Buch-Tipp zum Verschenken // „Bathroom Chronicles“

21.11.2017 Buch, box2

Ich befürchte, es gibt kaum jemanden, den ich tatsächlich persönlich kenne und gleichzeitig so sehr bewundere wie Friederike Schilbach. Zwar weiß ich überhaupt nicht mehr, wo oder wann wir uns kennenlernten, aber spätestens als irgendwann ein kleiner Brief in meinem Postfach landete, handgeschrieben und einem Buch beiliegend, das sie mir in innerhalb jener wenigen Zeilen so schmackhaft machte wie ein süßes Milchreistörtchen und am Ende sogar goldrichtig lag, wurde Friederike für mich so etwas wie eine intellektuelle Version der Amélie Poulain, falls man das so sagen kann. Bloß weitaus weniger verschroben, versteht sich. Und umringt von einer Aura der allerersten Sahnegüte. Friederike ist so ein Mensch, der leuchtet, ja wirklich. Einer, der auf wundersame Weise viel mehr von der Welt zu sehen scheint als alle anderen.

Und wo sie als Lektorin nun schon so derart viele kostbare Bücher in unseren deutschsprachigen Lesekosmos katapultiert hat, war es womöglich bloß eine Frage der Zeit, bis sie schließlich ein eigenes herausbringen würde. Ich ahnte es ja ehrlich gesagt schon ganz klammheimlich, als ich irgendwann eine flüchtige und doch liebreizende Nachricht erhielt, in welcher ich um einen quadratischen Schnappschuss von meinem stillen Örtchen gebeten wurde. Wenn es eine Person auf der Welt gab, der ich diesen Wunsch erfüllen würde, dann wohl Mademoiselle Schilbach. Es konnte schließlich nur Schönes dabei herauskommen. Also knipste ich ein Foto von dem sterbenden Kaktus gleich neben dem Waschbecken, den mein Sohn am Tag zuvor mit einer bunten Kette und einem XXL-Tampon verziert hatte. 

Ihr seht also: Zwar erzählen in Friederikes gerade erschienenen Bildband „Bathroom Chronicles“ viele, viele andere Leute ihre Geschichten und überhaupt nicht Friederike selbst, aber das tut diesem Stück weiblicher Badezimmer-Historie nun wirklich keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, die Idee dahinter ist ebenso genial wie keck, aber auch romantisch, erquickend und, ja eben doch, verschroben. Mich wundert es jedenfalls nicht, dass Friederike tatsächlich rund 100 Frauen dazu gebracht hat, ihr (und damit nun auch uns) Einblicke in deren mal mehr und mal weniger geheimnisvolle, aber immer intime Kammern zu gewähren.

„Die Idee zu diesem Buch kam mir, als ich gerade zu Besuch bei einer Freundin in Italien war. Sie wohnt dort in den Sommermonaten in Monopoli, einer Kleinstadt am Meer, in einer Wohnung, die früher mal einem Kapitän gehört hat. Meine Freundin hat sie eigenhändig, ganz behutsam, renoviert. Wo früher eine Feuerstelle mit Kamin war, ist jetzt das Badezimmer. Wenn man in die Dusche steigt, kann man am Ende des meterlangen Schachts, ganz oben, ein Stück freien Himmel sehen, ein bisschen wie bei einer Lichtinstallation des Künstlers James Turell. Der Charakter dieses Badezimmers gleicht dem meiner Freundin: luftig, offen, minimalistisch, schön. Und so bat ich sie in jenem Sommer, kurz bevor ich abreiste, mir ein Foto davon zu schicken – als Erinnerung. Das tat sie, dazu schrieb sie ein paar Zeilen, es las sich wunderbar, wie ein Mini-Porträt. Zurück in Berlin fragte ich weitere Freundinnen – anfangs nur vier oder fünf –, ob auch sie mir ein Foto von ihrem Badezimmer schicken würden. Und fast jede Freundin schickte mir den Kontakt einer weiteren Freundin, deren Badezimmer unbedingt Teil meiner Sammlung werden müsse. So kamen Tag für Tag Mails mit Fotos und kleinen Geschichten an, über Yucca-Palmen, Reisesouvenirs und mondäne Großmütter. Bald waren es über hundert Fotos, die alle viel über die Frauen erzählten, die sie aufgenommen hatten.“

 

[typedjs]"(Das Badezimmer) ... ist ein intimer Raum, vielleicht der intimste der ganzen Wohnung, in dem sie ihr Leben ausbreiten, sich selbst gegenübertreten, beim Aufwachen oder vor dem Ausgehen, ihre Identität konstruieren, ein Selbstporträt schaffen. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich mich so gern in ihren Badezimmern aufhalte: weil dort ein bisschen was von ihrem Zauber, ihren Alltagsritualen greifbar wird."[/typedjs]

Die Frauen im Buch sind zwischen 20 und 75 Jahre alt, manche leben auf dem Land, viele in Groß­städten, in Tokio, Johannesburg oder in Berlin. Manche kannten wir bisher noch nicht, andere schätzen wir schon längst: So etwa Lena Dunham, Sheila Heti, Hanya Yanagihara („A little life“), Erica Jong, Lily Brett, Veronika Heilbrunner, Mirna Funk, Kera Till, Leanne Shapton oder Margo Jefferson. 

„Bathroom Chronicles“ ist ab sofort hier erhältlich.

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