TINY DIARY // Zurückspulen, bitte! Das erste Jahr als Mama

28.10.2016 Diary, Tiny Jane

Ein einziger Mann* hat mir in meiner Schwangerschaft prophezeit, dass alles immer nur noch schöner wird. Dass diese kleinen Menschen, die von heute auf morgen einfach da sind, zwar alles auf den Kopf stellen werden, aber jeder Tag eben besser wird. Erst können sie gar nichts, dann schlafen sie nur und langsam aber sicher formen sie sich zu ganz eigenen Charakteren. Ich fand diese Worte so schön und so einprägsam, weil ich fast ausschließlich von „Schlaf vor, es wird so anstrengend“, „Warte mal ab, du schaffst gar nichts mehr“ und „Genieß die Zeit alleine noch“ umgeben war.

Längst wollte ich euch ein Update geben, ein Update über das Leben mit Kind, über das erste Jahr, über Donnerwetter-Tage und Sonnenschein-Momente – aber der Alltag und die Arbeit für Jane Wayne kamen mir einfach dazwischen. Wenn man schwanger ist, hat man eine ungefähre Vorstellungen, wie das Leben mit Kind sein könnte. Oder man hat gar keine. In der Schwangerschaft zählte ich mich immer zur ersteren Riege, immerhin bekam ich bei Nike alles hautnah mit, bei meiner Schwester auch und an die Säuglingszeit meiner jüngsten Schwester meine ich mich auch in etwa noch zu erinnern. Ich dachte, ich wüsste, wie es wäre, demnächst mit Kind durch die Welt zu wuseln. Aber im Grunde genommen hatte ich keine Ahnung. Wie auch? Schließlich ist jedes Kind anders, jedes Paar völlig unterschiedlich und jede Lebensrealität sowieso. Wie sich das neue Leben also wirklich anfühlen wird, kann niemand vorher sagen. Man kann wohl nur versuchen, es zu ungefähr zu skizzieren. Bloß hilft der positive Blick in die Zukunft uns wohl eher, als nett gemeinte, wappnende Ratschläge. Und so war’s also bei mir:

Nach der etwas turbulenten, natürlichen Geburt, berappelte ich mich erstaunlich schnell. Meine Mama kam gleich für eine Woche nach Berlin und sorgte dafür, dass mein Eisenhaushalt von 6 wieder hoch hinaus schoss, sie gab mir die besten Tipps und vor allem das Gefühl, dass alles gelingen würde. Und so fand ich mich bereits zwei Wochen nach Wilmas Geburt vor dem Rechner wieder, um fleißig Artikel zu tippen und mein altes Leben mit dem neuen zu vermischen. Genau das war meine persönliche Challenge, vor der ich vor Wilmas Geburt immer den höllischsten Respekt hatte, prophezeite mir doch jede andere Mama, dass ich die Sache mit der Arbeit sowieso nicht parallel mit dem Kind wuppen könnte. Pah, von wegen, dachte ich und haute voller Elan in die Tasten. Wilma schlief zwar längst nicht viel von Anfang an, ihre großen, hellgrauen Augen fanden das Erleben nämlich schon immer viel spannender, als das Schlafen, aber neben dem Wurm zu sitzen, mit einer Hand auf dem kleinen Körper, mit der anderen auf der Tastatur, tippte es sich ganz hervorragend. Es funktionierte also trotz aller miesepetrigen Meinungen ganz gut. Das Stillen lief, das Unterwegssein auch (bloß jetzt im Doppelpack) und auch die Beziehung fand sich in ihrer neuen Rolle ein.

tiny

Ich weiß manchmal selbst nicht mehr ganz genau, wie das alles funktioniert hat, aber es hat. Vor allem die ersten drei Monate liefen wie am Schnürchen. Bloß nach Weihnachten, da holte mich eine ganz andere Realität ein: Der Verlust meines Vaters riss mir den Boden unter den Füßen weg und stellte alles auf den Kopf. Hätte ich meine Familie nicht gehabt, meinen Freund, der über sich hinauswuchs und zum Superhero mutierte, ich hätte mich höchstwahrscheinlich irgendwo eingeschlossen und wäre nie wieder rausgekommen. Völlig egoistisch, vollkommen überfordert war ich mit der ganzen Situation. Ich kam kaum mit mir klar, wie sollte ich da parallel noch Mama sein? Zwischen maßloser Überforderung, viel zu vielen Baustellen und Steinen auf der Brust, haben wir uns also irgendwie durch den späten Winter geboxt, geweint und über das Leben sinniert, gelacht, getröstet und sind wieder aufgestanden.

