Liebe Janes,
Auf meiner Seele brennt schon seit Langem eine ganz triviale Frage und ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen. Es geht um eine Tasche, vielleicht sogar DIE Tasche und ihr beide habt sie schon. Oder eher Sarah: Die Chanel WOC. Schon ganz lange wünsche ich sie mir, habe sie auch schon zwei Mal im Geschäft anprobiert und war jedes Mal aufs Neue verliebt. Eine Freundin hat mir mal eine Chanel-Tüte geschenkt und selbst die halte ich in Ehren, auch wenn ich natürlich weiß, dass das Banane ist. Jedenfalls hält mein Gewissen mich gerade noch auf und nun kommt hoffentlich ihr ins Spiel. Würdet ihr mir also beipflichten, dass diese Tasche wirklich eine ganz großartige Investition und Belohnung wäre oder ist sie vielleicht doch zu klein, für die Größe zu teuer und so weiter…?? Nike, du hast eine größere Version – was meinst du? Es wäre nicht meine erste Tasche von solch einem Luxus-Unternehmen (aber meine erste Chanel) und eigentlich, wenn wir ganz ehrlich sind, braucht man ja kaum eine Tasche wirklich. Was soll ich tun? 🍌
Ich hoffe, ihr habt den einen zündenden Rat für mich, damit ich endlich zu einer Entscheidung finde.
Ich danke euch schon jetzt!
Alles Liebe, Tina
Liebe Tina,
ich weiß schon, es ist ein furchtbares Gefühl, wenn man meint, man sei eigentlich ganz knusper in der Birne und sich dennoch nach etwa so Trivialem wie einer Tasche verzehrt, überhaupt, über die Sinnhaftigkeit einer solchen Anschaffung lässt sich sogar nächtelang streiten, deshalb halte ich es hinsichtlich solcher Entscheidungen auch aus Selbstschutz sehr streng. Sonst läuft man nämlich Gefahr, am Ende im Hamsterrad der Raupe-Nimmersatt-Manier festzuhängen. Dann muss es immer mehr, mehr, mehr sein. Trotz des schlechten Gewissens. Dabei funktioniert doch genau DAS als super Seismograph in Sachen „machen“ oder „sein lassen“. Wenn dein Herz beim Gedanken an eine Chanel Tasche hüpft, der Magen sich aber gleichzeitig mit dem Gewissen verbündet und für übles Bauchweh sorgt, dann gibt es vielleicht nur eine einzige richtige Antwort: Tu es nicht. Nicht niemals. Aber auch nicht jetzt.
Warte einfach noch ein bisschen. Denn nein, du bist ganz und gar nicht Banane. Also na klar, natürlich bist du das, das sind wir ja auch, aber du weißt, was ich meinte. Wenn schon, denn schon. Du solltest irgendwann schließlich als eine durch und durch glückliche Bananen-Besitzerin eines solchen Reliktes der jungen Gabrielle Chanel nach Hause gehen, beseelt und von Freude und Dankbarkeit geküsst. Ganz ohne Gewissensbisse.
Es stimmt nämlich: NIEMAND braucht so etwas. Das sagtest du ja selbst. „Sowas“ ist bloß ein fettiges, wenn auch formschönes Sahnehäubchen – jeder Kuchen schmeckt aber auch ohne Firlefanz völlig köstlich, manchmal sogar besser. Und daran müssen wir uns immer wieder erinnern. Vor allem wir persönlich, du, ihr, wir. Wir brauchen nicht das, was andere haben, auch wenn wir das hin und wieder glauben. Aber wir dürfen Träume haben, die vielleicht sogar als Motor dienen können. Ich empfinde das beinahe als romantisch und finde mich in dem Gedanken, eine Art haptische Erinnerung an eine bestimmte Zeit oder eine Art Erkenntlichkeit für das Erreichen eines Ziels oder alles Geschaffte zu haben, sehr genau wieder. Da ist es mir egal, was andere über diese schräge Einstellung denken.🐒 Ich akzeptiere ja auch große Autos und sogar Eisenbahnsammlungen. In meinem Hirn macht das mit den (ausgewählten!) Taschen genauso viel Sinn wie in deinem. Zur rechten Zeit. Und sollte diese Zeit nie eintrudeln, dann ist das auch gut. Ich kenne jedenfalls fast ausschließlich Menschen ohne Chanel Tasche und die sind im Großen und Ganzen sogar viel, viel glücklicher als jene Bekannte, die gar mehrere Exemplare im Schrank stehen haben. Aber zurück zum Thema.
Nach sechs Jahren Selbstständigkeit und zwei Babies haben Sarah und ich uns schließlich jeweils eine Chanel Tasche geleistet. Genau, als Belohnung, so wie es auch bei dir sein soll. Für die gemeinsamen Jahre und das Zähnezusammenbeißen und Zusammenhalten. Wir hatten uns im Oktober 2010, ganz zu Beginn von Jane Wayne, scherzhaft und gleichzeitig hoffnungsvoll ausgemalt, dass es so kommen würde, irgendwann, wenn die Zeit reif sei. 2016 war der Zeitpunkt dann da, auch ein wenig aus nostalgischen Gründen und wegen der herrlichen Coco-Assoziationen: Powerfrauen, juhu. Jetzt müssen wir aber ganz ehrlich sein: Für uns hat sich diese Investition ehrlich gesagt auch ein Stück weit nach Entschädigung angefühlt. Für verpasste WG-Parties und Rucksackreisen etwa. Erstrebenswert? Nunja. 🌴
Aber diese Entschädigungs-Verschwendung tat uns in diesem Moment zumindest nicht weh, wir hatten lang genug gespart und keine Sorgen. Man darf und sollte sich also immer lieber zu viel als zu wenig Zeit nehmen, so viel man eben braucht. Und das ist wichtig. Nicht weniger als eine persönliche Schmerzgrenze bezüglich des zu investierenden Geldes. Man könnte mir auch 20.000 Euro im Monat in die Hände drücken und ich käme nicht auf die Idee, 5000 Euro für eine Tasche zu lassen. Bei anderen hört der Spaß, auch ganz unabhängig vom Einkommen, schon bei 200 Euronen auf. Die Tasche, an der dein Herz hängt, liegt bei etwa 1700 €. Und sie ist sehr klein. Von Sarah soll ich dir sagen: Zu klein! Im Nachhinein hätte sie lieber eine größere, wenn auch etwas teurere Version gewählt. Weil für uns ohnehin gilt: Eine Tasche ist ein Gebrauchsgegenstand, also muss sie auch gebraucht werden, am besten sooft wie möglich. Meine ist deshalb quasi an mir festgewachsen. Eine gute Entscheidung also. Und eine einmalige. Sollte es bei dir also demnächst so weit sein: Es wird ein Fest. Feier dich und auch die doofe Tasche. Sei nicht vorsichtig mit ihr und nimm eine, an der du keinen einzigen Zweifel hast. Dann wird es Liebe.
Wir hoffen, wir konnten dir ein bisschen helfen.
Deine Janes 🌹