Black Girl Confessions // Meine weißen FreundInnen sind kein Safe Space für mich

23.10.2018 Gesellschaft, box2

Warum ist ein nicht-weißes Umfeld für People of Colour so ungemein wichtig? Eine Frage, der ich seit Jahren versuche auf den Grund zu gehen. Ein Thema, das sich seit meiner frühen Kindheit durch mein Leben zieht, mich umgibt und auch mein Mindset nachhaltig bestimmt hat. Ab dem Punkt, an dem dir deine Hautfarbe, deine Haare oder dein Aussehen wie ein Makel vorkommen, nicht nur wie ein Nachteil erscheinen, sondern wie etwas, das nicht dazugehört, fremd ist oder gar fehl am Platz, ist die eigene Sozialisation, das Aufwachsen im Kreise der Liebsten und die eigene Sicht auf die weiß geprägte eurozentrische Welt, in der man groß geworden ist, maßgebend für die Imbalance mit dem eigenen Aussehen. Dem eigenen Wohlbefinden.

Woher sollen die Vorbilder, die Idole kommen, mit denen man sich von klein auf identifizieren soll, wenn jeder Mensch in Fernsehen, Videospielen oder Büchern ganz anders aussieht als du und sich das eigene Spiegelbild grundsätzlich von implizierten Schönheitsidealen unterscheidet? Für schwarze Menschen und POC ist ein nicht weißes Umfeld von unheimlich großer Bedeutung.

Der Begriff sicherer Raum oder Safe Space bezieht sich auf Orte, die für Menschen kreiert wurden, die sich in der Gesellschaft, in der sie leben, als marginalisiert fühlen, um über ihre Erfahrungen mit Ausgrenzung ohne ein kritisches Hinterfragen einer nicht zugehörigen Teilgruppe zu kommunizieren. Kommunizierte Probleme treffen am häufigsten auf Universitätsgeländen in der westlichen Welt zu und können im Safe Space für TeilhaberInnen ganzheitlich sicher kommuniziert werden. Gemeint sind zum Beispiel Gruppierungen in Bildungsinstitutionen aber auch Arbeitskontexten und politischen Vereinen.

Wenn es in Kindertagen Vorbilder und Identifikationsfiguren sind, die das Selbstbewusstsein stärken und das Gesellschaftsbild zu einem inklusiverem und friedfertigerem Umfeld werden lassen, ist es heute viel mehr die Freundesfamilie, die dafür sorgen muss, eine rassistisch sozialisierte Welt, täglichen Umgang mit Diskriminierung und Ängsten, aber auch alltägliches wie Haarpflege oder Alltagserfahrungen auszutauschen und zu verarbeiten. Auch mit den ehrenvollsten Ansprüchen und den besten Bestrebungen kann dein weißer Freundeskreis all diese Dinge nicht Teilen. Nicht, weil sie nicht wollen. Sondern: Weil sie nicht können.

 

Ist man selbst von Rassismus und Diskriminierung betroffen, ist es keine Pflicht sich mit genannten Problematiken auseinanderzusetzen. Denn eines müssen wir festhalten: Sich der Kehrseite einer pseudo-heilen Welt zu widmen ist schmerzhaft, nervenraubend und unheimlich schwächend. 12 Years a Slave ist für mich mehr als ein Drama. Diskussionen über diskriminierende Karnevalskostüme mehr als ein persönliches Anliegen. Alltagsrassistische Übergriffe mehr als ein Thema auf der Agenda. Der Ausgang der Bundestagswahl 2017 mehr als eine Tragödie. Letzteres bedeutet akute Gefahr. Themen wie Karneval bedeuten potenzielle Grenzüberschreitungen, die mich persönlich betreffen. Mich persönlich beleidigen. Alltagssituationen, Job-Interviews oder Kneipenbesuche werden angespannt und bleiben es bis zur letzten Minute. Weil ich weiß, dass Menschen über meine Abstammung mutmaßen könnten. Mich anders lesen als die Besucher*innen oder die Bewerber*innen nach mir.

