AfroTreats #1 // Kolumne:
Warum wir über Strubbelköpfe reden müssen

In der unserer neuen Serie #AfroTreats knüpfen wir uns das Haupthaar vieler Woman of Colour vor: In all seinen Windungen und Launen versuche ich euch künftig ein paar hilfreiche Tipps zur Pflege und Handhabung zu vermitteln. Ein wichtiger Ratgeber für alle, nicht nur für Afros, sondern eben auch für diejenigen unter euch, die mit glatter Wallmähne durchs Land laufen und vielleicht noch immer ein paar Fragezeichen im Kopf haben.

„Dont touch my hair, cause it’s a feeling I wear“, sang Solange Knowles in ihrem gleichnamigen Lied und trat damit vor rund einem Jahr eine Welle los, die längst überfällig war. Zum Hintergrund: Die kleine Schwester von Beyonce trägt ihre Haare oft natürlich, sprich nicht geglättet und dementsprechend lockig, oder zurückgebunden in Form einer aufwendigen Flechtfrisur. Zuletzt sorgte ihr Natural Hair, in Deutschland auch gerne Naturkrause genannt, anlässlich ihrer Hochzeit für Aufruhe. „Hätte man die Haarezu Hochzeit nicht zurückbinden können?“, haben sich die Menschen auf Twitter gefragt und äußerten missbilligend, dass sie mit so einer wirren Mähne doch nicht vor dem Traualtar treten sollte.

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Die eigenen Haare offen zu tragen, ganz natürlich, wie sie gewachsen sind, klingt für viele Menschen selbstverständlich, für Woman of Colour ist das allerdings nicht der Fall: Auch heute noch müssen sich die meisten mit den beschriebenen Kommentaren auseinandersetzen. Sie müssen ihre Haare vor frechen Grabschern verteidigen oder stets die selben neugierigen Fragen beantworten. Fremd und selten ist interessant, das habe ich längst verstanden, und auch an Gesprächen über Haare ist grundsätzlich auch nichts verkehrt. Trotzdem müssen wir dringend über den Ton reden, denn so kann es nicht ganz weitergehen. R E S P E K T nennt man das!

 

Ein Beitrag geteilt von Solange (@saintrecords) am

In der vierten Klasse etwa, da unterstrich meine Klassenlehrerin lauthals vor versammelter Mannschaft, dass es sich für Mädchen doch gehöre, mit gekämmten Haaren fein zurückgebunden in der Schule zu erscheinen. Die Einzige, die mit einer starken Naturkrause damals ungebürstet auf der Bank hockte, war ich. Jeden Tag. Natürlich, weil stringentes Bürsten, so wie bei glattem Haar, bei Afros ein absolutes Tabu ist, unheimlich weh tut und die Haare zerstört. Auch das Natural Hair von Kindern bedarf einer besonderen Pflege, ein vorsichtiges Kämmen unter der Dusche samt reichhaltiger Öle oder Protective Styles über den Tag verteilt. Da war meine Mutter sicher nicht die Erste, die am Haupthaar ihres Schwarzen Kindes verzweifelte – und das jeden Tag. Ein Ratgeber wäre nötig gewesen, eine POC Community oder Youtube, um einschlägigen Fehlern in der Afropflege vorzubeugen. Bis dahin träumte die 5jährige Fabienne weiter von einem Pony und pinken Strähnen. Glatt versteht sich.

 

Natural Hair Joruney nennt man heute das, was auf der langen Reise zur richtigen Pflegeroutine bis hin zu einer vollends ausgeglichenen Beziehung zu seinem Natural Hair vor sich geht. Bis zum Ziel hat man wohlmöglich zwei dutzend verschiedene Conditioner von Drogerie bis High-End ausprobiert, hatte auf halber Strecke aufgrund von Überpflegung mindestens ein paar Mal Haarausfall und fand selbst kurz vor dem Olymp noch Verbesserungsmöglichkeiten für das tägliche Prozedere.

Meine aktuelle Position: Ich hasse meine Haare nicht mehr. Ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu früher. Und manchmal, da genieße ich es sogar, ein bisschen aufzufallen. Speziell an solchen Tagen, an denen der Afro so richtig bounced. Dann stapfe ich sogar äußerst zufrieden aus dem Haus. Aber natürlich habe auch ich Bad Hair Days und wünschte mir nichts lieber, als mir einen ollen Dutt an den Hinterkopf zu knoten und meinen Haaren keine Beachtung mehr zu schenken. Oder eine Cap aufzusetzen oder eine Mütze. Wenn das nur so einfach funktionieren würde: Meine Haare sind nämlich besonders kraus gelockt, ziemlich dicht und störrisch und furztrocken. Und würde es  Youtube mittleweile nicht geben, hätte es wahrscheinlich noch einige Jahre gebraucht, bevor ich gewusst hätte, dass tägliche, intensive und reichhaltige Feuchtigkeitspflege ein Muss ist. 

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Warum die neidischen Bekundungen Dritter oder Nachfragen zur mutmaßlich simplen Pflege eines Afros stets auf eingefrorene Blicke oder ein genervtes Gemüt stoßen, versteht sich nun vielleicht ein wenig von selbst. Sogar die Frage, ob meine Haare je wachsen würden oder ob sie überhaupt nass werden, kann man sich einfach klemmen. Der Witz ist längst raus. Da brauchen wir über das rege Haare-anfassen-wollen gar nicht erst zu reden. Dass ich kein Tier im Streichlzoo bin, ist klar. Dass man fremde Menschen nicht anlangt, ohne sie zu fragen, muss ich euch hoffentlich auch nicht weiter erklären. Oder muss ich das doch? Immerhin gibt es immer noch genügend Menschen, die mir ins Haar fassen. Ich mache das doch auch nicht. Es ist mir schleierhaft. 

 

Welche Natural Hair-Typen genau durch die Welt stolzieren, wer mich auf meinem Weg zur Haarliebe bisher begleitet hat und welche Produkte mich zufrieden und moist durch meinen Alltag bringen, erfahrt ihr in den nächsten Folgen #AFROTREATS.

Jetzt aber seid ihr an der Reihe: Ich wünsche mir ganz viele Anregungen und Vorschläge von euch. Nachfragen sind genauso willkommen wie inspirierende Quellen um euch herum! Schließlich wollen wir hier gemeinsam dem Wiesoweshalbwarum nachgehen <3

3 Kommentare

  1. Lu

    Kennst du Joanna Essentials auf Youtube? Für mich macht sie die besten Haarpflege Videos für Afro Hair und ihr DIY Leinsamen-Leave-in-Conditioner war der größte Gamechanger ever.

    Antworten
  2. Rebecca

    Ich selbst habe zwar stohglattes Haar, habe mich aber mit diesem Thema das erste Mal auseinandergesetzt als ich Americanah gelesen habe. Megaspannend! Klingt naiv, aber mir hat es ein wenig die Augen geöffnet, denn ich habe mich vorher nie gefragt, warum „Women of Colour“ meistens ihre Haare glätten, was das für kulturelle Zugehörigkeit, Unterdrückung und Schönheitsideale bedeutet. Da ging es auch darum, dass es eben gar nicht so einfach ist, die richtige Kosmetik/ Pflege zu finden. Entsprechende Mode-/ Beautymagazine klammern diese Art von Haar in der Regel kategorisch aus.

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  3. Julia

    Ich sage jetzt mal was ganz banales zu dem Thema:

    ich finde afro wirklich Schick!

    liebstr Grüße julia

    Antworten

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