Es ist schon erschreckend wie die Zeit rennt, was alles passiert, und wie oft man hart an seine Grenzen kommt. Wie aus dem kleinen, zierlichen Mädchen ein kleiner Brummer wird, wie höllisch aufgeregt ich nach dem ersten „Örööö“-Ton war, wie furchtbar viel Spaß sie dabei hatte, auf mein Glucksen mit weiteren „Öröös“ zu reagieren. Wie schnell sie vom Löffel aß und alles wieder ausspuckte, wie kerzengerade sie saß, aber sich partout nicht bewegen wollte und auch heute noch immer nicht läuft, stattdessen wie ein aufgezogenes Durcacel-Häschen durch die Wohnung krabbelt und am allerliebsten Fangen spielt. Wie sehr sie sich kaputt lacht, wenn ich sie kriege oder mich hinter Objekten verstecke und hervorspringe und wie sehr sie es liebt, Seiten zu blättern und Schiebebücher zu entdecken, statt auch nur ein paar Sekunden auf einer Seite zu verharren. Ich bin so furchtbar stolz auf dieses kleine Wesen, dass mir oft die Brust platzt vor Glück.

wilma

Wilma hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt und manchmal hätte ich mir gewünscht, nicht arbeiten zu wollen und zu müssen, sondern mit ihr und ihrem Papa auf eine Südsee-Insel zu schippern und dort einfach zu bleiben. Nicht ein Jahr lang Nachtschichten um Nachtschichten zu schieben, sondern immer schlafen zu gehen, wenn auch ihre Power Nap Zeit anstand. Gleichzeitig weiß ich genau, dass ich höchstwahrscheinlich (und auch leider!) niemals der Typ dafür sein werde, der still rumsitzt und das Leben mit kreisenden Daumen genießt. Wir sind alle zu verschieden für den einen, gleichen Weg – und heute blicke ich ziemlich stolz zurück auf das, was in den vergangenen Monaten manchmal so rasant an mir vorbei zog. Fast so, als wäre ich im Urlaub gewesen. Auf meiner eigenen kleinen Insel.

Der 8. Monat war besonders hart. Vielleicht, weil ich mich nicht mehr mochte, und Wilma das am allermeisten spürte. Weil wir fertig waren, ausgepowert und ausgebrandt, Wilma partout nicht durchschlafen wollte und ich nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Aber die Zeit ging vorbei und die schlechte Laune-Phase schien bloß ein ganz normaler Ausschnitt aus dem Leben, die schneller vergessen war als präsent im Kopf bleibt.

sarah jane

Auch wenn ich im Vorfeld die ewigen Ratschläge ums Vorschlafen nicht mehr hören konnte (und wollte), so weiß ich jetzt, was alle meinten. Bloß bleibe ich Team „Es wird immer schöner“. Vorschlafen, das gibt’s gar nicht, hilft niemanden wirklich weiter und wappnet nicht für die Zukunft. Zumindest würde ich das ganz frech behaupten. Eine positive Einstellung allerdings sehr, ein ehrlich Umgang erst recht und zuhören am allermeisten. Denn wenn eine Schwangere mit großen Plänen vor uns steht, dann sollten wir ihr jubelnd zureden, statt sie klein zu machen. Schon gar nicht sollten wir auf ihr Scheitern hinarbeiten und beim ersten Fall mit einem „Siehste! Hab ichs doch gesagt.“ parat stehen.

Schlafen kann ich auch, wenn Wilma wieder älter ist, scheitern gehört sowieso zum Leben und Phasen vorm Abgrund sind für uns alle kein Fremdwort. Vielmehr sollten wir manchmal versuchen, an unserer Einstellung zu arbeiten – und uns immer wieder sagen: „Es wird immer schöner“. Denn so ist es!