Die kritische Weißseinsforschung will die Weißen darauf aufmerksam machen, dass sie nicht einfach „Menschen“ sind, sondern weiße Menschen. Das heißt, sie sind nicht ausgenommen von der gesellschaftlichen Bestimmung durch ethnische Merkmale. Diese Bestimmung verschafft ihnen eine Sonderrolle. Dies zu leugnen, heißt, jene rassistischen Hierarchien fortzuschreiben, die sie für überholt annehmen

– Millay Hyatt in „Weißsein als Privileg“, Deutschlandfunk 2015

Niemand kann aus seiner Haut. Und wenn der Kopf begonnen hat, sich mit den Problematiken zu beschäftigen, auf denen die Säulen unserer Welt stehen, auf denen das westliche Kulturverständnis basiert und auf denen Racial Profiling, ein Pocahontas Film und Afroperrücken beruhen, kommt er nur schwer wieder heraus. Sofern man anfängt, sich mit Rassismus zu beschäftigen, beginnt dies bei Ursprüngen des Kolonialismus, rastet lange Zeit beim Deutschen Nationalsozialismus und verzweifelt letztendlich im Jetzt, weil es noch zu viel zu tun gibt. Weil es erscheint, als würde sich nie etwas so wirklich verändern. Als wäre für weiße Menschen Themen wie Political Correctness lachhaft und anstrengend. Als dürfte man M**renkopf noch sagen, weil es schon immer ok war. Weil ich entschieden habe meinen Körper, meine Arbeit zu politisieren. Weil es ja sonst keiner tut. Oder zumindest zu wenige.

Of Colour bedeutet, dass auch der linke, aufgeklärte Freundeskreis zuweilen eine potenzielle Bedrohung darstellt, sofern er nicht of Colour ist. Es besteht eine weiße Pflicht, für die einzustehen, die Rassimus erfahren und tagtäglich ertragen. Sie besteht dann, wenn jemand gerade keine Kraft hat über Rassismus zu sprechen. Sie besteht dann, wenn die Wahlergebnisse Gefahr bedeuten. Sie besteht dann, wenn jemand auf offener Straße die Haare der Freundin berühren möchte. Weil es unheimlich wichtig ist zu verstehen, dass es nicht ausreicht zu denken, dass alle Menschen gleich sind, und Rassismus nicht cool. Nicht nur, weil Anschuldigungen und Forderungen endlich von weißen Menschen kommen müssen, um gehört zu werden, sondern weil es für Menschen die nicht von Rassismus betroffen sind viel weniger schmerzhaft ist über ihn zu sprechen, ihn aufzudecken und zu thematisieren.

„In ihrem Ansatz, das Fundament dieses Eisbergs sichtbar machen zu wollen, setzt sich die kritische Weißseinsforschung von der Idee der „Farbenblindheit“ ab. In dieser auch in der Antirassismus-Bewegung weit verbreiteten Auffassung soll der Rassismus bekämpft werden, indem man ethnische Merkmale nicht thematisiert und alle Menschen so behandelt, als existierten solche Merkmale nicht. Um diese Idee in ihrer deutschen Spielart in groben Zügen nachzuvollziehen, muss einige Jahrhunderte weit ausgeholt werden.“

– Millay Hyatt in „Weißsein als Privileg“, Deutschlandfunk 2015

 

Meine weißen Freunde sind nicht mein Safe Space. Sie sind kein Safe Space, weil von ihnen eine potenzielle Gefahr des Unverständnisses ausgehen kann. Weil sie wohlwollend sind und liebevoll, aber trotzdem nicht nachvollziehen können, wie viel schmerzlicher die Welt sein kann für Menschen die nicht weiß sind. Und gleichzeitig erscheint es so, als wäre der Druck immens: Woke sein, proaktiv, laut, aufmerksam, solidarisch. Aber bedenkt, dass der Druck auf Menschen, die Rassismus eben selbst erfahren, auch so hoch sein kann, dass sie gar nicht erst aus ihrer Haut können, weil ihre Haut eben von weißen Menschen politisiert wurde, vor ganz langer Zeit bis heute. Bis jetzt. Es gibt keinen weißen Safe Space für People of Colour. Es gibt nur Freund*innen, die sich über alle Maßen bemühen müssen.

