Ein Mal im Monat wollen wir euch mit unserer Rubrik Dear Diary ein wenig an unserem Alltag teilhaben lassen.
Was mich im Juni bisweilen so beschäftigt hat, was mich wirklich glücklich macht, welche materiellen Kleinigkeiten das Herz außerdem erwärmen und was ich noch unbedingt lernen will, lest ihr hier:
Mood:
Drei Wochen lang habe ich mich gefühlt, als hätte mir jemand eine Glasglocke über den Kopf gestülpt, ich war müde und träge und superfaul, kurz traurig und dann plötzlich wieder am Rande des Wahnsinns angelangt, aber im besten aller Sinne, vielleicht sogar ein wenig euphorisch, weil da auf einmal ein ganzes Leben vor meinen Füßen lag. Ein neues, in mancherlei Hinsicht. Schütte ich den Gefühlssalat des vergangenen Jahres nun also in eine große Schüssel, kommt dabei vor allem eines heraus: Freiheit. Oder besser: Erleichterung. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, sagt man doch. In meinem Fall kann ich da nur heftig nicken. Ansonsten dominiert bei mir gerade das folgende Trio Infernale: Aufregung, Neugierde. Gelassenheit. Nur meinen Hintern könnte ich noch einen Ticken häufiger hochkriegen. Wenn ich doch nur nicht so ein Murmeltier auf der konstanten Suche nach Gemütlichkeit wäre. Achso, und: Glückwunsch an mich selbst – zur Nicht-Hochzeit. Hätte ich auch nicht gedacht, dass ich diesen Satz eines Tages rotzfrech grinsend über meine Lippen bringen würde. Ist jetzt aber so.
Was mich gerade glücklich macht:
Das verrate ich diesmal nicht. Nicht alles jedenfalls, außer: Vieles! Vor allem diese lustigen, treuen, klugen, lieben Verrückten, die meine Freunde sind. Die Lio und mir im Regen Pizza bringen, die auf meinem Sofa einschlafen und einfach bis zum Frühstück bleiben, die Mixtapes mit der Post verschicken oder unbedingt in den Saurierpark wollen. Ich höre ja wirklich nicht selten Worte wie: „Mein Partner ist mir der wichtigste Mensch der Welt (abgesehen von den Kindern).“ Schön finde ich das, na klar. Aber Leute, Leute, es kann so viel passieren. Freunde und Freundinnen sollten doch zumindest immer genau so wichtig bleiben, nur auf eine andere Art und Weise vielleicht. Ich bin jedenfalls so dermaßen dankbar, dass ich manchmal denke, ich müsse platzen. Bloß sollte ich das ganz dringend viel häufiger genau denen sagen, die gemeint sind.
Was mich gerade super sauer macht:
- Die Katholische Kirche.
- Trump. Hierfür gibt es selbstredend hundert Gründe, ganz akut möchte ich ihm die Gurgel jedoch stellvertretend für alle Familien umdrehen, die aufgrund einer zutiefst unmenschlichen Flüchtlingspolitik voneinander getrennt wurden.
- Melania Trump feat. Zara. Als Melania dieser Tage von ihren Eltern getrennte Kinder an der texanischen Grenze besuchte, trug sie einen Parka mit der Aufschrift: „I really don’t care, do u?“ – Zum Kotzen.
Das habe ich mir vorgenommen:
Ich habs ja eigentlich schon gesagt: Weniger Faulsein. Mehr Ichsein. Schritt eins beinhaltet deshalb nicht nur, alte Platten neu zu sortieren und außerdem mal wieder zu kapieren, dass da draußen ganz sicher auch gute neue Musik lauert (ich bin so alt geworden, dass ich mich nicht erinnern kann im Jahr 2018 mein Musikrepertoire auch nur um eine einzige Band erweitert zu haben, schrecklich, das habe ich an Erwachsenen immer am meisten verteufelt). Außerdem: Endlich wieder mehr Konzerte. Auf Jon Hopkins freue ich mich besonders. Ist aber noch ewig hin.
Urlaubspläne?!
Ein ganz schlechtes Thema. So ganz grundsätzlich. Urlaubsplanungen und ich, wir ware ja noch nie die dicksten Freunde, aber meine diesjährige Sommerratlosigkeit übertrifft alles. Ich hatte nämlich längst einen Urlaub in petto, samt Bummelbus und Zelt, in Frankreich, und außerdem hundert andere Pläne. Blöd gelaufen, sag ich mal, denn: Es muss dringend umdisponiert werden. Bloß bleiben mir jetzt nur noch drei Wochen, bis es am 23. Juli eigentlich losgehen muss. Lio und ich schielen dieser Tage also besonders anerkennend zu Katja Hentschel und Atlas rüber – die beiden sind nämlich ein echtes Travel Power Team, während mir der Gedanke ans Solo-Reisen mit Kind noch ein wenig Muffensausen bereitet. Über jeden Tipp bin ich demnach sehr dankbar. Gibt es zum Beispiel besondere Hotels für Familien wie uns? Oder hat hier jemand Zugreise-Erfahrung? Lio kennt derzeit nämlich nur noch zwei Lebensziele: Entweder Orientexpress oder die Transsibirische Eisenbahn.
Interior-Inspiration:
Ein Thonet-Stuhl mit typischem Rohrgeflecht plus Orangenbäumchen, das ist so in etwa das Schönste, was ich mir gerade für mein Wohnzimmer denken kann.
