More is more & less is a bore – die 96-jährige New Yorkerin Iris Apfel ist in der Modebranche in etwa so bekannt wie König Karl, und zwar nicht nur für ihr Lebenswerk als Inneneinrichtungs-Koryphäe, sondern auch für all das herrliche modische Protzen samt dazugehörigem Garderobenmotto. Wer bisher angenommen hatte, der vermutlich bunteste Vogel der Upper Class würde zumindest den unbeobachteten Alltag in legerer Kleidung bestreiten, liegt nach neuesten Erkenntnissen schwer daneben.
Ganz im Gegenteil, Frau Apfel appeliert auf ihrem Instagram-Kanal unter dem Hashtag #ChicItUp dafür, sich auch für die banalsten Besorgungen und Aktivitäten mächtig rauszuputzen, als Akt der Selbstliebe sozusagen, aber auch, um der Langeweile die Stirn zu bieten. Ein erster Impuls mag vermutlich lauten: Spinnt die? Am Ende kriegte sie mich aber doch, die studierte Kunstgeschichtlerin, die bereits mit 20 Jahren für die Women’s Wear Daily schrieb. Ein bisschen Recht hat sie schließlich schon. Ich glaube nämlich, es geht ihr mit besagter Challenge weniger darum, der Dekadenz zu huldigen, als vielmehr darum, die Werbetrommel für eine dicke Portion (optische) Selbstbestimmung und auch für mehr Mut zu rühren. Darum, uns klar zu machen, dass wir uns viel häufiger die Freiheit nehmen sollten, einfach mal zu tragen, wonach uns der Sinn steht, statt mit der gängigen Zurückhaltung vorlieb zu nehmen, weil „was würden denn die anderen denken“. Ihr wisst schon.
Ich kenne das ja selbst! Da lacht mir etwa regelmäßig diese irrwitzige feuerrote Sonnenbrille entgegen, die an einem bescheuerten Montag tatsächlich für ein lustigeres Gemüt sorgen könnte, bloß lasse ich sie am Ende ja doch immer wieder links liegen. Damit „die Leute“ nicht komisch gucken. Komisch, das ist es doch! Aber nicht die Sonnenbrille, sondern das Gegucke der Anderen und das Schamgefühl, das stets irgendwo in uns selbst drin steckt. Ein riesengroßer Quatsch ist das. Das Leben unterliegt doch sowieso schon so vielen Regeln – wir sollten demnächst also vielleicht wirklich ein bisschen mehr auf diese kleine und rare Freiheit pochen, die uns in unserer Freizeit niemand nehmen kann. Und gleichzeitig weniger urteilen. Über die, die längst machen, was sie wollen. Denn das ist ja das Herrliche an der Mode. Das sie viel mehr sein kann als bloß funktional und konform. Sie vermag es, Haltungen auszudrücken, Lebensfreude und Persönlichkeit. Iris Apfel ist doch ein wunderbares Beispiel dafür.!
Und selbst wenn wir nicht wie sie komplett auf die Kacke hauen: Mode hilft auch gegen die Miesmuffeligkeit im Angesicht etlicher To-Dos. Wenn man beim Waschmittel kaufen den lilafarbenen Lieblingspullover trägt, geht einem dieses „Muss“ schon viel leichter von der Hand, finde ich. Und man bedenke außerdem, was so ein Hauch schicker Unterwäsche (heimlich unten drunter getragen) bewirken kann! Wunder! Ich mache deshalb mit bei #ChicItUp. Und erinnere mich im Alltag fortan häufiger daran, dass das Äußere das Innere eben doch (positiv) beeinflussen kann.