17 Kommentare

  1. Diane

    Danke für den mutigen und schlauen Artikel! Was du mir als weiße Frau jetzt noch deutlicher gemacht hast, ist der Schmerz, der jede xte Diskussion über Rassismus für dich begleitet. Dass das nicht einfach nur frustrierend ist, sondern bedrohlich. Und du deswegen einen safe space brauchst.

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  2. Gülay

    Ich habe einfach so viel Glück, dass sich wenige Menschen in meinem Umfeld befinden, die sich nicht mit Rassismus auseinandergesetzt haben und somit auch stets reflektierte Sprache verwenden. Aber ja, als ich auf der Hochzeit von Freunden meines PoC Freundes war, sah die Welt ganz anders aus und ich war mehrmals an einem Tag Rassismus ausgesetzt. Einmal auch direkt gegen mich gerichtet. Ich versuche Strategien zu finden, damit umzugehen und arbeite daran milde konfrontativ zu werden. Z.B. einfach direkt zu fragen: „Warum sagst du das? Warum denkst du das? Ich bin damit nicht einverstanden.“ Es ist mühseliger, den Shit bei mir zu lassen. Mühselig aber auch zu lernen, wie ich den Shit zurückgeben kann ohne noch mehr Aggression hervorzurufen. Manchmal ist es aber auch einfach zuviel und ich drehe mich um und gehe / besorge mir einen neuen Drink.

    Danke für den Artikel!

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  3. Anna

    Danke für deine Gedanken und auch dafür, dass du mich auf den Artikel von Millay Hyatt aufmerksam gemacht hast. Den fand ich sehr hilfreich.

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  4. Tanya

    Danke – ein ganz toller Beitrag! Erst gestern dachte ich mir „wäre es nicht toll in einem Land zu leben, indem alle Menschen die gleiche Hautfarbe hätten wie du“

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  5. Mani

    Das Problem bei „Safe Spaces“ ist doch, wer die Definitionsmacht über sie hat, wie das Merkmal der hiesigen Definition „ohne … eine nicht zugehörige Teilgruppe“ verdeutlicht. Wer bestimmt, wer marginalisiert ist und wer nicht, wer zur Teilgruppe gehört und wer nicht? Was das mit Freundschaft zu tun hat, erschließt sich mir nicht ganz. Ich wünsche mir von jeglicher Freundschaft (unabhängig davon, ob man einzelne Marginalisierungsmerkmale teilt oder nicht) ein kritisches Hinterfragen. Eine „potenzielle Gefahr des Unverständnisses“ dürfte es in allen Freundschaften geben, oder?

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    1. Fabienne Sand Artikelautorin

      Hey Mani, ich versuche in meinem Text genau das anzuprangern. Das freundschaftliche Selbstverständnis als sicherer Raum für marginalisierte Gruppen (Homosexuelle, POC, Menschen mit körperlichen Einschränkungen und und und) ist in sofern ein Problem, als dass nicht marginalisierte Personen innerhalb eines Freundeskreises gegenüber der marginalisierten Person/Teilgruppe nicht in der Lage sind, potenzielle Bedrohungen/Gefährdungen ganzheitlich nachzuvollziehen bzw. nachfühlen können wie schlimm es tatsächlich ist (besser kann ich es gerade nicht formulieren). Schlichtweg weil sie (wie auch immer dies auftreten mag) privilegiert sind – schlichtweg aufgrund der Tatsache, dass sie bestimmte Assets eben nicht teilen und wahrscheinlich nicht in naher Zukunft (oder nie) teilen werden. Auch ich wünsche mir von jeder Freundschaft ein kritisches Hinterfragen. Auf jeden Fall! Allerdings ist die „potenzielle Gefahr des Unverständnisses“ in Kontexten von Diskriminierung, Rassismus, oder Sexismus anders einzustufen als wenn es zB um die Meinung zu einem Film oder den kauf einer neuen Hose geht. Es ist viel verletzender und gefährlicher.
      Vielleicht ist dir das was ich meine nun etwas verständlicher? Liebst! xx

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  6. Rebecca

    Hmm, mich lässt das jetzt etwas ratlos zurück. Und da mir dein Artikel seit Tagen im Kopf herumschwirrt, schreib ich meine Ratlosigkeit mal auf.

