Ich kann nun wirklich nicht behaupten, von großen Labels auf kleinen Taschen abgestoßen werden. Die Psychologie dieses Prestige-Mechanismus dürfte den meisten hier auch ohne dazugehöriges Studium in Ansätzen bekannt sein. Bei zwei ineinander gewundenen Cs etwa werden viele Augen groß und das Herz ganz warm. Auch gegen das dicke G sind viele Alessandro Michele-Jüngerinnen nicht gewappnet und schaut man dann auch noch gen Modebranche, schien das Motto des offensichtlichen Labelings bisweilen ohnehin gar „Protzen und Klotzen“ zu lauten. Ich selbst, bekennendes Opfer der „ich belohne mich jetzt mal mit ein bisschen Luxusleder-Ausrede“, habe diese Zurschaustellung zwar stets kritisch beäugt, aber niemals boykottiert. Das werde ich auch in Zukunft nicht, aus vielerlei Gründen. Aber dennoch ganz genau abwägen, ob so eine dicke Schnalle in Logo-Form beim nächsten Kauf tatsächlich wieder sein muss.
Schuld an diesem Sinneswandel ist ein wachrüttelndes Erlebnis auf Münchener Boden. Die Münchener und Münchnerinnen allerdings waren nicht Schuld an meinen plötzlich auftretenden Aversionen, sondern vielmehr eine Handvoll entfernter Kolleginnen, mit denen ich bis dato noch kein Wort gewechselt hatte. Zwei oder drei von ihnen entlarvten sich schnell als so schräg, im schlechtesten aller Sinne wohlgemerkt, dass sich negative Gefühle beim Anblick der um die dazugehörigen Arme baumelnden Handtaschen nicht mehr länger beiseite schieben ließen.
Als die Verrückteste der Gruppe schließlich damit anfing, sich mit irren Augen um den Greifarm-Automaten der Veranstaltung zu winden und an ihm zu rütteln wie bescheuert, ohne Unterlass und nachdem sie sich vorgedrängelt hatte, bloß weil dort angeblich das Ticket zum Hauptgewinn (eine Designer-Handtasche, na klar) versteckt liegen sollte, hätte ich am liebsten mein eigenes Designer-Hab und Gut in Gänze verbrannt. Weil ich fortan unter keinen Umständen mehr als Mitglied dieser Influencer-Subkultur mehr identifiziert werden können wollte. Natürlich klang das selbst in meinen eigenen Ohren hochnäsig, aber ihr könnt euch besagtes Szenario wirklich nicht vorstellen. Es saß und sitzt noch immer tief. Umso erfreuter bin darüber, dass über dem diesjährigen Modesommer ein ganz anderer Wind zu wehen scheint als über den Instagram-Feeds diverser Label-Gurus. Es geht inzwischen gefühlt nämlich weniger darum, wer das meiste Geld in die Hand nimmt, sondern darum, wer die beste Spürnase vorzuweisen hat. Problem-Verlagerung, könnte man jetzt völlig zu Recht behaupten. Ich begrüße diese scheinbare Entwicklung dennoch mit offenen Armen:
Wo ich auch hinsehe, diejenigen, vor deren Stil ich vor Wonne kapituliere, frönen derzeit lieber wieder Flohmarktfunden, Strandbeuteln, Birkin Baskets, Ata-Taschen und Handtaschen kleiner, beinahe noch unbekannter Marken, die sich bei näherer Recherche nicht selten als faire Familienunternehmen entpuppen. Toino Abel aus Portugal zum Beispiel:
Nicht immer bedeutet (nearly) No Name allerdings auch nearly no cash. 300-600 Euronen kosten etwa die Taschen von Wicker Wings oder jene von Manu Atelier:
Bunte Körbchen hingegen findet man zu Hauf via Etsy. Der Shop von Ellen und James jedenfalls brummt.
Ach, und Lucy Williams, die scharfe Schlange, setzt derweil auf Simon Miller:
Schön, einfach nur schön. Und erfreulich. Oder?