Es mag ein bisschen gemein klingen, wenn ich ehrlicherweise sage, dass so manch ein Instagram-Sternchen meine einstige Liebe zu Chloé in eine schwere Krise gestürzt hat: Roséfarbene Drew-Bags, die auf Marmortischen liegen, und nebst hübsch arrangierten Macarons, einem unangetasteten Latte Macchiato und einem zarten Blumenbouquet platziert wurden, kamen mir irgendwann aus den Ohren wieder raus. Also fing ich an zu „entfolgen“, damit mein rotes Modell glimpflich davon kommt.
Aber nichts da: Irgendwie wollte keine coole Socke dieser Welt mehr den einstigen, hart zusammengesparten Taschentraum in lockerer Attitüde in Szene setzen. Stattdessen waren sich alle einig: Mehr pastellfarbene Flat Lays mit dieser Tasche, umso besser. Was soll ich sagen, es ist wie es ist: Meine Drew fristet ein ziemlich trauriges Leben im Schrank und ich werde wohl sicher noch ein Weilchen brauchen, bis sie wieder hervorgeholt wird. So viel zum Thema „Ich investiere in einen Klassiker.“ Pustekuchen.
Man ist selbst manchmal schon wirklich ein klein wenig bekloppt, wenn man sich von anderen so dermaßen lässt, aber was soll ich tun? Man wird eben nicht nur positiv ge-influenced, nicht wahr?, Und damit will ich den hübschen Damen auf Instagram keineswegs ihre Tisch-Arrangements absprechen, noch ihre fließenden Pastellfarbenen Kleider. Die mag ich nämlich auch.
Und trotzdem: Das Bild einer starken Chloé Frau passte in meinen Augen nicht mehr zusammen – das Bild, das ich doch so gerne mochte: Eine Frau, die luftige Kleider mag und über Mauern balanciert und gleichzeitig tough, ulkig und forsch zugleich ist. Eine, die vielleicht mehr chaotisch sein mag, Flat Lay sein will Und so brökelte es eben irgendwann am Chloé-Image – und zog sich von den Taschenkreationen bis hin zur Ready-to-Wear Linie.
Wie praktisch, dass jetzt wieder alle Zeichen auf Neuanfang stehen, war Chloé bis vor wenigen Saisons doch noch eines der tonangebenden Brands auf dem Markt, bevor Dior-Coolness oder Gucci-Prunk die französische Marke ablösten.
Verantwortlich dafür ist Natacha Ramsay-Levi, die neue Designerin bei Chloé, die den lange Zeit so geliebten Boho- Looks kurzerhand den Garaus machte, ohne die DNA des Hauses komplett zu ignorieren. Auf den ersten Blick mag die ein oder andere von euch bloß ein leichtes „Joa“ ausspucken, auf den zweiten Blick wird allerdings schnell klar, dass hier alle Zeichen auf Neuanfang stehen.
Ramsay-Levi hat dabei die Codes aus der Vergangenheit wunderbar mit ins Hier und Jetzt eingeflochten – und Designs ihrer Vorgänger*innen ganz einfach in den Sommer 2018 manövriert: Kolleginnen wie Stella McCartney und Phoebe Philo etablierten beispielsweise einst den Pferdeprint, und so findet auch der ganz selbstverständlich auf Samtzweiteilern statt in gestickt Form. Und auch ein Lagerfeld-Design von damals wurde wieder aus der Mottenkiste gekramt: Die bemalten Kleider. Bei Ramsay-Levi finden sie bloß auf Baumwolle statt und wurden um kleine Symbole wie Hände und Augen ergänzt, während Lagerfeld selbstverständlich auf Seide setzte und auf reine Pinselstriche. Und so stecken in nahezu allen Kreationen kleine Anekdoten aus der Vergangenheit, die neu interpretiert das neue Zeitalter einläuten.
Wir sind jedenfalls mehr als gespannt auf den neuen Einschlag, auf eine Portion mehr Mut, Pfiff und Revolution im Hause Chloé – die Zeit nämlich, ist mehr als reif.