    Dass ich als weiße Frau, die dazu auch noch hetero ist und somit in der öffentlichen Wahrnehmung als „normal“ (was mich würgen lässt, nur um das hier ganz klar zu sagen) gelte, auf gar keinen Fall dieselben Erfahrungen mache wie du und in einer priviligierteren Position bin, da bin ich ganz bei dir.

    Nur: Das heißt ja nicht, dass ich mir diesem Privileg nicht bewusst bin, dass ich trotzdem mit offenen Augen durch die Welt laufe und Rassismus wahrnehme und anprangere und dagegen vorgehe. Ganz, ganz sicher ist das immer noch eine ganz andere Erfahrung, als die, die du machst. Das ist mir 100%ig klar.

    Was mich aber ratlos zurücklässt, ist die Schlussfolgerung: Heißt das, wir könnten nicht befreundet sein? Und heißt das dann nicht auch, dass sämtliche Kommunikation zu dem Thema (du erzählst mir von deiner Lebensrealität, ich von meiner, wir versuchen gemeinsam gegen diese Arschgeigen vorzugehen) von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist, weil ich nicht auf dieselbe Art und Weise marginalisiert bin (als Frau bin ich das ja unabhängig von meiner Hautfarbe oder sexuellen Orientierung nämlich auch ständig) wie du? Macht es wirklich Sinn, die Kommunikation dazu aufzugeben? Einfach zu sagen: Die können es eh nicht verstehen, somit lasse ich es direkt?

    Das führt doch noch viel mehr zu einer Trennung, noch weniger zum gegenseitigen Verständnis, noch weniger zu einer anderen Welt, in der du dich mit so einem Mist nicht mehr herumschlagen musst.

    Oder ums es ganz ketzerisch zu sagen: Es liest sich ein bisschen wie: Weiße raffen es eh nicht, also lasse ich es ganz bleiben. Und das kann ja nicht die Lösung sein, oder?

    Ach, ich weiß nicht, ich glaube ja immer noch, dass Kommunikation zu mehr gegenseitigem Verständnis sorgt. Und umso mehr ich verstehe, dass nicht für jeden die Lebensrealität so aussieht wie für mich, umso mehr Mitgefühl habe ich, umso mehr möchte ich gegen solche Missstände vorgehen. Warum also dieses Ausschlussverfahren?

    (Und ich schreibe diesen Kommentar übrigens vor allem, um die Kommunikation weiter aufrecht zu erhalten 😉 )

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  7. Anna

    Ich habe den Text vor drei Tagen gelesen und seitdem tragen mich meine Gedanken immer wieder mal zurück. Wie meine Vorrednerin bin ich mir meines weissen Privilegs bewusst, bleibe aber mit derselben Frage zurück: Können wir denn nicht befreundet sein? Vor allem dieser Satz finde ich etwas erschreckend: „Of Colour bedeutet, dass auch der linke, aufgeklärte Freundeskreis zuweilen eine potenzielle Bedrohung darstellt, sofern er nicht of Colour ist“. Bedrohung? Eine potenzielle Gefahr des Unverständnisses ist doch bei allen Beziehungen vorhanden, und dass man nicht alles genau gleich nachvollziehen kan, gilt doch nicht nur für Menschen unterschiedlicher Hautfarbe. Denn Menschen haben nunmal eine unterschiedliche Herkunft, Erfahrungen und Erlebnisse, und werden unter Umständen deswegen diskriminiert, da sie sich in einer Minderheit befinden. Aber mir ist natürlich bewusst, dass man eine andere Hautfarbe nicht verstecken kann und den „Beurteilungen“ anderer zwangsläufig ausgesetzt ist. Nichtsdestotrotz finde ich es irgendwie traurig, dass du denkst, eine Freundschaft kann diese Unterschiede nicht überwinden. Demnach ist die Hautfarbe ein unüberwindbares Hindernis für eine „safe“ Freundschaft? Natürlich ist Rassismus nach wie vor präsent und jeder hat die Pflicht, sich zu engagieren und auch in Alltagssituationen zu reagieren, wenn man Rassismus begegnet, aber deinen Link zur Freundschaft kann ich irgendwie einfach nciht nachvollziehen, gerade auch weil ich in meinem engen Umfeld selber Menschen mit anderer Hautfarbe habe und das Gefühl habe, meine Freundschaft ist genau so eng, unterstützend und „safe“ wie zu meinen weissen Freundinnen. Was wäre denn die Lösung? Auf den Tag warten, an dem kein Rassismus mehr existiert? Sind solche Freundschaften nicht der beste Weg zur Veränderung, da sie Austausch und Verständnis fördern, so gut es nunmal geht?

