“The sixties were about personalities. It was the first time when mannequins became personalities. It was a time of great goals, an inventive time…. and these girls invented themselves.” Diana Vreeland*
Maria Grazia Chiuri hat es binnen weniger Saisons geschafft, Christian Dior wieder aus seinem eigenen Schatten zu holen, das Traditionslabel zu entstauben, ihm so viel Charakter und Stärke einzuhauchen und das Profil auf eine nötige Art und Weise zu schärfe – und als erste weibliche Designerin des Hauses hätte sie dafür keine bessere Wahl sein können. Zwar sind längst andere Brands auf den „Female Empowerment“-Zug aufgesprungen, vor wenigen Saisons galt sie auf diesem Gebiet mitunter allerdings noch als Pionierin. Ihr erinnert euch? Als sie für den Sommer 2017 eine starke Frauenlinie mit feministischen Referenzen aus dem Boden stampfte. „We should all be feminists„, riefen uns Shirts entgegen und Chiuri ging der Frage nach, wie feminine Kreationen, wofür Dior stets bekannt war, im Hier und Jetzt auszusehen haben. “The message, really, is that there is not one kind of woman”, sagte sie damals und brachte es auf den Punkt. Auch drei Saison später hält Maria Grazia Chiuri weiter an ihrer Revolution fest und widmet sich in ihrer Winter-Kollektion 2018 dem Jubiläum der Pariser Studentenbwegung aus dem Jahr 1968 – und stöberte dafür in den Archiven. Denn: Wie sah es um die 68er eigentlich im Hause Dior aus?
Chiuri kramte tief und stellte fest, dass Frauen 1966 auch vor den hauseigenen Boutiquen protestierten, um für mehr Miniröcke im Sortiment einzustehen und Schilder mit dem Aufdruck ‘Mini Skirts Forever’ hochhielten – eine Forderung, die selbstverständlich über diesen Satz hinausging und die allerdings dazu führte, dass Dior seine allererste Pret-a-Porter Kollektion im Jahr 1968 herausgab, nachdem zuvor ausschließlich Couture präsentiert wurde. Die Mode wurde also tragbarer, nahbarer und verstand sich fortan nicht mehr nur als elitäres Kleidungsstück wie bei den Maßschneidereien, sondern sollte zum Spiegelbild einer Gesellschaft werden. Mode wurde auf einmal hinterfragt und musste sich weiterentwickeln, um den Zeitgeist widerzuspiegeln. Die Mode wurde aber auch auf die Probe gestellt: Denn erst durch den Druck von Außen passierte etwas!
Bleiben wir also bei Aufständen und beim Thema Feminismus: Denn 50 Jahre nachdem Studierende gegen Kapitalismus auf die Straße gingen, ist es ganz aktuell eine neue Frauenbewegung, ein neues Aufbegehren, das zwar mittlerweile nicht mehr unbedingt auf der Straße direkt stattfindet, dafür aber medial Wellen schlägt. Die Rede ist natürlich von den #Metoo und #timesup Bewegungen. Und wie schlägt man nun die Brücke zu Dior?
Aus all diesen Referenzen, aus Uniformen von damals, aus neuem Komfort-Bedürfnis von heute, aus dem Drang nach Female Empowerment und dem Ziel, Geschlechterrollen zu überwinden und für Rechte einzustehen, entstand die neue Herbst/Winter Kollektion von Dior, die sich keinesfalls dem Ausverkauf des „Feminismus“ annehmen will, sondern auf subtile Art und Weise (und natürlich auch durch plakative Sätze) eine Bewegung supporten möchte, die eigentlich so selbstverständliches fordert und doch irgendwie noch immer in den Kinderschuhen steckt. Es ist ein Flickenteppich aus damals und heute, eine Hommage an die 70er Jahre und ein Spiegelbild dessen, was da draußen passiert.
C’est non non non et non!
Seitdem Maria Grazia Chiuri den Job bei Dior übernommen hat und Raf Simons großes Erbe antrat, versteht sie es wie keine zweite, sich Referenzen von Dior zu bedienen und sie mit so viel Feingefühl ins Jahr 2018 zu manövrieren. Chiuri sieht sich selbst übrigens als Kuratorin all ihrer Vorgänger und versucht so, die DNA des Brands, die Zeitzeugen der verschiedensten Jahrzehnte, hervorzukramen und Altes mit Neuem zu verbinden. Und der Erfolg gibt ihr Recht.
ALL EYES ON //
Die Dior Saddle Bag
Noch eine kleine Reminiszenz aus vergangenen Tagen kramte Chiuri aus den Archiven wieder heraus: Die Dior Saddle Bag. Und die bekommt für den Herbst 2018 das wohl schönste Make-Over aller Zeiten. Die neueste IT-Bag? GANZ SICHER!
Und hier gibt es sie 2nd Hand.
*It was Diana Vreeland, the charismatic editor-in-chief of Vogue US from 1963 to 1971, who coined the term Youthquake and de ned the Youthquakers. The times were changing, as were the bodies, faces, attitudes and personalities of those who initiated this sartorial revolution – an earthquake that forever changed the way we dress. Fashion was being questioned, but constantly reinventing itself to tell a new story that could say everything and its opposite.