Mir hat neulich jemand (per Direktnachricht auf einem Sozialen Netzwerk) gesagt, ich ginge den Leuten mit meiner roten Chanel Tasche allmählich auf den Senkel. Und ich hätte ja doch ein paar mehr Handtaschen in petto, wieso es denn immerzu ausgerechnet diese eine sein müsse, seit zwei Jahren schon! Und dann gestern, da saß ich bei Freunden im Garten, während einer von uns über das Dilemma funktionierender Hirne philosophierte, die entgegen aller Vernunft doch hin und wieder nach Statusobjekten lechzen, obwohl eine solche Anschaffung am Ende ja eigentlich nichts weiter als ein trauriger Zeitzeuge des eigenen Geltungsdranges sei.
Wir fühlten uns alle ein bisschen viel schuldig und ersoffen schließlich in der Erkenntnis, dass man sich, wenn man ohnehin schon verloren ist, zumindest volle Möhre über besagte Kinkerlitzchen freuen sollte.
Das mache ich zum Beispiel (fast) jeden Tag, wenn ich mit der roten Tasche das Haus verlasse und auch, wenn ich im Kaufhaus stehe, vor hundert anderen Taschen, um schließlich glücklich beseelt kehrt zu machen, weil ich nunmal weiß, dass ich die eine habe, die immer passt. Natürlich schützt mich das nicht vor weiteren Schwärmereien und schwachen Momenten, aber diese nicht aufhören wollende Freude über eine Belohnung, die nach sechs Jahren Selbstständigkeit ganz oben auf der Wunschliste stand, hilft dabei, ein gewisses Maß zu wahren. Ich kapiere nämlich auch nicht, wieso jemand, der nicht in den Millionen schwimmt, oder noch studiert oder jung ist oder alt und glücklich, gleich 200 Designertaschen nötig hat. (Schon klar, andere hingegen verstehen schon den Sinn einer einzigen nicht, aber ihr wisst, was ich meine). Manchmal glaube ich, Instagram ist Schuld daran. Der dort herrschende Druck der Selbstinszenierung. Und vielleicht auch wir, die Rezipienten, die es gewohnt sind, ständig Neues aufgetischt zu bekommen. Es hilft also mal wieder nur: Selbstreflexion! Und die Frage: Macht mich der geplante Kauf wirklich ein bisschen glücklicher, oder bloß sehsüchtiger, weil „mehr“ am Ende noch immer nicht genug ist? Schwierig. Ich habe ja auch oft keine Ahnung. Aber ich weiß, dass mich bis heute kaum etwas (in modischer Hinsicht) so zufrieden stimmt wie 2nd-Hand-Schätze, die eben nicht an jeder Stange hängen:
Diese Bluse hier zum Beispiel, fand ich auf einem Flohmarkt. Ich kaufte sie für 40 Euro und erspähte erst daheim das kleine Schild im Futter: Yves Saint Laurent. Doppelglück. Weil jaha! Schuldig.
Das Jeanskleid stammt von Closed (gerade im Sale!) und die Schuhe fand ich bei Ebay, nachdem Topshop mir zwischerte: Ausverkauft. Das wollte ich nicht auf mit sitzen lassen und suchte zwei Wochen am Stück, immer wieder. Bingo!
Und dieses Kleid hier hat Sarah Jane mir vermacht. Auch ein 2nd-Hand-Fund, ich glaube einer von „Made in Berlin“. Ein Hoch auf das Prinzip des Teilens – so verdoppelt sich der Kleiderschrank ja gewissermaßen.