This is Jane Wayne - Slow Sunday - Freundschaften

Slow Sunday // Verschrobene Freunde sind manchmal die besten

19.03.2017 Slow Sunday

This is Jane Wayne - Slow Sunday - Freundschaften

Ich spiele schon eine Weile mit dem Gedanken, einen schmerzhaft lustigen aber auch schmerzhaft wahren Blogartikel, den ich vor einiger Zeit gelesen habe, irgendwie für einen Slow Sunday Artikel weiter zu entwickeln oder zu adaptieren. Da mir dies aber nun seit Monaten nicht gelingt und ich mich ja irgendwie schwer im Copy-Paste-Style einfach an den geistigen Geniestreichen anderer bedienen kann, habe ich mich dafür entschieden, stattdessen eine klare Leseempfehlung auszusprechen – und darüber zu berichten, was der Blogartikel für mich verändert hat. Es geht um Freundschaften und wie ich gelernt habe, sanfter mit ihnen zu sein.

Tim Urban verfasst auf seinem Blog Wait But Why einen Knallerartikel nach dem anderen und hat mit „10 Types of Odd Friendships You’re Propably Part Of“ einen derart pointierten Artikel geschrieben, dass ich nach dem Lesen fast das Bedürfnis verspürte, ihm irgendetwas nettes schenken zu wollen. Einfach so, weil er es verdient hat. Der Titel täuscht etwas, denn was Urban da abliefert, ist kein Clickbait-Listicle, sondern ein tiefschürfendes und zum Teil schonungslos hartes Stück Blogosphären-Gold. Je nach Lesart könnte man die Erkenntnisse, die Urban da so nüchtern vorträgt, schon als niederschmetternd beschreiben. Und doch oder vielleicht grade deshalb habe ich daraus für mich sehr viel mitgenommen. Ich erinnere mich seitdem tatsächlich sehr oft an diesen Text und habe es wirklich geschafft, die versteckten Liebenswürdigkeiten einiger meiner wirklich arg verschrobenen Freundschaften zu erkennen. Das ist neu für mich.

Ich habe etwas dafür gebraucht, zu erkennen, dass mich mein gelernter, sachlicher Blick auf das Thema Freundschaften um einiges von dem bringt, was eben mit Entschiedenheit und klarer Kante nichts zu tun hat – aber Lebensqualität ausmacht. Null oder Eins: Freunde konnten für mich nur Menschen sein, mit denen ich über alles reden oder vor denen ich weinen konnte (allein das reduzierte die Crowd potenzieller Kandidaten gleich mal um 70%). Für alle Beziehungen mit niedrigerer Intensität habe ich keinen Grund gesehen und dabei wahrscheinlich schon jetzt so viel verpasst. Ich habe mein neues Mantra immer und immer wieder in meinem Kopf wiederholt, bis ich es irgendwann auch tatsächlich begriffen und verinnerlicht hatte: Freundschaften dürfen auch einfach mal nur Spaß machen, müssen nicht alle Drama aushalten, weil man seine Dramen nicht in jede von ihnen hineintragen muss. Und man muss auch keine irre tiefschürfende Freundschaft zu einem anderen Menschen etablieren, um eine angenehme Zeit zu haben, die vielen Ernsthaftigkeiten der Welt zu vergessen und sich zu entspannen.

Von Tim Urban so liebenswert auf den Punkt gebracht und in Strichfigur-Comics umgesetzt, werden nämlich selbst die vermeintlich nervigen Eigenschaften der Sandkastenfreundin oder die völlige Unfähigkeit des Unikumpels, ein Gespräch am Laufen zu halten, viel weniger bis gar nicht mehr schlimm. Sie bekommen sogar einen gewissen Charme, sind eher zum Schmunzeln als zum Ärgern. Und siehe da: So freundschaftet es sich viel schöner (Surprise!).

Mein neues Mantra ist also: Man (oder vielleicht auch nur ich) sollte Freundschaften in vielen Punkten um einiges weniger ernst nehmen. Kurioserweise habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich so zwanglos wie von alleine links und rechts neue Chancen auftun, starke Verbundenheit zu meinem Gegenüber zu entwickeln. Bei aller neuen Entspanntheit gilt aber auch, dass alles, was sich schlecht anfühlt oder gar schädlich sein könnte, entweder abgebrochen, beendet oder mit gemeinsamer Anstrengung kernsaniert werden muss. Nur perfekt sein muss das Ergebnis nicht – es muss sich nur gut anfühlen.

Credits: graphicdesignblog.com, tumblr (laroboutique)

Slow Sunday // Verschrobene Freunde sind manchmal die besten

  1. Anja

    Ich finde den Artikel super, denn er entspannt mich sehr und lässt mich die Beziehungen, die gerade mein Sozialleben ausmachen, viel mehr wertschätzen. Mein Sozialleben besteht aus vielen Beziehungen der 3.Art. Menschen aus der Nachbarschaft, Eltern von anderen Kindern aus dem gleichen Kiga oder der gleichen Klasse, aus irgendwelchen Kinderkursen oder Feiern, etc. Ich möchte diese Beziehungen alle nicht missen, denn sie sind so unkompliziert und flexibel. Keine Erwartungen, keine Enttäuschungen und trotzdem sehe ich sie regelmäßig und habe ich mir mit diesen sehr unterschiedlichen Menschen etwas zu erzählen – und ja auch Spaß. Darunter befinden sich auch Potentiale für eine Freundschaft der zweiten Art. Aber eine richtig guten Freundin hätte jetzt ganz schön viel von dem verpasst, was mich ausmacht. Ich weiß gar nicht, ob so eine enge Freundschaft noch einmal ganz neu möglich ist.

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