Ich bin, ehrlich gesagt, eine blöde Heuchlerin. Träume permanent von den Weiten der Welt, liege dabei aber auf dem Sofa. Suche Kletterhallen in der Umgebung, im Internet. Denke nach 30 Minuten Bouldern schon wieder an die heiße Badewanne. Am besten zu zweit. Mache keine Pläne an Montagabenden, weil er Montagabends ja auch zuhause ist. Gehe lieber Gemüse für abends kaufen, als nachts Cocktails schlürfen. Liebe es zu lesen, auf seinem Bauch als Kissen. Denke bei Mousepads mit dem Schaf drauf „Stimmt“. Ohne ihn ist alles doof, oder zumindest nicht ganz so schön. So ist das immer wieder. Weil ich in Beziehungen gern fest schimmle am Anderen. Bis mir das Verwachsen plötzlich auf die Nerven geht. Nein, gelogen. Geht mir gar nicht auf die Nerven, ich fange also bloß irgendwann an, mich wieder frei zu schaben, weil ich weiß, ich muss. Weil Freundinnen für immer bleiben und mir außerdem den Vogelfinger zeigen würden. Weil ich keine Klette, sondern supermodern sein will. Und unabhängig. Dabei weiß ich nicht einmal mehr, wie man alleine das Auto saugt.
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Und so kommt es, dass ich mir mindestens ein Mal im Monat in den eingeschlafenen Arsch treten und mich ganz aktiv gegen die Pärchen-Monotonie wehren muss. Keiner will ja schließlich die sein, die es nur noch im Doppelpack gibt. Ich ja auch nicht. Aber, das muss ich zugeben, es fällt mir manchmal schwerer als sonst, vor allem im Winter. Weil mein Partner auch mein bester Freund ist, abgesehen von meinem allerbesten Freund natürlich, der aber wirklich weit weg wohnt. „Ich hänge so gern mit dir ab“, habe ich neulich zu ihm gesagt. Das fasst es ganz gut zusammen. Nur lauert die Gefahr des Versackens, daheim und in Zweisamkeit allein, deshalb wirklich hinter jeder anstrengenden Arbeitstagsecke – ich muss mich dafür ja nicht einmal raus bewegen. Praktisch. Gemütlich. Schön! Und echt langweilig.
In letzter Zeit frage ich mich deshalb zunehmend, was um alles auf der Welt aus mir geworden ist, aus meinem Durst nach Freiheit. Es ist, als saufe ich nichts anderes mehr als Liebestee. Als würde ich zunehmend träger werden, je länger wir uns nicht sehen, schon am selben Abend, weshalb ich hin und wieder schon um 24 Uhr anfange, auf die Uhr zu gucken, aufs Handy, weil vielleicht wartet er ja schon mit seinem Bart und einer letzten Runde Netflix.
Gut, im besten Fall bin ich bloß winterträge, im schlimmsten Fall verloren in der Bequemlichkeit, die jeden irgendwann aufzufressen beginnt. Das weiß ich aus Büchern und Erfahrung. Wer zu lange zusammen verschimmelt, ist irgendwann weg und was übrig bleibt, sind zwei von einander getrennte stinkende Klumpen des Elends. Weil jeder für sich sprießen und entdecken und leben, aber auch interessant bleiben muss, begehrenswert. Oder? Mag sein, dass es Ausnahmen gibt, so wie meine Oma und mein Opa zum Beispiel, die haben ihr ganzes glückliches Leben lang nichts anderes getan, als zusammen zu sein, arbeitend und freizeitend. Aber ich bin nicht meine Oma und mein Freund ist nicht mein Opa. Wir sind zwei mit Schalk im Nacken und der verkümmert nunmal, wenn man ihn einsperrt. Also raus aus dem Beziehungsparadies, rein in das wilde, eigene Leben. Damit wir auch künftig noch über mehr lachen können, als übereinander. Oder die letzte Folge Friends.