 

*Ehrlicherweise waren es bestimmt noch mehr. Bloß sind’s vor allem Franks Worte, die mir noch immer in den Ohren stecken. Ich danke dir dafür <3

15 Kommentare

  1. Britta

    Ich kenne das Gefühl, dass es so schön ist, ich kenne das Gefühl, sooo überfordert zu sein, ich kenne alle diese irren Mama-Gefühle. Aber meiner ist jetzt 2,5 und bisher gab es noch keinen einzigen Tag, an dem ich nicht gedacht habe, dass es einfach immer schöner wird. Ich habe letztens Baby-Klamotten aussortiert – für den Trödel – und fühlte mich ganz kurz versetzt in ein „ach, das war soooo schön“. Aber jetzt ist es eben noch viel schöner und einfacher und lustiger und man entdeckt den Charakter dieses kleinen Wesens immer mehr und die Liebe wächst und wächst und wächst.

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  2. Franzilina

    Oh Sarah, hab Dank. Ich bin genau da, wo du vor ca. 1 Jahr warst. Schwanger, eine ungefähre Ahnung vor Augen und mit lauter „guten“ Ratschlägen im Ohr. Vorfreude und Panik wechseln sich ab.
    Für letzteres sind oft Sätze wie „Warte mal ab, dass wird alles noch viel schlimmer/anstrengender/stressiger/schmerzhafter etc.“. Was soll ich damit? Das ist doch kein Wettbewerb wer am meisten aushält und durchsteht. Und nein, ich bin keine dieser Powerfrauen, die vorher schon locker 50h Wochen hatten und dies für normal halten. Ich bin zart und schnell gestresst und schon die Schwangerschaft ist kein Spaziergang für mich. Aber das ist doch auch nicht schlimm. Wie du schon schreibst, jeder Weg ist ein anderer. Ich möchte bei all dem trotzdem positiv bleiben und vielleicht bist du ab heute mein „Frank“, der diese tollen Zeilen schreibt und an die ich denken möchte, wenn sich in den frühen Morgenstunden mal wieder Unruhe und Sorgen breitmachen wollen. Ich danke dir.

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  3. Sarah

    Oh mein Gott, was für ein wundervoller Artikel direkt aus dem Herzen und rein in mein momentan 27 Wochen schwangeres Herz, das das ständige „Du musst vorschlafen“-Gerede auch nicht mehr hören kann. Ich gehöre „leider“ auch zu der Gattung Duracel Häschen und werde wohl nie diese Ruhe finden, um die ich andere so manches Mal beneide. Daher bin ich besonders gespannt, was mich erwarten wird, wenn ich im neuen Jahr erst mal Mutter bin. Auf jeden Fall werde ich an Deinen Artikel denken! Danke dafür! Von Herzen!

    Liebe Grüße,
    Sarah von eat blog love

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  4. Kerstin

    Wunderschön geschrieben liebe Sarah. Meine Tochter ist auch gerade 1 geworden….und es wird wirklich immer schöner. Übrigens siehst du auf dem ersten Bild wunderbar aus.

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  5. Verena

    „Ich hab’s dir doch gesagt“
    ist auch einer der Lieblingssätze, die Kindern gerne entgegengeworfen werden.
    Wenn sie mutig genug waren, etwas Neues auszuprobieren.
    Etwas nochmal zu probieren, was zuvor nie geklappt hat und sich unbefangen der unbekannten Welt nähern.
    …Und dann scheitern. Bis zum nächsten Versuch!

    Es ist immer gut, sich zu trauen, es einfach zu machen. Alles andere kostet verschwenderisch viel Energie!

    Und die 8-Monats-Krise kenne ich von beiden Kindern. Wenn alle so dringend mehr Eigenständigkeit wollen und der Knopf noch nicht so mitmachen kann, wie er gerne möchte. Wenn man solche Phasen geschafft hat, wird’s nur noch schöner!

    Auf Jahr Nummer 2!

    Verena von simply zero

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  6. Jennifer

    DANKE! ❤️
    Was für wunderbare Worte! Ich habe die Sprüche im Vorfeld auch gehasst. Zu toppen sind sie noch mit: „Warte mal, bis sie drei ist!“, wenn ich erzähle, wie wahnsinnig pflegeleicht unsere Maus ist. Sie ist jetzt 3 Monate alt und sooo lieb! Mir ist oft langweilig, weil ich auch nicht nur da sitzen und Däumchen drehen kann, bleibe aber dennoch 1 Jahr zu Hause. Das ist für mich die grösste Herausforderung, als Workoholic diese Entschleunigung anzunehmen und meinen Tag so zu gestalten, dass dieser nicht einfach nur vergeht,sondern ich auch produktiv bin. Challenge accepted und wahnsinnig motivierend, heute so etwas zu lesen! Danke dir dafür & alles Liebe!

