Friederike Schilbach ist für mich so etwas wie eine Buchbrieffreundin, nur, dass anstelle von Siegellack meist ein einfaches Post-It am gedruckten Inhalt ihrer Post an mich klebt. Diesmal sprach die vielerorts hoch geschätzte Lektorin des S.Fischer Verlags in einer rosafarbenen Notiz von nicht viel mehr als Liebe und fügte quasi zeitgleich das digitale Versprechen hinzu, ich könne wohl kaum enttäuscht werden. Von „Ich hasse dieses Internet„, dem jüngsten Roman des Amerikaners Jarett Kobek, der einen türkischen Namen trägt und einst an der NYU studierte. Ab sofort ist seine wütende Schrift auch in Deutschland erhältlich. Und weil ich bisweilen gerade einmal 30 Seiten voran gekommen bin, etwa aufgrund des permanenten Wimmerns meines eMail-Postfaches, dürfte im Grunde klar sein, dass ich mich hinsichtlich des heutigen Buch-Tipps auf blindes Vertrauen stütze, wenngleich ich beim Lesen diverser Zeilen bereits ein paar Tränen gelacht habe und mich dem Autor schon jetzt auf sonderbar ambivalente Weise verbunden fühle. Ich hasse dieses Internet nämlich auch, bloß nicht immer und ausschließlich. Umso schmerzlicher trifft mich Kobeks 368 Seiten starke Vermutung, unsere Gesellschaft leide an flächendeckender Vertrottelung, wenn es um das Begreifen sämtlicher Risiken im Umgang mit Technologien geht. Oder zumindest an proaktiver Verdrängung. An dieser Stelle kommt David Hugendick ins Spiel. Wo mein Wissen über jeden weiteren Inhalt der von den beiden Protagonistinnen Adeline und Ellen getragenen Geschichte endet, beginnt sein wortgewandtes Lob an diesen eloquenten Wutanfall, auf den eine ganze Kritikerschar nur so gewartet haben muss. Ich habe mich verliebt. In zwei Männer gleichzeitig, wie es scheint.
Zum Inhalt:
„Mit rasender Energie erzählt Jarett Kobek in seinem Roman, was das Internet mit uns macht. San Francisco: Eine Gruppe von Freunden kollidiert hart mit der digitalen Gegenwart. Adeline hat nach einer unbedachten Äußerung zu Beyoncé und Rihanna einen Shitstorm am Hals, und Ellen findet sich nackt im Netz. Die Kampfzone hat sich verschoben, und wir selbst haben die Munition geliefert: Warum geben wir unsere Daten her? Machen Apple und Google zu den mächtigsten Playern der Welt? Hier ist sie endlich: Eine »raue Tirade zu Politik und Kultur, ein Aufschrei zu Macht und Gewalt in unserer globalisierten Welt« (New York Times).“
Friedrike selbst hat Herrn Kobek jüngst zum persönlichen Gespräch gebeten:
Auf dass wir bald alle gemeinsam über dieses Stück analoge Internetgeschichte fachsimpeln können.
Ich hasse dieses Internet – Jarett Kobek
Aus dem Amerikanischen von Eva Kemper
Erschienen im S.Fischer Verlag, Oktober 2016
Hier bestellen.