Ich habe panische Angst vor einer potentiellen Geburt durch meine Vagina. Und zwar so sehr, dass ich dem Universum schon allein beim Gedanken daran jedes Mal für meinen Notkaiserschnitt danke, getreu dem Motto: Glück im Unglück gehabt. Ich kann außerdem nicht fassen, dass ich Freundinnen habe, die genau das schon getan haben. Ein Kind auf natürliche Art und Weise zur Welt bringen, meine ich. In meinen Augen sind sie allesamt Amazonen und Heldinnen, ausgestattet mit einer Kraft, die ich niemals aufbringen könnte. Mit einem scheiß Mut. Dass ich selbst eines Tages also auf eine solche Erfahrung zurück blicken können würde, hielt ich bis vor Kurzem für ausgeschlossen. Ich scherzte sogar darüber, dass ich im Falle einer weiteren Schwangerschaft augenblicklich eine Psychotherapie beginnen müsse, wegen der Todesangst vor dem Ende der neun Monate. Und wegen des unüberwindbaren Übelkeitsgefühls, das ich in mir schon beim leisesten Gedanken an einen Dammriss breit machte. War aber gar kein Scherz, ich meinte das genau so.
Inzwischen ist es besser geworden und seit ich mir zumindest rein theoretisch vorstellen kann, irgendwann nochmal Mutter zu werden, taste ich mich langsam an dieses Thema heran, das selbst für mich persönlich lange als Tabu galt. Vielleicht bin ich deshalb so früh darüber, dass es Kate Vigos und ihr Projekt samt dazugehörigem Instagram Account Empowered Birth Project gibt. Als ich mir die Bilder und Videos der dort dokumentierten natürlichen Geburten zum ersten Mal anschaute, war da vor allem Unbehagen. Ich schaute trotzdem wieder und wieder hin, bis mir die Tränen eines Tages an den Wangen herunter liefen wie an einem Regenschirm. Ich begriff, dass das, was ich da sah, erstens machbar und zweitens sogar, wenn auch auf absurde Art und Weise, etwas Wunderbares war. Ich war berührt, irgendwo ganz tief in mir drin, und stolz auf jede einzelne Mutter, die sich dort zeigte. Nein, auf jede Frau, die sich dort noch immer zeigt, in dem vielleicht intimsten Augenblick ihres Lebens.
Denn das wir überhaupt dabei zusehen können, wie Geburten entmystifiziert statt zensiert werden, dass sie nicht nur Leben schenken, sondern auch zum Leben dazu gehören, ist keine Selbstverständlichkeit. Und außerdem nicht weniger als die Errungenschaft von Kate, der Krankenschwester aus Kalifornien, die einen langen Kampf mit Instagram für diese Freiheit führte. Ebenjenes Unternehmen, das bis heute der Auffassung ist, man müsse die Öffentlichkeit vor dem Anblick weiblicher Brustwarzen schützen, versuchte bis Anfang des Jahres außerdem, besagten 2014 ins Leben gerufenen Account durch das permanente Löschen von vermeintlich „unangebrachten Inhalten“ brach zu legen. Bis zur alles verändernden Change.org Petition mit dem Titel “Allow uncensored birth images on Instagram” Anfang diesen Jahres verstießen Fotos wie die dort gezeigten gegen die allgemein gültigen Richtlinien. Geburtsfotografie fiel bis dato also keineswegs in die Kategorie „educational material“ sondern gesellte sich munter zu „pornography, graphic violence, profanity“ und anderen Grüppchen, die Facebook & IG als zu provokant für das öffentliche Auge empfindet. Unvorstellbar in einer Welt, in der Waffenarsenale in etwa so stolz gepostet werden dürfen wie Maccarons. Und umso wichtiger, dass die Natur der Frau in all ihren Facetten und mit ihr nunmal auch das rohe Frausein Stück für Stück aus der Dunkelzone der Gesellschaft befreit und rein in das Bewusstsein geholt wird. Auch in jenes von uns Frauen selbst, die wir manchmal tatsächlich nur einen Funken bis überhaupt keine Vorstellung davon haben, was im eigenen Körper wirklich passiert, zu welchen Wundern er fähig ist. Ich will sagen: Danke. Obgleich ich weiterhin niemals darauf schwören würde, im Fall der Fälle nicht doch noch einen Kaiserschnitt einzufordern.