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  7. Lisa

    Danke für den schönen Post und das teilen deiner Erfahrungen. Was hast du denn getan, um deinen Eisenhaushalt wieder auf Vordermann zu bringen?

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  8. Alexandra

    Ein sehr schöner Artikel. Mir geht es in vielem sehr ähnlich wie dir. Vor 4 Monaten bin ich zum zweiten Mal Mama geworden und seitdem geht alles drunter und drüber. Vor allem liegt das aber an den vielen Krisen, Katastrophen und der Verachtung meiner Familie, weil ich meinen Kinderwunsch mit Mitte 20 und während des Medizinstudiums umgesetzt habe. Ich suche noch nach neuem Optimismus. Bereuen tue ich nichts.

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  9. Käthe

    Ja! Ja! Ja! Positiv denken – ich verstehe nicht, warum einem das so viele in der Schwangerschaft nehmen wollen…

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  10. Alice

    Wie schön! Ich habe auch eine kleine Charlie die jetzt 7 Monate alt ist, und ich muss sagen, deine Worte sind mir direkt unter die Haut gegangen. Mit einer Hand zu tippen und mit der anderen spielen da habe ich einfach laut gelacht, denn das ist mein Alltag! <3 ES WIRD IMMER BESSER!

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  11. Nicole

    Liebe Sarah, so schöne Worte. Vielen Dank! Ich wünsch euch Dreien nur das Beste für die Zukunft – ihr kriegt das alles bestens hin. Alles wird immer schöner und besser und toller. Alles Liebe, Nicole

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  12. Anna

    Da wären wir doch einfach wieder bei dem Thema angelangt, über das man sich am meisten wundert. Warum gönnen sich Mütter untereinander nichts? (ich verallgemeiner das jetzt einfach mal, weil ich es immer wieder lese, egal auf welcher Baby/Kind/Eltern Homepage ich mal wieder bin oder auch im wahren Leben mitbekomme) Nur Neid und Missgunst beherrschen die Tagesordnung. Und warum das alles, nur weil ein anderes Kind durch schläft und seine Eltern mehr Schlaf abbekommen? Man kann doch nicht beeinflussen was man ‚geschenkt‘ bekommt. Jedes Kind, jeder Mensch ist nun mal anders und anstatt die Dinge nun mal so zu akzeptieren wie sie eben sind, wird bei anderen immer nach einem Fehler, einem acha.. bei denen läuft auch nicht immer alles rund, gesucht..

    Das kotzt mich alles total an, egal ob man sich in der Schwangerschaft dafür rechtfertigen muss, dass man nicht so viel zu nimmt, oder, dass das erste Kind ein kleiner Sonnenschein ist und relativ pflegeleicht, selten meckert, fast alles isst, mit paar Monaten durch schläft, warum muss mich meine eigene Cousine, bei jedem, wirklich jedem Treffen fragen, ob das immer noch der Fall ist?! soll es sich unbedingt ändern? Hat sie denn keine anderen Sorgen?

    Manchmal denke ich, hat das alles etwas mit Karma zu tun oder damit, dass diese Menschen, die immer alles besser zu wissen glauben, somit ihre Quittung erhalten?

    Ich kann es nicht mehr hören.. jeder liebt doch sein Kind, jeder möchte, dass es ihm gut geht, warum muss man sich so sehr dafür interessieren was die anderen deren Meinung nach alles falsch machen und dennoch richtig.. jeder einzelne kennt sein Kind am besten.. aber wie oft hat man das schon gehört/gelesen und dennoch wiederholt es sich überall und ständig, ob vor oder nach der Geburt, ob von kindervollen oder kinderlosen Menschen..

    Unzufriedenheit mit dem eigenen Dasein und die Dreistigkeit sich über andere zu erheben, führen uns nicht zu Einklang und Frieden, sondern zum genauen Gegenteil..

    sorry, aber bei einem eigentlich so interessanten Thema zum Austauschen und sich freuen, brodelt es innerlich in mir, wenn ich an all die Kommentare denke, die diese Menschen einfach ungefragt von sich geben und dazu noch über die Reaktion, die sie diesbezüglich erhalten, auch noch verwundert sind

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