Alle Jahre wieder… kommt der Weltfrauentag! Und wie ich bereits letztes Jahr schrieb, erwarte ich an diesem Tag keine Pralinengeschenke oder Blumen oder dass mir jemand gratuliert. Ich habe wenig Verständnis dafür, wenn mal wieder so getan wird, als sei der 8. März ein Anlass zum Feiern – schließlich geht es nicht um Jubel, Trubel, Heiterkeit, sondern darum, auf immer noch bestehende Missstände, Ungerechtigkeiten und Diskriminierung aufmerksam zu machen. Nicht umsonst heißt der internationale Frauentag auch „Frauenkampftag“: Weil Frauen auch 2018 noch für ihre Rechte kämpfen müssen.
Es geht um Bürgerinnenrechte
Einen Anlass zum Feiern gibt es dieses Jahr aber doch: Das Frauenwahlrecht in Deutschland wird 100 Jahre alt! Zwar offiziell erst im November, doch eigentlich steht das ganze Jahr 2018 im Zeichen dieses Jubiläums – und das völlig zu recht. Schließlich repräsentiert das Frauenwahlrecht so viel mehr als nur ein Kreuzchen auf dem Stimmzettel, es steht symbolisch für eine Reihe andere Dinge: Das Recht von Frauen, an der Öffentlichkeit teilzuhaben; das Recht, eine Stimme zu besitzen; das Recht, politische Entscheidungen zu treffen. Es geht um Bürgerinnenrechte, und die sind die Voraussetzung dafür, dass Frauen überhaupt erstmal als eigenständige Menschen anerkannt werden – und nicht als Menschen zweiter Klasse. Erst, indem Frauen als Bürgerinnen anerkannt wurden, war es möglich, auch andere Rechte zu erkämpfen.
Rechte, die wir heute haben und von denen wir profitieren. Erkämpft haben sie für uns Frauen wie Louise Otto-Peters, Clara Zetkin oder Emma Ihrer: Frauen, die sich nicht länger den Mund verbieten lassen wollten und für ihre Rechte eintraten – laut, unnachgiebig und selbstbewusst. Als die Sozialdemokratin Marie Juchacz am 19. Februar 1919 als erste Frau eine Rede vor der neu gewählten Weimarer Nationalversammlung hielt, machte sie klar:
Probleme? Hier doch nicht!
Selbstverständlich ist vieles heute allerdings noch nicht – gerade, wenn es um politische Partizipation und Repräsentation von Frauen geht. Denn Frauen haben ja nicht nur das Recht, ihre Stimme abzugeben: Sie haben auch das Recht, sich in politische Ämter wählen zu lassen. Die Tatsache, dass Deutschland seit über einem Jahrzehnt von einer Frau regiert wird, gilt vielen als Beweis, dass es hier kein Problem mit der politischen Repräsentation von Frauen gibt.
Stimmt aber nicht, Frauen waren 2017 in allen im Bundestag vertretenen Parteien unterrepräsentiert: In der CDU betrug der Frauenanteil 26 Prozent, in der SPD 21 Prozent, bei der Linken und den Grünen immerhin 37 und 39 Prozent, in der CSU 20 Prozent, in der FDP 23 Prozent und in der AfD nur circa 15 Prozent. Frauen haben also nicht im gleichen Maße wie Männer die Möglichkeit, Politik zu gestalten. Kein Wunder, dass im aktuellen Bundestag so wenige Frauen sitzen wie zuletzt vor fast 20 Jahren – der Frauenanteil beträgt gerade einmal 30,7 Prozent. Und während SPD und CDU ihre jeweiligen Ministerien in der – nun wieder anstehenden – GroKo paritätisch mit Männern und Frauen besetzen, präsentiert die CSU unverdrossen für alle wichtigen Posten männliche Kandidaten. Die zukünftige Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt, Dorothee Bär, ist da nicht mehr als ein Feigenblatt.
Because it’s 2018
Es geht nicht darum, dass Frauen per se die bessere Politik machen und deshalb doch bitte mehr wichtige Posten bekommen sollen. Es geht darum, dass Repräsentation und Mitbestimmung wichtig sind und dass wir uns verdammt nochmal im Jahr 2018 befinden. Frauen in Deutschland haben seit 100 Jahren das aktive und passive Wahlrecht – es wird Zeit, dass ihnen auch in der Politik eine aktivere Rolle zugestanden wird.
Wie die Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Hedwig Dohm schon 1976 schrieb: „Die Männer haben von jeher die Frauen unterdrückt in unerhörter und beispielloser Weise, und die menschliche Vernunft fügt hinzu: Und sie werden sie unterdrücken bis das weibliche Geschlecht Theil hat an der Abfassung der Gesetze, von denen es regiert wird, denn jedes Recht, hinter dem nicht eine Macht steht, ist ein Traumbild und ein Phantom.“
Tipp: Die Mädchenmannschaft hat eine Übersicht bundesweiter Aktionen
zum Weltfrauentag zusammengestellt.