Ich kenne das ja schon. Dass die katholische Kirche Dinge macht oder sagt, die eigentlich nur schlechte Menschen machen oder sagen würden, ganz objektiv betrachtet. Viele Gläubige schimpfen zwar über die kruden Regeln und Ansichten dieser kapitalistischen und zutiefst fragwürdigen Institution im Deckmantel der gottestreuen Schäfchen, große Fußstapfen hinterlässt die immer wieder aufkeimende Kritik aufgrund unterschiedlichster Schweinereien aber offenbar nicht. Es wird gefühlt sogar immer schlimmer.
Tausende Menschen pilgern Jahr für Jahr dorthin, wo Franziskus mit sanfter Stimme das Christentum erklärt, wo er Hoffnung versprüht, das ist mir schon klar, aber sie hören eben auch dabei zu, wie er die Welt mit homophoben und menschenrechtsverachtenden Gedanken vergiftet. So wie neulich wieder. Schon wieder! Drei Tage ist es jetzt her, dass der, der kommen sollte, um die Kirche zu reformieren („Ich möchte eine Kirche für die Armen!“), vor versammelter Christenmannschaft kundtat, eine richtige Familie dürfe nur aus Mann und Frau bestehen. Die Menschen sprächen heutzutage zwar von vielen Formen von Familien, sagte der Papst am Samstag der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge, aber: Die Familie als Ebenbild Gottes seien einzig Männlein und Weiblein. Ist das nicht wundervoll? Endlich sorgt mal wieder jemand dafür, dass wir uns nicht länger in Abartigkeiten verlaufen und zurück zu Orientierung gelangen. Zur einzig wahren: Der heteronormativen!
Da lacht sich die CDU gemeinsam mit der AfD jetzt sicher ins Fäustchen und auch Söder, der alte CSUler, denkt nun womöglich erst recht darüber nach, den gesamten Freistaat mit seinen Kreuzen zu pflastern, jeden Eingang eben, der potenziell ein Tor zur Sünde darstellen könnte. Obwohl – das war ja alles gar nicht so exkludierend gemeint, um Gottes Willen, hier geht es nicht um das Niedermachen anderer Kulturen und Religionen und Lebensweisen, sondern um Werte und Traditionen und um die konstante Erinnerungen an ebenjene! Warum das Symbol dieser Beschränktheit nicht einfach eine güldene Brezn geworden ist, verstehe ich dieser Tage immer mehr. So ein Kreuz hat Strahlkraft, ist aufgeladen mit Emotion und Fortschrittsverweigerung, es spricht für sich. Da muss man sich selbst viel weniger zum Esel machen. Das erledigt stellvetretend für alle anderen ohnehin der Papst, der eine Adoption von Kindern durch homsexuelle Partner überdies als „Diskriminierung“ ebenjener Kinder ablehnt. Ein netter Typ, der gerne Köpfe streichelt und Hände drückt. Aber, ich sagte es bereits, eben nur heterosexuelle.
Obwohl, stimmt ja gar nicht. Franziskus meint nämlich auch, man dürfe LGBTQs keinesfalls ausgrenzen, sondern vielmehr auf einen besseren Weg lotsen (er hat sogar schonmal einem echten Transsexuellen die Hand geschüttelt!), weil Jesus das heutzutage eben auch getan hätte. Dieser Menschenfreund! Therapiestunden und Teufelsaustreibungen hätte es womöglich gratis dazu gegeben, falls der Gute denn überhaupt je von seinem 20.000-Euro-Blutgeld-Klo runtergekommen wäre, wie damals Bischof Tebartz-van Elst, der sich für 31 Millionen eine ganze Residenz sanieren ließ. Es gab übrigens noch mehr zu bereden, zwischen Franziskus und der AnhängerInnenschaft: Abtreibungen. Schön war das, durch die Blume gesagt zu bekommen, ich sei eine Mörderin. Dabei dachte ich immer, er sei das. Oder wie sonst bezeichnet man jemanden, der einer ganzen Welt gern den Gebrauch von Kondomen und der Pille verbieten würde? Vielleicht auch einfach als weltfremd, das klingt versöhnlicher.
Aids? Selbst Schuld, denn – O-Ton – man müsse sich ja schließlich nicht vermehren wie die Karnickel. Drei Kinder pro Ehepaar seien ideal, auch auf den Philippinen, wo die Kirche vehement gegen eine Regierung ankämpf, die ihrerseits für ein Recht auf Geburtenkontrolle und die Verbreitung von Verhütungsmitteln ackert. Gut, man kann selbstredend nicht erwarten, dass der Papst weiß, dass Liebemachen auch ohne Befruchtung Freude bringen kann und sollte. Oder dass es Menschen gibt, die wenig oder keinen Zugang zu Bildung haben und deshalb blindlings nach den Worten von Geistlichen lechzen und dass genau das eben zuweilen mit einem Todesurteil gleichgesetzt werden kann, in dieser Welt, die eben kränkelt, in vielerlei Hinsicht. Aber einen Hauch von Hirn, den wünschte man sich zuweilen doch herbei. Stattdessen brettert der Papst weiter wie eine Abrissbirne durch jedes Recht auf Gesundheit und Selbstbestimmung, er tritt das Vermächtnis etlicher Frauenrechtlerinnen mit Füßen und setzt sogar Abtreibungen von schwerkranken Föten mit Programmen der Nationalsozialisten gleich: „Im vergangenen Jahrhundert war die ganze Welt schockiert davon, was die Nazis getan haben, um die Reinheit der Rasse sicherzustellen. Heute tun wir dasselbe, nur mit weißen Handschuhen.“ Auch das sagte der angeblich superliberale Ober-Hirte vor drei Tagen in aller Öffentlichkeit. Reicht jetzt auch, denkt ihr vielleicht. Aber nein, wo kämen wir denn da hin. Die Show war erst vorbei, als auch noch das Thema Untreue auf dem Tisch landete. Ein Moment der Rührung war das, als der Papst sämtliche Frauen lobte, die ihren fremdgehenden Männern vergeben: „Das ist Heiligkeit, die aus Liebe alles vergibt.“
Wenn man mich fragt, ist das alles einfach nur geistiger Wurstsalat, aus richtig viel ideologischer Scheiße gemacht. Und gäbe es diesen Jesus heute wirklich, er wäre längst ausgetreten aus diesem Club. Nein, ich bin nicht Papst, ich bin nicht katholisch, ich bin kein Mitglied dieser Kirche. Und ich habe auch keine Hoffnung mehr. Nur einen Wunsch: Dass es aufhört.