas erster Geburtstag steht an, Meetings und Konzeptabgaben sitzen uns im Nacken, eine Abschiedsparty hätte eigentlich organisiert werden müssen und der tägliche Wahnsinn kommt noch dazu. Die Eingewöhnung der Kleinsten ist bereits geschafft, es kann also nur bergauf gehen. Und heute ist schon Mittwoch – fast Wochenende also. Es wird, ich bin mir da ganz sicher.
Und so laufe ich heute mit viel zu langem Hosenbein durch die Gegend, wähle meine Schritte mit Bedacht, damit das adrette Modell nicht gleich am Saum zerfetzt und mache mich auf die Suche nach einem Schneider, damit ich die Anzugshose demnächst auch mal mit flacherem Schuhwerk kombinieren kann. Wenn nicht, wird’s ein Schrankhüter – und das will hier keiner. Also Beine in die Hand und völlig banale Dinge des Alltags regeln.
New York hat es einmal mehr vorgemacht: Sich aufbrezeln, mit hohen Schuhen galant über den Bürgersteig zu schwingen und sogar den Goldumhang zum Feiern rauszukramen, scheint dort ganz selbstverständlich an der Tagesordnung zu sein. Da starren wir mit weit aufgerissenen Mündern erstmal nur blöd, um im nächsten Moment einvernehmlich und uns kopfnickend darüber im Klaren zu sein, dass sowas ob der Kopfsteinpflasterproblematik in Berlin ja auch gar nicht möglich sei.
Zugegeben, die Strecken der hochbesohlten New Yorkerinnen sind oft nicht allzu so lang, drängt sich ihnen ein Taxi auf dem Weg förmlich auf. Nichtsdestotrotz: 10cm scheinen völlig normal und ermutigten mich heute Morgen in meinem Choas mal wieder dazu, es den Ladies gleich zu tun. Ging auch gar nicht anders, denn ich stand da bereits in meiner neuen BOSS Hose und kam gar nicht drum rum, nicht auf hohes Schuhwerk zu setzten: Noch ist das gute Modell nämlich rund 5cm zu lang. Auch wenn Maja Wyh an dieser Stelle wie wild mit dem Kopf schütteln würde. Manhatten-aufgebrezelt sieht zugegeben völlig anders aus, aber man muss ja schließlich klein anfangen.
Hose: thanks to BOSS (Tewena), Shirt: Esprit, Tasche: Céline,
Schuhe: thanks to aeyde, Bluse: thanks to Zana Bayne x &other Stories.