Liebe Leser*innen,
diesmal will ich unseren Brief an euch mit einer iranischen Geschichte beginnen, die mir ein alter Freund erzählte, während wir im Regen in seinem Garten saßen und darüber philosophierten, wer wir überhaupt sein, welchen Ansprüchen wir genügen und wie wir leben wollen. Sie handelt von einem Bauern, der jeden Abend nach getaner Arbeit einen weiten Weg vor sich hat, und mit ihm auch der Sohn und ein Esel. Und so liefen die Drei eines Tages müde nebeneinander her, bis sie auf einen Passanten trafen, der da sagte: „Was seid ihr für Deppen, ihr habt doch einen Esel, wieso setzt sich nicht einer von euch auf das Tier?“ Der Vater bekam ein schlechtes Gewissen. Wieso hatte er nicht viel früher daran gedacht, seinen erschöpften Sohn tragen zu lassen? Am folgenden Tag ritt also der Sohn auf dem Esel, der Bauer ging nebenher und war müde, aber zufrieden. Bis sie erneut einen Passanten trafen, der da sagte: So eine Unverschämtheit, da muss der Alte laufen, während sich der Junge auf einem Esel ausruht! Jetzt bekam der Sohn ein schlechtes Gewissen. Und so überließ er seinem Vater am nächsten Tag den Platz auf dem Esel. Bis ein weiterer Passant vorbei kam und sagte: „Was kann das für ein Vater sein, der seinen Sohn durch diese Hitze laufen lässt!“ Am letzten Tag der Woche beschlossen Vater und Sohn gemeinsam auf dem Esel nach Hause zu reiten. Bis ein Passant kam und sagte: „Der arme Esel! Wie könnt ihr nur?!“ Vater und Sohn hatten nun die Nase voll von all den anderen, die nur einen Teil der Geschichte kannten und dennoch nicht müde wurden, zu urteilen. Sie hörten zum ersten Mal seit Langem auf sich selbst und beschlossen, jeden Abend aufs Neue zu entscheiden, wer vom Esel nach Hause getragen werden durfte. Und hatte der Esel den schwersten Tag von allen hinter sich gehabt, liefen sie alle beide auf eigenen Beinen nebenher. So war es richtig. Aber das Wichtigste war, dass ihnen fortan ganz egal wurde, was die anderen sagten. Aber warum erzähle ich euch das überhaupt? Weil ich glaube, dass es Sarah und mir manchmal sehr ähnlich ergeht. Und euch vielleicht auch.
Was auch immer man tut, es ist nie einfach, sich komplett frei zu machen von äußeren Einflüssen und Meinungen, die im Zweifel ausschließlich auf kurzen Momentaufnahmen basieren. Aber es fällt leichter, wenn man Vertrauen in sich hat, in eigene Entscheidungen und Handlungen. Es hilft, zu begreifen, dass wir nur sein können, wer wir sind. Nicht mehr und nicht weniger. Letztere Erkenntnis war es, die uns im vergangenen Monat dabei geholfen hat, eine erste Krise zu überwinden, von der wir euch bereits erzählten.
Denn höher, schneller, weiter. Die Welt da draußen dreht sich rasanter denn je. Wer arbeitet bis zum Burnout, erntet im Zweifel Lob für all den Fleiß. Wer hingegen lieber lebt, gilt schnell als faul. Und wie man das goldene Mittelmaß findet, das wissen nur die Wenigsten. Das merken wir vor allem in unserem Arbeitsumfeld, indem sich vieles um perfekte Äußerlichkeiten dreht, die meisten Klicks, und schönsten Reisen. Manchmal kommen selbst wir da nicht mehr mit und fragen uns: Ist da überhaupt noch Platz für Ideen, die nicht komplett weichgespült wurden? Für Eigensinn statt das Bedienen der Massen? Eine komische (mediale) Gesellschaft ist das zuweilen, aber eine, in der wir dennoch einen Platz finden müssen, der sich nach Glück anfühlt. Unser Glück ist auch Jane Wayne. Und deshalb soll es immer weitergehen. Am liebsten mit euch. Und einer neuen Website!
Seit ein paar Wochen schon konzipieren wir hin und her (ihr merkt es vielleicht am Sommerloch), nicht nur wegen der nahenden neuen Optik, sondern auch aufgrund einer Handvoll interner Veränderungen. Unsere geliebte Assistentin Franziska zum Beispiel hat sich in den wohlverdienten Mutterschutz verabschiedet (und fehlt uns schrecklich!), auch vom rosa Hintergrund müssen wir uns ganz bald verabschieden (wirklich Weiß?) und sogar die Bürosuche ist noch in vollem Gange. Was aber vielleicht noch vor allem anderen auf unserer aktuellen To Do Liste für den Sommer steht: Endlich lernen, den Laden zu schmeißen.
Wir brauchen waschechte, kluge Redaktionspläne! Vornehmlich, weil schon sehr bald eine sehr bezaubernde Person unser Team unterstützen, weil es außerdem Rezepte und auch ein wenig Bewegbild regnen wird, weil wir Scalamari Jane dazu bringen müssen, endlich noch mehr für uns zu tippen, weil sich in der Beauty-Rubrik ganz dringend etwas tun muss und Fabienne auf weitere Instruktionen wartet. Ihr seht also: Der neue Podcast ist bloß ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und selbst der sucht noch nach einem passenden Jingle! Aber keine Sorge, wir wären ja nicht wir, würden wir euch auf einmal mit dem perfekten Plan überrennen. So ist das gar nicht. Es bleibt chaotisch. Denn: Wir wollen nur sein, wer wir sind. Nicht mehr und nicht weniger.
HEGDL,
Eure Nike