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    1. Fabienne Sand Artikelautorin

      Liebe Anna, liebe Rebecca,
      Britta hat es für mich schon sehr gut zusammengefasst.
      Freundeskreise sind wohlwollend, Freundeskreise sind stets bestrebt sich gegenseitig zu unterstützen, haben Verständnis für einander. Ich rede im Text von einem linken Selbstverständnis. Gemeint is damit die Tatsache, dass man oft davon ausgehen kann, dass in Konstellationen mit weißen Freunden und POC eine Rassistische Weltsicht eher selten ist, sich die meisten gelegentlich kritisch auseinandersetzen und nachvollziehen wollen was weiße Privilegien sind aber alle rassistisch sozialisiert worden sind. Sich als Links zu verstehen und einen interkulturellen Freundeskreis zu haben enthebt einen weißen Menschen nicht aus seinem Gesellschaftlichen Narrativ und seiner Verantwortung. Anders als mit einem Freundeskreis der Rassismuserfahrungen 1:1 teilen kann, muss ich aus Selbstschutz davon ausgehen, dass auch die Menschen die mir am wohlgeseonnensten gegenüberstehen, das was mich beschäftigt und umtreibt nicht nachvollziehen können oder infrage stellen. Das ist insofern problematisch, als dass es auch sein kann mich in so einem VERMEINTLICHEN Safe Space (weil Freundschaft sich ja grundsätzlich so anfühlt) mit Formen von Diskriminierung und Unverständnis auseinandersetzen muss. Auch unbedachte Konfrontationen mit schwierigen Themen sind so ein Ding: „Hast du die Doku über Menschenzoos auf Arte geguckt“, ist für von Rassismus betroffene Menschen ein riesiger Trigger, das Thema potenziell schmerzhaft. Und das bei einer relativ beiläufigen Frage.
      Ich hinterfrage niemals die Möglichkeiten von Freundschaft und Kommunikation. Letzteres ist natürlich essenziell. Lediglich das sicherer Selbstverständnis und die Verantwortung, die ein weißer Freundeskreis gegenüber POC trägt.
      Ich hoffe es hilft dir/euch ein wenig weiter.
      Seid geherzt und danke für eure Fragen!

      Antworten
  8. britta

    In dem Text steht ja überhaupt gar nicht, dass man nicht befreundet sein kann. Der Titel lautet: Meine weißen FreundInnen sind kein Safe Space für mich. Definition Safe Space: siehe oben. Ein Safe Space ist ein Ort, an dem man Erfahrungen der Marginalisierung und Diskriminuerung teilen aber nicht erklären muss, weil die anderen Menschen diese Erfahrungen deshalb emotional und rational nachvollziehen können, weil sie sie schon selber (ähnlich) erlebt haben. Einfaches Beispiel / Frage an die weiblichen Leserinnen: spürt ihr einen Unterschied bzw fühlt es sich für euch gleich an, wenn ihr von einem sexuellen Übergriff / einer doofen Anmache/ beruflicher Benachteiligung ggü Männern berichtet, und diese Erfahrung mit a) euren Freundinnen oder b) Freunden und Freundinnen oder c) ausschliesslich männlichen Freunden teilt? Ich fühle mich sicherer, und habe weniger das Gefühl mich erklären zu müssen, wenn ich sowas in einer Gruppe Frauen erzähle. Weil sie in dem Moment mein safe space sind. Trotzdem bin ich auch mit Männern befreundet, und rede über solche Sachen mit ihnen, nur eben mit dem Wissen, dass sie diese Erfahrungen am Ende nicht genau so nachempfinden können, weil sie sie nie erlebt haben.

