Algorithmen bleiben unergründlich. Und so kam es, dass mich Instagram neulich am laufenden Band davon überzeugen wollte, doch mal bei Paris Hilton vorbeizuschauen, was ich zunächst als sehr seltsam empfand und auch als ein bisschen frech und beleidigend. Nun ist Selbstreflexion ja aber eine durchaus sinnige Fähigkeit, der ich mich auch alsbald hingab, aus purer Neugier, um herauszufinden, weshalb mich diese AI denn wohl so dermaßen konsequent von Rosa in all seinen Nuancen zu überzeugen versuchte. Bei Paris war und ist nämlich vieles Rosa. Kein Grund für ein Like, dache ich. Aha! Vielleicht liegt ja da der Hund begraben! Wegen all der Vorurteile, denen ich schon einmal versucht hatte den Garaus zu machen, mithilfe einer Handtasche, die ich inzwischen aber nur noch loswerden möchte.
Kurz darauf traf mich auf einen Kaffee mit meiner Oma. Die hat auf ihrem Schreibtisch ein Schulfoto von mir stehen, das mich nicht nur mit einer anrasierten Augenbraue zeigt, sondern auch in einer Jeans von 7 for all Mankind, ja wirklich, und dazu trage ich – wer hätte das gedacht – ein T-Shirt im satten Schweinehautton. Gesehen, verdrängt, nichts weiter. Und dann, ja dann, wieder etwas später, da landete eine eMail von ebenjener Marke meiner pubertären Jugend in meinem Postfach – ob ich Lust hätte auf eine Zusammenarbeit und ich könne ja mal gucken, ob mir die Sachen überhaupt gefielen. Vor Paris und Oma hätte ich sichern noch abgewunken, diese Klamotten-Sieben ward nämlich längst vergessen. Unter diesen Umständen aber war es, als reiche mir das Schicksal die Hand, als wolle man mir eine erneute Chance geben, das Ego von einer Herausforderung überfahren zu lassen. Und so suchte ich mir für diese Geschichte ganz bewusst nicht die nächste blaue Jeans aus, sondern eine in rosa. Samt passender Jacke. Außerdem eine Patchworkhose. Drei Mal Neu, gegen die Tristesse. Aber auch, um herauszufinden, ob ich es tatsächlich schaffen könnte, nicht nach Cupcakes, sondern nach mir auszusehen, in diesen Jeans, die bisher gefühlt jeder schonmal trug, außer mir. Ihr denkt jetzt vielleicht, ich spinne, aber ehrlich, ich finde das tatsächlich etwas knifflig und gar nicht mal so babyeierleicht. Die Gefahr, nach Barbie auszusehen bleibt groß, was selbstredend nicht schlimm wäre, aber eben nicht in meinem Sinne, zumindest heute nicht. Ihr versteht schon.
Jeans:
Cropped Boot Unrolled Slim von 7 for all Mankind
Hemd: Vintage
Tasche: Toino Abel
Kette: Wald Berlin
Schuhe: Mango
Miley Cyrus liegt mit dieser hochqualifizierten Aussage gar nicht mal so daneben, das weiß ich spätestens seit dem Tag, an dem dieser Selbstversuch dokumentiert wurde. Es ist ein bisschen wie mit hübscher Unterwäsche, die das Gemüt erhellt, obwohl überhaupt niemand sehen kann, dass man sie überhaupt trägt. Mit dem wichtigen Unterschied natürlich, dass diese Hose hier kein bisschen zu übersehen war. Im Gegenteil. Aber das war nicht schlimm, sondern schön. Fast spaßig sogar! So ein am Körper getragenes Erdbeersorbet macht, dass man sich selbst ein bisschen wie ein Sorbet fühlt, aber eines mit Schuss! So richtig schön geschmeidig nämlich und auch ein bisschen loco. Barbie und Paris waren jedenfalls schon nach Minuten aus einem Kopf verschwunden. Was stattdessen blieb, waren The Psychedelic Furs mit ihrem größtem Hit, von dem ich mir kurz einbildete, er hätte eigentlich auch für mich geschrieben worden sein können, weil ich künftig wohl noch häufiger „Pretty in Pink“ anzutreffen sein werde. Alles ist im Fluss, dachte ich mir noch, und wie schön, dass manche Dinge sich immer wieder ändern (dürfen).
Jeans:
Marine Indigo Shades von 7 for all Mankind
Bluse: & other stories
Ketten: Céline & Nina Kastens
Tasche: Mansur Gavriel
Schuhe: Aeyde
Geschmäcker zum Beispiel. Patchworkhosen etwa übten zwar schon immer eine große Anziehungskraft auf mich aus, wirklich rein geschält in so ein Teil habe ich mich erst ein einziges Mal, woraufhin ich schnell und außerdem voreingenommen befand, ich sei einfach kein Patchworkmensch – zu groß die Assoziationen mit der Britney der 00er. Aber auch hier: Was kann an einem Hauch Spears schon so verkehrt sein. In Wahrheit habe ich ja geweint, als ich bemerkte, dass ich am Tage ihres nahenden Konzertes im August außer Lande sein würde.
Vielleicht macht der Algorithmus am Ende also doch Sinn. Womöglich muss ich mich nur ein wenig locker und vor allem mehr machen, was mein Innerstes mir rät, statt im Affekt mit den Augen zu rollen – aus Eitelkeit und wegen dieser schrägen Gedankenfäden, die einen manchmal überkommen, wenn man Dinge einfach mal anders macht als gewohnt. Ich bin nämlich durchaus Befürworterin der These, dass viele von uns dann ganz anders aussehen. Vielleicht schriller, lauter und bunter. Das wäre doch eigentlich ganz fabulös.
Jeansjacke:
Modern Trucker von 7 for all Mankind
Bluse: Vintage
Rock: Mango
Sandalen: Ganni
Noch ein letztes Wort zur Jacke, oder besser: Eine Frage! Wieso bin ich so lange nicht auf den Trichter gekommen, dass mein auf Pedanterie basierendes Problem mit blauen Jeanshosen in Kombination mit andersblauen Jeansjacken viel früher hätte gelöst werden können? Und zwar schon wieder mit Rosa? Weil ich eben auch manchmal geistig festhänge. An Gewohntem. Und zwar nicht nur in der Mode. Zeit für Veränderung, Freundinnen. Diesmal aber wirklich. Paris Hilton folge ich jetzt übrigens auch.
– In freundlicher Zusammenarbeit mit 7 for all Mankind –