Ich muss mir diesmal feste an die eigene pseudo-selbstbewusst-feministische-Girlpower-Nase fassen und das mache ich nicht gern, und noch viel ungerner, weil der Grund für meine heutigen Stirnfalten im Angesicht kleiner Ungereimtheiten unter Frauen doch tatsächlich Männer sind. Als hätten wir nicht ausreichend eigene Päckchen mit uns herumzutragen und außerdem lang genug für Unabhängigkeit plädiert, fiel mir während eines Telefonats mit einer guten Freundin in der Ferne irgendwann doch tatsächlich auf, dass jede der circa drei weiblichen Personen, über die wir uns binnen zwanzig Minuten tendenziell neutral bis angepisst äußerten, in irgendeiner Verbindung zu unseren Partnern standen und stehen. Was offenbar vornehmlich in unserer subjektiven Annahme begründet liegt, beinahe jede Dame dieser Welt würde sich nach selbigen die Finger lecken. Finde den Fehler. Das darf doch wirklich nicht wahr sein, dass ausgerechnet ich eine permanente Skepsis gegenüber ein, zwei, drölf Frauen hege, die es auf irgendeine Art und Weise auf meine Beziehung abgesehen haben (könnten). Dabei haben sie das womöglich noch nicht einmal. Wobei. Weiß der Kuckuck. Es sollte mich natürlich ohnehin nicht interessieren. Meine ferne Freundin verstand mich trotzdem und sinnierte im gleichen Atemzug über eigene kleine Geschichten.
Da schicken ähnliche Instanzen nicht selten ungefragt Selfies, aus dem Urlaub zum Beispiel, immer dann, wenn sie selbst einem guten Kumpel schlicht und ergreifend das Bild einer Palme statt eines breites Bikinigrinsen rüber gesimst hätte, genau wie ich. Gut möglich, dass man sich jetzt darüber streiten kann, ob es der aktuellen Liebe in diesem Fall an Selbstwertgefühl oder der Reisenden an Respekt mangelt. Was nichts daran ändert, dass meine Freundin und ich hin und wieder eifersüchtig werden und damit als gewöhnlicher Durchschnittsmenschen höchstwahrscheinlich nicht gänzlich allein dastehen, sogar Simone De Beauvoir hatte sich in ihren Briefen an Jean-Paul Sartre nicht lückenlos im Griff. Entgegen meines eigentlich stark manifestierten Credos der Nächstenliebe tendiere ich ebenfalls dazu, gewissen Kandidatinnen schlangenartige Charakterzüge zu unterstellen. Das ist furchtbar. Und vielleicht überhaupt nicht berechtigt. Gut möglich also, dass ich an mir arbeiten muss. Wobei mir schwant, dass das viele von uns müssen, trotz Empowernment-Parolen.
Nehmen wir doch ganz einfach eine Handvoll zusammengesuchter Situationen aus unterschiedlichsten Quellen. Wenn eine Verflossenen bei jeder Gelegenheit auf der „guten alten Zeit“ herumreiten und voll freundschaftlicher Liebe betonen würde, wie sehr sie „den Menschen von damals“ schätzt, wäre das dann nett gemeint, oder nur ein durch die Blume gesäuselter Seitenhieb gegen alles, das Veränderung bedeuten könnte? Also auch gegen die aktuelle Partnerin. Als man mir von dieser Zwickmühle erzählte, fiel mir ehrlich gesagt keine sinnige Antwort ein. Wenn eine wieder Andere stets ein offenes Ohr hätte, aber am liebsten dann, wenn wir mal nicht in Höchstform sind, sollten wir dann dankbar sein, oder mit den Augen rollen? Erstmal abregen womöglich. Oder nehmen wir einmal an, eine von uns säße am Sonntagabend mit dem potenziell Zukünftigem in Decken eingemummelt auf dem Sofa und dann würde plötzlich sein Handy blinken, weil sie, irgendeine andere Affäre aus längst vergangenen Jahren, nach einem Zweier-Date plus Wein und Tatort schreit. Wer selbstbewusst ist, müsste eigentlich lachen und den beiden aufrichtig viel Spaß wünschen. Wer ist wie eine weitere Freundin aus meiner Anekdoten-Kiste, fragt sich hingegen bis heute, ob da eigentlich noch alle Latten im Zaun festsitzen bei der Tatort-Tante. Ich schüttle da ebenfalls ganz automatisch den Kopf.