Gegen eine Vase mit Möpsen hätte ich allerdings auch nichts einzuwenden. Weil mein neues Hobby allerdings ohnehin das Töpfern werden soll, uns zwar mit ein paar Freundinnen im Gepäck, landet dieses Projekt zunächst einmal auf meiner DIY-To-Do-Liste.
Von Bänken kann ich außerdem nicht genug bekommen. Zwar besitze ich schon längst eine aus Kork, aber sollte ich irgendwann einmal umziehen, müsste vielleicht eine zweite einziehen. Für all die wunderbaren Magazine, die ich stets vor der Alpapiertonne bewahren möchte. Und ein neues Kunstwerk, das würde mich auch sehr, sehr glücklich machen. Nur welches genau, das frage ich mich seit Jahren. Ein Gemälde von Conny Meier muss aber irgendwann ganz sicher her.
Das Allerwichtigste:
Lio Löwenherz, mein Ein und Alles. Im September wird der gar nicht mehr so kleine Rabauke vier, das muss man sich mal vorstellen. Ändert sich mein Leben, ändert sich jedes Mal auch seines, deshalb ist gerade erst recht nichts so wichtig wie tonnenweise Nestwärme, viel Quatschmachen und gemeinsame Erlebnisse. Dieses Platzen vor Stolz kennt womöglich jede Mama und auch jeder Papa, in letzter Zeit halte ich es aber kaum mehr aus. Es ist alles ein großes Voneinanderlernen. Und so kommt es, dass nicht nur ich versuche, Lio die Welt zu erklären, nein, das passiert inzwischen auch immer häufiger andersherum. Beim Klettern zum Beispiel, da ist Lio viel mutiger als ich und weiß genau, wo die Füße als nächstes landen müssen, um sicher oben anzukommen. „Du schaffst das, Mama, ich glaub‘ an dich!“ hat er neulich gesagt. Woraufhin ich heimlich eine kleine Träne verdrücken musste. Ja, zusammen schaffen wir alles.
Immer dabei:
Ich versuche gerade, mir wieder etwas mehr Zeit für mich allein zu nehmen, Auszeiten quasi, weshalb ich das Lesen nicht mehr bloß auf die Abend verschiebe, sondern versuche, kleine Buchpausen in den Alltag zu integrieren. Seither komme ich zum Beispiel eine halbe Stunde früher zum vereinbarten Pizza-Date, um noch ein paar Seiten unter dem Baum gegenüber des Restaurants zu wälzen. Derzeit immer dabei: Charles Baudelaire – schon wieder. Es mag an meinem Spatzenhirn liegen, meine Erinnerungen an die Essay-Sammlung „Haschisch und Wein“ ist jedenfalls schon jetzt, nach einem Jahr, so verblasst, dass mir jede Geschichte beinahe neu erscheint. Das Buch erzählt vom Rausch, den wir durch Musik erhalten können, durch Liebe, Wein oder Literatur:
„Wer Charles Baudelaire ausschließlich als Verfasser der dunkel-brillanten Gedichte aus «Die Blumen des Bösen» kennt, lässt sich ein wahres Lesevergnügen entgehen. In seinen geist- und pointenreichen Essays vergleicht Baudelaire die unterschiedlichen – und nicht gleichermaßen empfehlenswerten – Wirkungen von Wein und Haschisch, gibt jungen Schriftstellerkollegen Tipps zum Umgang mit Gläubigern, schildert seine Begeisterung nach der ersten Aufführung einer Wagner-Oper in Paris oder erteilt Ratschläge,
wie man das Glück in der Liebe finden kann. In dieser exklusiven Zusammenstellung in Neuübersetzung begegnet uns der feinsinnige Ästhet als ironischer Lebenskünstler, als hellsichtiger Literaturkritiker und als wortmächtiger Protagonist der Pariser Boheme.“
Neu auf meinem Nachttisch: Literatur und Poesie von Nikita Gill. Beides klingt hin und wieder zwar pathetisch, aber immer auch noch Wahrheit. Nach Stärke. Und der wilden Seele, die zum Glück in jeder von uns schlummert.
Das habe ich mir gegönnt:
Viel zu viel, das weiß ich schon, aber was soll ich sagen: Manchmal muss ein Fuchs tun, was ein Fuchs tun muss. In meinem Fall war es das Warten auf den unsagbaren Acne Studios Sale, der mir einen übergroßen Blazer, bzw. eine Jacke bescherte (hier in schwarz, am Ende habe ich mich aber doch für Eierschalenweiß entschieden), einen Gürtel samt Holzschnalle und außerdem ein Blumenkleid, das ich allerdings falsch herum tragen werde, nämlich mit der Knopfleiste vorn. Neue Unterwäsche habe ich mir auch gegönnt. Ein dunkelgrünes Hemd ist Schuld, dass sich die meisten meiner Schlüppis jetzt in einem tiefen Grau suhlen. Super.
Blazer und Kleid von Acne Studios // BH und Höschen von & other stories.
Das schaue ich gerade:
Grace and Frankie, ja wirklich. Diese leichte Kost mit Jane Fonda in der Hauptrolle tut meiner Seele gut, da gibt’s nichts dran zu rütteln. Abgesehen davon, dass ich mich exakt mit Frankie identifizieren kann, geht es in dieser Serie, die mir von einer lieben Freundin mit den Worten „Mach jetzt all das, Frankie macht!“ empfohlen wurde, vor allem darum, immer wieder aufzustehen:
Unbedingt ausprobieren:
Pasta mit Erdbeeren in Parmesan-Creme mit vielen, vielen Wildkräutern! Saulecker.
Reminder: