Seit ich mich vor einigen (oder eher vielen) Monaten dafür entschieden habe, mein Leben stressfreier und langsamer zu gestalten, musste ich wohl oder übel von so manchen Prinzipien lassen. Ich hielt sie lange für Werte, die mir wichtig sind, bis ich gemerkt habe, dass ich vor allem keine andere Wahl hatte, als mich so zu verhalten. Diese Prinzipien waren streng genommen wohl eher Zwänge – zum Beispiel: Perfekte Arbeit abliefern zu wollen, zu viel für andere zu machen, mich selbst immer hinten anzustellen und viele andere mehr.
Durch den zugegebenermaßen zähen Prozess des Umdenkens, fühle mich inzwischen allerdings auch mit einer ganz anderen, neuen Eigenschaft konfrontiert. Ich nenne sie „lockerlassen“, „entspannter sein“ oder „die Dinge auch mal geschehen lassen“. Ich verschiebe jetzt ab und zu mal etwas, stelle nicht alles auf jeden Fall schon 3 Tage vor der Deadline fertig und entscheide mich auch mal fürs Ausruhen als fürs einfach-weitermachen, wenn ich merke, dass ich nicht mehr kann. Klingt auch ganz gesund, oder? Nun möchte ich natürlich kein Meister der Prokrastination werden, sondern ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Auszeit finden. Welche Herangehensweisen ich mir für meine Zeitplanung und für eine realistische Einschätzung meiner Zeitkontingente recherchiert und zum Teil selbst entwickelt habe, möchte ich euch gerne hier verraten.
Die Bergsteigermethode
Skifahren, Klettern und sich in der Berghütte das Leben schöner trinken, kann man am besten wo? Ich habe keine Ahnung, aber bestimmt in den Alpen. Auch wenn ich noch nie dort war, hilft mir diese Methode, wenn ein Tag schon angefangen hat und ich ihn aber trotzdem noch flugs nachstrukturieren möchte. Vor allem finde ich hier heraus, wie viele und welche Aufgaben ich realistisch schaffen kann, ohne meine Energie zu überstrapazieren.
A ufgaben notieren von Geburtstagskuchen backen und Staubsaugen bis hin zu Telefonaten mit der besten Freundin. Bei Aufgaben handelt es sich also nicht nur um Dinge, die man tun muss, sondern um alles was man vorhat
L änge einschätzen, die ich pro Aufgabe benötige
P ufferzeit mit einrechnen und zwar als universelle Regel ca. 1/3 mehr Zeit als man realistisch einschätzt
E ntscheidung treffen hinsichtlich Prioritäten und sich ausschließlich auf diese Aufgaben konzentrieren, alles andere wird hinten angestellt
N achkontrollieren welche Aufgaben man erledigt hat und ggf. einige von ihnen auf einen neuen Tag verschieben
Die Later-Liste
Es gibt Tage, da brauche ich den halben selbigen, um einen Text zu schreiben – kein Witz. Die Ursache ist entweder, dass ich völlig übermüdet bin und eigentlich besser ins Bett sollte oder aber, dass ich viel zu viele anderen Gedanken in meinem Kopf habe.
Bei letzterem hilft es mir enorm, eine schnelle „Later-Liste“ anzulegen, die neben mir auf dem Schreibtische liegt und auf die ich alles aufschreibe, was mich im Kopf gerade von der eigentlichen Aufgabe abhält. Das kann alles sein von „Habe ich noch genug Tabs für die Spülmaschine?“ bis hin zu „Was macht XY gerade wohl?“ oder oder oder. Es einmal aus dem Kopf zu haben, beruhigt ungemein und macht Platz frei, um wieder zu denken.
Virtuelle Bäume pflanzen
Das allerschlimmste Laster, das ich nach wie vor nahezu unverändert mit mir herumschleppe, ist diese ewige Gestarre auf mein Handy und das viel zu lange Verweilen in Social Media Kanälen. Oft kann ich mir das Ganze als Jobbeschreibung schön reden, aber mein Job fängt weder um 6:30 Uhr an, noch endet er erst um 23:45 Uhr. Was mich persönlich wirklich angesprochen hat, ist eine App, bei der man nicht nur eine Art süchtig machenden Ehrgeiz entwickelt, sondern am Ende sogar noch etwas Gutes damit anfangen kann. Die Rede ist von „Forest“, die für die Zeit, die man nicht aufs Handy schaut, einen virtuellen Wald pflanzt, den man sogar, wenn man möchte, in reale Baumpflanzungen umwandeln kann. Der Gedanke daran, dass auch noch jemand davon profitiert, dass ich meine Zeit nicht ständig mit Social Media verschwende, finde ich gleich nochmal motivierender. Eine spannendere Alternative zum Flugmodus.
Mehr Flow durch Pomodoro
Wenn auch das virtuelle Bäumepflanzen nicht mehr ausreicht, um in „die Zone“ zu kommen und effektiv „im Flow“ zu arbeiten, dann liegt das vielleicht an zu viel Kreativ-Verkrampftheit und zu wenigen wirklich genutzten Pausen. Wissenschaftlich fundiert geht hier die Pomodoro-Technik heran – diese unterteilt den Arbeitstag in erstaunlich kurze Arbeits-Phasen, die von zielgerichteten Pausen unterbrochen werden. Da man sich immer nur auf eine Aufgabe je Arbeitsphase konzentriert und die Abschnitte so überschaubar sind, kann man seine Konzentration erstaunlich intensivieren und so wirklich gute Ergebnisse erzielen. Und die kleinen Pausen helfen wunderbar bei der Regenerierung.
Natürlich gibt’s auch für Pomodoro diverse Apps, ich habe schon drei oder vier verschiedene ausprobiert und kann als klaren Favoriten die App „Tide“ benennen: Schöne, klare Oberfläche, kommt mit beruhigendem „White Noise“ Soundtrack oder alternativer Apple Music Integration und dafür ohne die ansonsten allgegenwärtige (und ein bisschen hässliche) Pomodoro-Eieruhr im Logo.
Hilft mir immer dann, wenn es wirklich um ein drängendes Projekt geht, dass sehr konzentrierte Kreativ- aber auch Fleißarbeit verlangt. Wer Pomodoro noch nicht ausprobiert hat: Googelt euch mal rein, aus eigener Erfahrung eine klare Empfehlung!
Credit: glamour.es, tmblr (stremplerart, inneedofablog)