Dabei geht es doch im Grunde nur um Freundschaft. Zwischen Jungs und Mädchen, die inzwischen erwachsen sind, die eine Vergangenheit teilen und deshalb nicht auf das Jetzt verzichten wollen, schon gar nicht wegen „der Neuen“. So einfach und kompliziert zugleich. Denn ich habe ja auch supergute männliche Freunde, mit denen ich einst einen beschwipsten Zungenkuss ausgetauscht habe. Aber auch eine ganz eigene Art mit diesem Fakt umzugehen. Nämlich in gewisser Weise gar nicht. Wer heute noch als Homie an meiner Seite verweilt, der Vater meines Sohnes etwa, der mein allerbester Freund von allen ist, ist längst aus der Schublade sämtlicher Besitzansprüche und lüsterner Gedanken rausgerutscht. Deshalb auch Team Palme statt Bikini. Weil ich aber weiß, dass so gut wie niemand sich mit der Utopie des lückenlosen blinden Vertrauens leicht tut (und damit meine ich nicht das Vertrauen in aktuelle Partner, sondern jenes in deren Ex-Partner), übe ich mich vor allem in Achtung gegenüber neuer Lieben an den jeweiligen Seiten meiner männlichen Lieblingsmenschen. In Inklusion statt Exklusion, Freundschaft heißt doch auch Interesse zeigen. Damit klar ist, dass man mich nicht doof finden muss, weil ich die neue Beziehung nunmal im besten Fall nicht doof finde. Das heißt auch: Wenn sich einer bei mir ausheult, höre ich zu und versuche parteilos zu sein, ein helfendes Ohr mit beruhigender Stimme sozusagen und im Zweifel für die Angeklagte, damit vielleicht alles wieder gut wird. Vielleicht könnten sie und ich sogar gute Bekannte werden oder gar Freundinnen. Es liegt mir schlichtweg fern, zur heimlich und hämisch lachenden Verbündeten in Krisenphasen zu verkommen, oder zu jemandem, der sich am Gefühl ergötzt, auf Ewig einen gewissen Stein im sexy Kumpel-Brett zu haben. Und nun kommen wir zum Knackpunkt: Ich frage mich nämlich recht häufig, ob die Mehrheit da nicht ein wenig anders tickt.
Ganz bestimmt nicht aus Böswilligkeit, das will ich gern glauben. Aber vielleicht aus dem unterbewussten Anspruch heraus, auch weiterhin eine ganz besondere Rolle einnehmen zu dürfen. Noch immer zu gefallen. Und hier beginne ich, zu begreifen. Vielleicht ist es viel verständlicher als ich dachte, dass kleine Momente der Bestätigung für die meisten Menschen in diesem Kontext wichtig sind. Niemand will doch das Gefühl haben, der neuen Partnerin oder dem neuen Partner unterlegen zu sein. Deshalb buhlt man hin und wieder. Man spielt vielleicht etwas. Und sonnt sich in kleinen Erfolgen, in Momenten der Vertrautheit. Ich denke, das geht klar. Auch wenn ich bestimmt wieder und wieder die Zähne fest zusammenbeißen werde und meine Freundin noch viel mehr. Aber eines ist wichtig: Andere Frauen sind keineswegs Schlangentiere mit der Absicht, Beziehungen zum Frühstück zu verspeisen. Sie sind bloß ebenso unsicher wie wir alle manchmal. Vielleicht sogar traurig. Das sollte ich dringend respektieren und aufhören, zu fluchen.