    Antworten
    1. Kiku

      Danke. Ebenso wollte ich das gerade mit einem Korsett / einer Behinderung erklären. Und obwohl ich die Erfahrung des Sich-Erklären-müssens, des eben nicht per se Sicheren Ortes (laut der Definition) diesbezüglich auch bei den tollsten FreundInnen leider kenne, empfinde sogar ich Trauer /Schock bei der „Trennung“ schwarz /weiß. Es zeigt wohl einfach nur, wieviel wir alle noch lernen müssen. Danke für den Text!!

      Antworten
  9. Carola

    Liebe Fabienne,
    Danke für diesen Beitrag. Ich muss aber ehrlich gestehen, auch etwas ratlos dazustehen. Ich bin selbst weiß, privilegiert, etc.. Als ich als Kind als Deutsche nach Österreich gezogen bin, habe ich allerdings gelernt tagtäglich mit Rassismus umzugehen. Mag man gar nicht glauben, aber Rassismus wartet leider in vielen Formen in den unterschiedlichsten Lebenslagen. Ich habe sehr darunter gelitten, habe versucht mit den Verursachern in einen Dialog zu treten und tatsächlich konnten sich daraus teilweise gute und wichtige Freundschaften entwickeln. Auch ich kann nichts für meine Herkunft (wobei mir klar ist, dass man sie mir nicht sofort ansieht) und werde dennoch tagtäglich damit konfrontiert.
    Ich frage mich nun, ob du glaubst, dass die „Flucht“ in sog. Safespaces für dich wirklich eine Lösung darstellt? Das führt in meinen Augen zu Abgrenzung und wiederum zu Ausgrenzung anderer. Glaubst du nicht, dass man damit Rassismus nur stärker macht? Selbstverständlich sind unsere Situationen unterschiedlich, aber ich glaube dennoch, mich mit ähnlichen Konflikten auseinander gesetzt zu haben. Daher bin, trotz allem, nicht der Meinung, dass Exklusion, egal in welche Richtung, die Lösung ist. Lieber gehe ich auf Menschen zu und behandle sie so, wie ich auch behandelt werden möchte.

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    1. Fabienne Sand Artikelautorin

      Liebe Carola,
      mir ist nicht ganz klar was genau du meinst. Von Rassimuserfahrungen kannst du ja aber kaum sprechen, sofern du dich selbst als weiß und privilegiert beschreibst? Was du sicherlich meinst sind Erfahrungen mit Diskriminierung von dir als junge Deutsche in Österreich – selbstverständlich nicht in Ordnung und zu diskreditieren aber nicht dasselbe wie Rassimuserfahrunen. Ich rede zudem NIE von einer Flucht in Safe Spaces. Sie sind allerdings wichtig um Erfahrungen mit einer Garantie für Verständnis dritter zu Teilen und das eigene Leid nicht infrage gestellt zu sehen.
      In den Dialog treten ist für von Rassismus betroffene Menschen belastend und anstrengend. NIEMAND der Erfahrungen mit Rassismus macht ist gezwungen darüber zu sprechen, sich damit wiederholt auseinander zu setzen. Ein sehr großer Irrglaube. Es bleibt immer eine sehr persönliche und deswegen grundsätzlich riskante Entscheidung.
      Etwas was ebenfalls zu bedenken ist, sofern eine POC sich im engeren Freundeskreis befindet. Exklusivität ist unfassbar wichtig für die Menschen, die befreit von Vorurteilen und Unverständnis über ihrer Erfahrungen als POC in einem weißen Land sprechen wollen. Schließlich gibt es genug Orte die Exklusiv weiß sind/in denen sie sich nicht willkommen fühlen.

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  10. Pingback: Cherry Picks #35 - amazed

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