Seit fast zwei Wochen leckt mir nun ein temporärer Mitbewohner am Ohr rum. Ich bin die Urlaubsmama für einen Hund in der Größe eines Kalbs – immerhin. Man könnte problemlos auf ihm durch den Prenzlauer Berg reiten. Das tue ich aber nicht. Wir haben trotzdem viel Spaß und ich lerne durch ihn eine ganz neue Welt kennen. Was alles passiert ist, seit ein freundlicher Riese mit Jumboeiern und Elefantenschädel täglich mit mir durch die Hood streift, Bett und Hof teilt, davon möchte ich euch erzählen.
Manchmal vergehen bei mir versehentlich ein bis gefühlt 17 Tage, an denen ich nicht einen Fuß vor die Tür setze. Weil, ja, warum eigentlich? Es ist als sei mir dieser Menschen in die Wiege gelegte „Antrieb zum Rausgehen“ abhanden gekommen. Spazieren gehen ohne Ziel? An die frische Luft für Fun? Sinnlos und überflüssig war bisweilen meine Devise! Dieser faule Zahn wurde mir mit einem Ruck dank Hund dann gewaltig gezogen. Nix da mit drinnen bleiben. Morgens kleine Kackirunde, abends große Kackarunde. So läuft das. Simpel aber effektiv. Bei Wind und Wetter. Ob ich das nun will, oder nicht. Außerdem kommt man unweigerlich zu sozialen Begegnungen, verwickelt sich in Sweatpants beim Morgenspaziergang in angenehm zwanglose Deppen-Gespräche am Kackhaufen mit anderen Hundebesitzern, in der Bahn, am See, am Tiernahrungsregal – überall. Einen Sozialarbeiter und Lebenscoach habe ich mir da ins Haus geholt – großartige Sache insgesamt.
Und dann die ganze Zeit diese treue, aufrichtige Liebe in der Luft. Unaushaltbar fast. Das muss man sich mal vorstellen – da ist immer jemand, der komplett vor Freude durchdreht, wenn du vom Einkaufen zurückkehrst. Einer, der seine warmen Ohren auf deinem Schoß ablegt wenn du telefonierst. Einer, dem egal ist, wie du aussiehst oder riechst wenn du ihn morgens sein Geschäft machen lässt. Augen, die dich gleichermaßen treudoof und sauschlau anglotzen als wärst du eine echte Heldin. Ja, ein Hund ist anscheinend sehr wohl in der Lage ein ganzes Leben umzukrempeln – und da liegt es nur nahe, dass ich mich seit ein paar Tagen ernsthaft und intensiv mit dem Gedanken auseinandersetze, einen Hund zu adoptieren.
Aber jetzt mal langsam mit den jungen Pferden. Genau so viele Argumente für einen Hund, gibt es nämlich auch gegen diese „Anschaffung“. Erster und wichtigster Punkt: Ein Tier ist kein Thermomixer, ein Ding, das auf Knopfdruck und je nach Bedarf abliefert. Diese Entscheidung will gut durchdacht sein – schon klar. Denn alles hat ein Ende – nur die Wurst, ihr wisst es. Da zieht ein ganzer Karton Verantwortung, eine Bindung für mal eben 10-15 Jahre mit ins Haus. Und dann die Fragen: Kann ich das? Will ich das überhaupt? Antwort: Ja. Trotzdem ist es zweifelsfrei eine riesengroße Aufgabe – auf ein Mal musst ich dann nicht nur mich sondern noch ein Lebewesen einigermaßen souverän durchbringen. Ohne Ausreden. Plötzlich passiert dann auch alles nur noch mit Anhang – wie mit Kind, nur anders – angefangen bei „Urlaub“ „mit“ „Tier“: Hunde-Taxi, Hunde-Besuch, Hunde-Flugzeug-Transport, Hunde-Hotel, Hunde-Pension, Hunde-Urlaubsaufpasser oder eben Hunde-Strandbad oder Hunde-Balkonien. Mal ganz abgesehen von der quälenden Entscheidung nach dem richtigen Tier: Welpe? Älterer Dude? Rassehund? Mix? Zucht? Tierheim, Ebay, Rumänien? Jagt-, Hüte-, Begleithund? Und bevor Hund und Frauchen überhaupt Hand in Pfote glücklich für immer in den Sonnenuntergang springen können, müssen sie durch ein tiefes Moor aus Missverständnissen, Unverständlichkeit und Übersetzungsschwierigkeiten.
Rollenverteilungsalarm bis alles sitzt. Vor das Team hat Gott nämlich die Prüfung gesetzt – und die heißt in erster Linie für das Frauchen/ Herrchen: Liebe, Zeit und einen gewaltiger Haufen Geduld und Nerven. Die Kostenfrage darf natürlich auch nicht unterschätzt werden. Ob am Ende Pudel, Spaniel, Ridgeback, Berner irgendwas, Labradingsta. egal. Fest steht, ich bin mir der Verantwortung bewusst und bereit – jawohl! Das Kind haben schon ganz andere geschaukelt. Jetzt muss nur noch das richtige Gerät – pardon – Tier gefunden werden. Und das stelle man sich nun auch nicht wie einen Sonntagsspaziergang durch den Park vor. Vielleicht habt ihr ja noch wertvolle Tipps bevor es so richtig ernst wird. Ich habe sogar schon heimlich einen ganz bestimmten Kameraden im Visier. Mal gucken, ob das was wird mit uns. Der muss mich ja auch erstmal einigermaßen cool finden als neue Muddi.
Ein bisschen Schiss beim online Stellen dieser Gedanken kriecht da in mir hoch – so wie immer halt aber in diesem Fall könnte es echt persönlich werden. Die Versuchung, dass irgendwer (oder sogar meine eigene Mamita) hier nämlich sowas kommentiert wie „Kind, du bist doch selbst noch ein kleiner Scheißer und schafft es nichtmal den Geschirrspüler auszuräumen – lass das mal schön bleiben“, ist relativ hoch. Also seid bitte lieb. Danke. Ich freue mich über Kommentare und Entscheidungshilfen.