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Geht es um Frauen in Führungspositionen und die Frauenquote, kommt ganz schnell das Argument: Aber es gibt doch auch furchtbare Führungsfrauen! Das stimmt – greift aber zu kurz. Ein paar Überlegungen.
Immer mal wieder ploppt sie auf: die Diskussion um Frauen in Führungspositionen und damit verbunden die Diskussion um die Frauenquote. „Bist du etwa für die Quote?“, werde ich oft gefragt und stets klingt es so, als sei das etwas grundsätzlich Verwerfliches. Etwas, das man per se nicht gut finden darf, weil es nach Bevorzugung klingt, nach Privileg. „Ja“, antworte ich auf die Frage, „ich bin für die Frauenquote. Weil sich ohne sie einfach nie etwas ändern wird.“ Nicht selten zieht mein Gegenüber daraufhin die Augenbrauen zusammen: „Aber… Wer will denn schon Quotenfrau sein?“
Die Antwort darauf lautet natürlich: Niemand. Das liegt auch daran, dass einige der Quotenfrauen nicht unbedingt als Vorbild für andere Frauen mit Führungsambitionen taugen. Das weiß ich aus anekdotischen Berichten von Freund*innen und Bekannten, aber ebenso aus eigener Erfahrung. Schon oft habe ich erlebt, dass Frauen in Führungspositionen es nicht unbedingt besser machen als ihre männlichen Kollegen. Sie haben nicht automatisch mehr Verständnis für die Anliegen der weiblichen Angestellten und sie fördern auch nicht automatisch den Aufstieg anderer Frauen.
Es bleibt homogen
Stattdessen höre ich Geschichten von Führungsfrauen, die es der weiblichen Belegschaft schwer machen, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren – zum Beispiel, indem sie sich beim Thema Elternzeit und Teilzeitarbeit quer stellen, nach dem Motto: „Wenn Sie nach der Elternzeit wieder hier einsteigen wollen, dann aber nur Vollzeit.“ Dann gibt es die Führungsfrauen, die sich ihres eigenen Kampfes nur allzu deutlich bewusst sind und deshalb anderen Frauen gegenüber wenig Nachsicht zeigen: „Ich habe es doch auch irgendwie geschafft, also stellen Sie sich mal nicht so an.“ Und es gibt die Führungsfrauen, die immer ängstlich über ihre Schulter blicken, ob sich dort weibliche Konkurrenz anschleicht – sie fühlen sich in ihrer Rolle als „Ausnahmefrau“ nämlich ganz wohl. Andere Führungsfrauen stören da nur. Sie passen sich entweder an, sind One of the boys, Teil der Clique. Oder sie betonen stattdessen ihre Weiblichkeit, um sich – positiv – vom Rest abzusetzen.
Die Wahrheit ist nun einmal: Frauen sind nicht die besseren Menschen. Sie sind Individuen, von denen einige besser, einige schlechter für Führungspositionen geeignet sind. Letztens las ich von einer Studie, in der nachgewiesen wurde, dass vor allem die Frauen es in Führungspositionen schaffen, die den sich bereits dort befindenden Männern vom Charakter und von den Verhaltensweisen her am meisten ähneln. Sprich: Mit Frauen kommt nicht unbedingt mehr Vielfalt in die Chefetagen – es bleibt homogen. Quotengegner*innen nicken angesichts solcher Studien zufrieden: „Siehste, mit der Quote wird es nicht besser. Da werden Frauen befördert, die dann schlechte Chefinnen, Vorstände oder Aufsichtsratsmitglieder sind.“
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Männlich konnotierte Arbeitswelt
Ganz falsch ist dieser Gedanke nicht – aber auch nicht ganz richtig, denn er geht nicht weit genug: Der Fehler wird bei den Frauen gesucht, nicht im System. Das heißt nicht, dass es nicht auch Frauen in Führungspositionen gibt, die einfach furchtbar sind (siehe oben). Aber von Frauen wird schlicht mehr verlangt als von Männern in solchen Positionen: Einerseits schaffen sie es meistens nur in Führungspositionen, weil sie sich der männlich konnotierten Arbeitswelt und den damit verbundenen Normen und Codes anpassen. Andererseits wird dann von ihnen erwartet, sich aufgrund ihres Geschlechts anders, besser zu verhalten – kommunikativer, ausgleichender. Sie sollen andere Frauen auf die Führungsebene holen, indem sie für einen sogenannten Trickle-Down-Eeffekt sorgen. Sie sollen zeigen, dass sie es können, obwohl sie Frauen sind. Immer noch viel zu selten wird die Frage gestellt, ob nicht im System grundsätzlich etwas schief läuft: Ein System, in dem der als homo oeconomicus fungierende Mann keine unterbrochene Erwerbsbiografie hat, weil er sich um seine Kinder nicht selbst kümmern muss. In dem der Mann schon allein dadurch im Vorteil ist, weil er ein Mann ist. Sein berufliches Umfeld ist nach ihm ausgerichtet, er muss sich nicht erst anpassen.
Zumindest theoretisch. Denn natürlich hadern auch viele Männer mit einem System, das ihnen eine gewisse Art der Männlichkeit aufzwingt. Ein System, das nicht darauf angelegt ist, dass Männer mal was anderes machen wollen als Arbeiten und die Karriereleiter zu erklimmen – Elternzeit nehmen, zum Beispiel. Das System, so wie es ist, bietet letztendlich nur Vorteile für eine bestimmte Art von Mann. Allen anderen, vor allem Frauen, bleibt nur Anpassung oder Resignation.
Kritische Masse
Wenn sich nachhaltig etwas ändern soll in der deutschen Unternehmenskultur, der deutschen Gesellschaft, werden wir um Quotenfrauen nicht herumkommen. Weil sich ohne sie nichts ändern wird. Freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen, Frauen in Führungspositionen zu fördern, bleiben wirkungslos. Das zeigt sich immer wieder. Wir brauchen Quotenfrauen, weil sie irgendwann zu einer kritischen Masse heranwachsen. Eine Frau alleine kann keinen Unterschied machen: Sie ist eine Minderheit, die trotzdem eine Mehrheit repräsentieren soll. Doch eine kritische Masse an Führungsfrauen bewirkt, dass diese wieder Individuen sein dürfen und nicht mehr nur stellvertretend für ein Geschlecht stehen. Ja, auch dann wird es schlechte Führungsfrauen geben, genauso wie es schlechte Führungsmänner gibt. Aber neben diesen Frauen gibt es dann hoffentlich noch andere, die es besser machen – weil auf ihnen nicht mehr der große Druck lastet, im Namen aller Frauen alles perfekt zu machen.