Bedroom Stories //
Warum wir oft lieber performen statt kommen.

20.03.2017 box1, Feminismus, Sex, Kolumne

Ein Gastbeitrag von Ann, protokolliert von Nike Jane. Teil 1 inklusive wiesoweshalbwarum lest ihr hier.

Ich bin gerade ein Körperklaus, so ein richtiger, ein bisschen wie ein Roboter, der nur rechts, links, oben und unten kann, aber bestimmt kein Talent für schlangenscharfe Latina-Bewegungen hegt. Woher das kommt, weiß ich nicht, normalerweise bin ich nämlich eher biegsam wie eine Brezeln, bloß scheint mir über Nacht ein erheblicher Teil meines eigenen Körpergefühls flöten gegangen zu sein. Und so kam es, dass ich dieser Tage auf meinem Freund thronte, zwar mit Lust im Nacken, aber mächtig ungelenk. Und auch ein bisschen faul. Ich wippte also ein wenig hin und her, als plötzlich ein Bild vor meinem inneren Augen aufploppte, das die Sache nicht besser machte: ich als Wackeldackel – sichtlich um den richtigen Takt bemüht, kläglich am Einklang scheiternd. Es war zum Glück dunkel, deshalb blieb die erstarrte Denkermiene, die sich schnell zwischen nachdenklichen Stirnfalten verkroch, im Schatten verborgen. Statt mich aber über die damit einhergehende ausbleibende Befriedigung meiner eigenen Libido zu ärgern, hoffte ich von Zweifeln zerfressen einzig und allein darauf, mein Gegenüber möge nichts von meiner miesen Meisterleistung in Sachen Off-Beat bemerken. Ab sofort hieß es: Perfomen statt kommen. Denn wichtiger als meine Lust wurde mir plötzlich mein Ego.

Erst Tage später wurde mir bewusst, wie falsch das war. Nicht, weil Selbstlosigkeit per se dilettantisch wäre, bloß war der Grund für selbige in diesem Fall der behämmertste aller denkbaren. Ich wollte ja überhaupt nicht nett sein. Sondern bloß um Himmels Willen nicht schlecht im Bett. Und ich glaube, damit bin ich nicht alleine. Oder noch schlimmer: Vermutlich bringt diese Sorge sogar recht viele von uns um den so wohlverdienten Orgasmus.

Beim Freitagsstammtisch gab ich meine Geschichte selbstverständlich zum Besten, woraufhin eine ungeahnt emotional aufgeladene Diskussion entstand. Von acht Frauen gaben vier zu, nur bei etwa jedem 10. Akt der körperlichen Liebe zum Höhepunkt zu gelangen. Und weshalb? Weil sie sich nicht selten für das Umsetzen ihrer eigenen Bedürfnisse schämen – und zwar solange, bis am Wochenende schließlich das ein oder andere Glas Wein oder Tonic die Hemmschwelle knackt. Wie fünf Ochsen vor dem weit entfernten Berg der Selbstbestimmung saßen wir also da und ersoffen eine nach der anderen in fadenscheinigen Erklärungen für unsere Scham, in abstrusen Gehirngespinsten, die uns offenbar in regelmäßigen Abständen um jede sexuelle Ekstase bringen.

Die eine fand, sie müsse zu viel rubbeln. Rein-raus, das wäre gefühlt als würde man eine Bifi in eine Turnhalle werfen, quasi konsequenzenlos. Bloß käme sie sich vor, wie ein wildgewordenes Karnickel, würde sie sich minutenlang an ihrem Freund reiben. Und das Vorspiel? Achja, das vergesse man so leicht und dann sei man ja schon mittendrin, warf die Zweite ein. Die Vierte klagt, er komme zu schnell und sie selbst zu langsam. Nach Pausen traue sie sich aber nicht zu fragen, das sei ja voll fies, zu intervenieren, wenn einer vor Bock zu platzen droht. Freundin Nummer Vier hingegen traut sich nicht, ihrer Affäre zu gestehen, dass sie beim Doggy Style mehr Lust auf das Befreien des Kopfkissens von Fusseln verspürt, als auf seinen Lulu. Ob der Großteil der Männer eigentlich nicht wisse, dass vaginale Orgasmen echt schrecklich rar gesät seien, fragten wir uns im Kollektiv und ob ein blinkender Pfeil gen Kitzler vielleicht Abhilfe schaffen könne.

Natürlich nicht. Nur wir allein können das. Wenn Vögeln Silber ist, ist Kommunikation nunmal Gold. Verbale ebenso wie non-verbale. Man muss sich nur trauen. Hat man diese Hürde geschafft, fällt das Fallenlassen auch gar nicht mehr so schwer. Rubbelt und stöhnt wo viel ihr könnt, nehmt euch, was auch immer ihr wollt, fordert ein, was ihr braucht. Die Wahrheit ist nämlich: Im Bett kann man eigentlich gar nicht doof dastehen, ganz im Gegenteil: Selbstvertrauen ist und bleibt ganz unangefochten das ulitmative Superlativ von Sexyness.

Fotos: The Lovers & Drifters Club

6 Kommentare

  1. Laura

    Ihr habt mir aus der Seele gesprochen. Zeitschriften wie die Cosmopolitan, die sich in erster Linie darauf konzentrieren IHN zu befriedigen, sollten sich mal eine Scheibe von euch abschneiden.

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  2. Helene

    Ich finde-Befriedigung auf beiden Seiten und damit auch Spaß für beide fängt mit der eigenen Initiative für die eigene Lust an (reden,zeigen,führen) aber auch mit dem Interesse an dem,was für den anderen lustvoll ist (fragen,ausprobieren,aufmerksam beobachten).Dann klappt das auch mit dem Orgasmus-egal ob in langjähriger Beziehung oder beim one night stand.
    Erlebe aber im Freundeskreis, dass bei den meisten eher Quantität als Qualität oder sexuelle Frustration an der Bettordnung ist…

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  3. Pingback: Warum jede lernen sollte, sich zu wehren - Happy Vagina

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