Mir passiert das nicht. Anderen ja, mir aber nicht. Ich konnte nie begründen, warum ich dachte, als einziger Mensch dem Risiko einer Trennung nicht ausgesetzt zu sein. Und dann kam sie doch, nach mehr als sieben Jahren war Schluss. Nach einem Heiratsantrag war Schluss. Nach jahrelanger Zusammenarbeit, Freundschaft, Urlauben, Erinnerungen, drei gemeinsamen Wohnung und vielen Streitereien war Schluss. Es war meine erste ernste Trennung, meine längste Beziehung – und ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete. Ein halbes Jahr später kommt hier mein vorläufiger Post-Trennungs-Survival-Plan für Leidensgenoss*innen und solche, die hoffen es niemals zu werden:
Eine Trennung tut weh, egal wie nötig sie vielleicht war und egal, wie lange vorher du sie schon hast kommen sehen. Wenn es soweit ist, verändert sich alles grundlegend, zumindest war es bei mir so. Mein Leben blieb gewissermaßen stehen und mein Kopf gleich mit. Was tun? Weitermachen, zurückschauen, ausruhen?
Erster Ratschlag: Hör‘ manchmal nicht auf deine Umwelt!
Oma, Opa, Mama, die Schwester, Papa, die beste Freundin, der Barkeeper, deine Kolleg*innen – jeder, ich wiederhole jeder, wird einen Ratschlag für dich haben und ungefähr 80 Prozent davon werden davon handeln, dass du dich jetzt um dich selbst kümmern musst, dass du dies nicht machen solltest und jenes nicht darfst. Dass du mit Methode A am schnellsten darüber hinwegkommst und auf keinen Fall Methode B probieren solltest. Ruf ihn nicht an, aber stürz‘ dich auch nicht gleich in etwas Neues. Nimm‘ dir Zeit, reiß‘ dich aber auch bitte zusammen. Kurz gesagt: Bitte flipp jetzt nicht aus und verhalte dich möglichst wie ein ganz normaler Mensch.
Wie aber soll man sich normal verhalten, wenn nichts mehr normal ist? Ich wünschte, jemand hätte mir das Folgende viel früher geraten: Was du jetzt tun solltest, ist alles und jeden zu ignorieren – außer dich selbst! Tu‘ das, was dir zuerst in den Sinn kommt. Du möchtest von Freitag bis Dienstag durch die Clubs ziehen? Do it! Du möchtest dich für drei Monate zu Hause mit zwei Katzen einschließen, weinen und Tee trinken? Unbedingt! Dir ist nach drei Tinderdates pro Tag? Leg los! Du kannst der Versuchung ihn anzurufen nicht widerstehen? Greif zum Telefon! Du möchtest deine Freunde wochenlang nicht sehen oder sie jeden einzelnen Tag am Telefon vollheulen? Ja, ja und nochmals ja! Es gibt nur eine Regel: Es gibt keine.
Denn das und nur das, ist meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, sich auf das vorzubereiten, was dir in jedem Fall bevorsteht: Trennungsschmerz und der nicht enden wollenden Prozess darüber hinwegzukommen. Die brutale Wahrheit ist doch, dass dir nichts die Zeit verkürzen wird, die du brauchen wirst, bis dein gebrochenes Herz anfängt zu heilen. Bis in deinem Kopf wieder Ordnung herrscht, bis du bereit bist, der Vergangenheit den Rücken zu kehren und weiter nach vorne zu gehen. Bis du weißt, dass du nicht mehr zurückgehen würdest und bis du dem Menschen aus der vergangenen Beziehung wirklich neutral begegnen kannst. Und wenn du denkst, du bist wieder an der Oberfläche angelangt, bereite dich darauf vor, dass es mindestens nochmal ein Drittel der Zeit kostet, bis du tatsächlich raus bist. Das Herz braucht die Zeit, die das Herz nunmal eben braucht. Und das ist auch okay so.
Was du jetzt tun solltest: Ruhe bewahren und Geduld aufbringen. Ganz viel nachdenken, Tage ins Land ziehen lassen, abwarten und Tee trinken. Es herrscht Ausnahmezustand, den du vor allem für dich selber nutzen darfst. Auch wenn es sich wochenlang nicht so anfühlt, aber du stehst unmittelbar vor einem Neuanfang und davor, dich neu zu (er)finden. Nach einem halben Jahr schaue ich auf die vergangenen Monate zurück und fühle mich, als hätte ich ein ziemlich anstrengendes Bootcamp hinter mir, aus dem ich gestärkt und gleichzeitig leicht erschöpft herausgegangen bin. Ich bin über den Berg und auch wenn mein Herz und ich noch ein paar Wochen brauchen werden, bis wir die Vergangenheit vollständig hinter uns lassen können, weiß ich jetzt: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis man das neue, weiße und so schön unbeschriebene Blatt vor sich wahrnimmt, das es jetzt, nach Lust und Lauen, zu befüllen gilt.