Bis ich mir sicher war, was es mit meiner Hautfarbe, oder besser noch, mit meiner Identität auf sich hat, hat es ein bisschen gedauert. So richtig dunkel ist meine Haut nämlich gar nicht. Eher hellbraun, im Winter noch heller. Das stiftet gründlich Verwirrung. Der Afro spricht für sich würde man meinen, passt dann aber angeblich nicht mit der Haut zusammen. Schwarz? Kann ja nicht sein. Dann sagen einige gern Afrodeutsch, und dem einem oder anderen kommt dann das weniger passende Wort Mulatte über die Lippen. „Fabi, wie sag ich denn nun zu dir?“. Ich verstehe die Verunsicherung und möchte aufklären. Ein erster Versuch.
Früher, da ist meine Familie davon ausgegangen, dass ich ein Mischling bin. Ja ich weiß – da schaudert’s einen ein bisschen. Mischling. So unglaublich hundebehaftet, wie dieses Wort nunmal ist, fand ich es schon als Kind alles andere als prickelnd. Selbsterklärend zwar, weil eben zwei Nationalitäten bzw. Ethnien gemischt in einem Kind zusammentreffen, fühlte sich das trotzdem nicht gut an. Mischmasch. Es gab dann also irgendwann eine Zeit, in der das Wort nicht mehr gereicht hat, eben auch, weil meine Identität nach Hautfarbe zu urteilen so unklar erscheint und die meisten Menschen es nicht nur ganz genau nehmen, sondern auch ganz genau wissen wollen. „Deine Nase sieht aus wie eine afrikanische Nase“, habe ich da viel gehört, „bei deiner Hautfarbe würde ich aber sagen – Lateinamerika“. Uff. Ich habe lange gebraucht um verstehen zu lernen, dass der Mensch nichts lieber tut, als andere zu kategorisieren. „Du bist doch eher Cappuccino!“, oder „Im Sommer hast du einen Rihanna Hautton“, fanden viele früher witzig. Und ich? Ich musste selbst erst mal überlegen, was das alles bedeutet.
„Warum ist das so wichtig?“, mögen sich die einen oder anderen fragen. „Ich sehe keine Hautfarben, für mich sind alle gleich“, gilt aber leider nicht. Das gilt nicht, weil es gut gemeint aber falsch gesagt ist. Meine Hautfarbe ist so wichtig, weil ich mit anderen Problemen und anderen Bedingungen konfrontiert bin, als meine weiße beste Freundin. Weil Hautfarbe ein politisches Thema ist und deswegen in vielen Momenten eine Rolle spielt. Geht es zum Beispiel um die Black Girl Confessions oder eine Diskussion über Rassismus, ist die Hautfarbe ein wichtiger Faktor. Berichte ich allerdings von meine neuen Nachbarn im Erdgeschoss, wäre die Hautfarbe der Familienmitglieder niemals ein Teil der Beschreibung. Aber wie macht man es nun richtig? Vor allem für die, die nicht unbedacht daher plaudern wollen, sondern sich immer wieder Gedanken machen, um bloß keinem auf den Schlips zu treten?
Wenn sich jemand traut (traut euch, glaubt mir) Schwarz zu sagen, beschreibt dieses Wort eine ethnische Einteilung, ohne dabei genauer auf dessen optische Ausprägung einzugehen. Warum sollte denn der tatsächliche Hautton von Belangen sein? Fakt ist ja, dass sich jeder Mensch der nicht weiß ist, potenziell mit Rassismus auseinandersetzen muss. Ob nun mit sehr dunkler, oder weniger dunkler Haut. Die Bezeichnung klingt stets sehr drastisch oder absolut, ich höre es allerdings am liebsten, weil sie nicht von einem Herkunftsland ausgeht, sondern einfach einen Teil meiner Hautfarbe, meiner Identität beschreibt. Wenn man mag, ist Person oder Woman of Color auch eine gute Sache. Dies beschreibt relativ eindeutig Menschen mit dunkler Hautfarbe gegenüber einer hellhäutigen Mehrheit. Ebenfalls ohne zu kategorisieren. Ich muss wirklich sagen, dass es in der englischen Sprache bessere alternativen gibt wie eben P.O.C oder Mixed, wenn es einem lieb ist, zwei unterschiedliche Hautfarben der Eltern klarzustellen.
Und dann gibt es da ja noch No-Go’s. Termini, die für mich gar nicht funktionieren, aber teilweise auch rassistisch behaftet sind, zum Beispiel. Ich verabscheue jegliche Lebensmittelbezeichnung, von Schokobohne bis hin zu Latte Macchiato oder Karamell. Des weiteren empfinde ich Ausdrücke wie maximalpigmentiert fast schon anmaßend, weil so übertrieben korrekt und gewollt, als sei ich ein überaus ausgefallener Keramikteller oder so etwas. Mulatte hingegen ist tatsächlich und faktisch abwertend und geht auf die spanisch-portugiesische Bezeichnung Mulato für Maultier zurück, worauf ich erst kürzlich jemanden hinweisen musste. Weitere wie Mohr oder Neger sind selbsterklärend und schon seit den 1970ern ein Tabu. Viele mögen sich allerdings über das Wort Farbig wundern: So harmlos es auch klingen mag, handelt es sich hier um einen Begriff, der aus der historischen Rassentheorie stammt und zur klaren Abgrenzung nicht-weißer Menschen als nicht Europäer verwendet wurde.
Sehr wichtig zum Schluss: Meine Meinung und meine Bedürfnisse sind weder allgemeingültig, noch in Stein gemeißelt. Ich kenne etwa durchaus schwarze Männer und Frauen, die ihre eigene Hautfarbe am liebsten mit Karamell beschreiben und den Begriff sehr mögen. Ich denke nur, dass man als außenstehende Personen, die nunmal nicht in den Kopf des Gegenübers schauen kann, mit den oben aufgezeigten Alternativen relativ sicher fährt, vor allem wenn man genau differenziert, wann die ethnische Bezeichnung überhaupt von Belangen ist.
Persönlich freue ich mich immer, wenn die Frage aufkommt, wie es denn nun richtig geht. Traut euch! Ganz einfach, weil wir noch viel mehr reden müssen, für ein angenehmes und faires Miteinander.