Rassismus-Debatte // Wir haben ein „Wir haben es nicht so gemeint“-Problem

13.12.2018 Leben, Gesellschaft, box2

Rassismus in Deutschland? Gibt es und daran lässt sich auch nicht rütteln. Das Schlimme aber: Auf ein Happy End können wir wohl noch lange warten. Auf der einen Seite sehen wir da beleidigte AfD-Demonstrant*Innen, die auf Gedeih und Verderb nichts mit rechtem Gedankengut zu tun haben wollen, auf der anderen Seite treffen wir immer wieder auf beleidigte Talkshow Master die den Wirbel um Blackfacing in ihrer Sendung nicht verstehen wollen (Verstehen sie Spaß, 2016). Von hinten melden sich wütende Jecken, die alle brav SPD gewählt haben wollen, aber auf den Esk**o-Aufzug beim Karneval nicht verzichten wollen und nebenbei deckt sich der geschmackvolle Silver Surfer von nebenan mit Tieck Möbeln im vom Schöner Wohnen umworbenen Kolonialstil ein.

Rassismus, rechte Hetze und Postkolonialismus? Kann nicht sein. Schließlich geht es doch immer noch um den Spaß an der Freud‘, um falsche Meinungsmache und um dazugedichtete Fakten – aber wer spricht denn hier bitte von Rassismus und Fremdenhass? Na, na, also ehrlich! Wer will denn gleich den Teufel an die Wand malen?

Warum aber fällt es so vielen weißen Menschen so schwer, den rassistisch sozialisierten Part ihres Daseins zu entlarven und warum ist es für mich im Gegenzug ein Kinderspiel? Haben es am Ende etwa alle gar nicht so gemeint?

Es ist wahr: Zeitgeist erregt den Anschein, als bewegten sich Menschen auf dünnem Eis, die sich bis heute noch nicht mit Rassismen im Kontext mit der Welt, in der wir leben, auseinandergesetzt zu haben. Jener Mensch sieht sich mit Restriktionen und Auflagen konfrontiert. Weder darf er noch sagen, was er will, noch tragen, was er will und im falschen Moment nicht ein Mal fragen, was er will, denn die Barrikaden sind allesamt aufgebaut und die wütende Linke steht schon in den Startlöchern.

„Man wird ja wohl noch… .“

Und wenn man es dann gesagt, gemacht, gefragt hat, prangert es einem ganz eklig und braun oben an der Stirn: Das ist rassistisch, du bist ein Nazi und deine Meinung ist rechts. Was dann passiert ist spannend: Am Ende stehen sich viele wütende Seiten gegenüber. Eine idealistische, humanistische Seite, die mit Leibeskräften versucht, vieles richtig zu machen und noch mehr Menschen dabei zu helfen will, es ihnen gleichzutun.

[typedjs]Jener Mensch sieht sich mit Restriktionen und Auflagen konfrontiert. Weder darf er noch sagen, was er will, noch tragen, was er will und im falschen Moment nicht ein Mal fragen, was er will. [/typedjs]

Und auf der anderen Seite winkt eine beschuldigte linke Mitte, die den „In**anischen Aufzug“ und das Sofa im Kolonialstil, sowie das N-Wort im Kanye Song gar nicht so gemeint hat. Rassismus? Das kann nicht sein, das wollte ich gar nicht. Und da sind wir dann. Bei dem Problem mit dem linken Selbstverständnis, mit dem sich nicht nur noch mein eigener Freundeskreis auseinandersetzt. Auch weiß dominierte Räume und politisch linke Institutionen, die mit dem Rassismus Vorwurf nichts zu tun haben wollen (und sollen) sind betroffen und, traurig aber wahr, potenzielle Täter*innen, sofern sie die eigene rassistische Sozialisation nicht reflektiert und verstanden haben. Am Ende wird es wichtig, sich endlich als potenzielle Schuldige zu inszenieren statt als der weiße, tapfere Ritter, der brav in Afrika einen Brunnen gebaut hat.

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Rassismus, das ist kein Konstrukt von meinen oder nicht so meinen. Keins von „Wenn ich kein* Rassist*in bin, können auch meine Aussagen nicht die eines/einer solchen sein“. Rassismus, das schlummert in mir und in dir. Das sind Schönheitsideale, die mir verkauft werden, Stereotypen mit denen mich Medien bombardieren. Während meine weißen Freunde nicht mein Safe Space sind, ist es genau so wenig ein pseudo-linkes Festival, auf dem alle mit ethnisch nachempfundenem Schmuck herumlaufen. Seit kurzem steht das Happiness Festival in der Kritik, weil es sich in ihrer CI und in ihrer Kommunikation Symbolen anderer Kulturen bedient, diese ikonografisch inszeniert, von rassistischen Strukturen aber auch in ihrer Kohorte noch nie etwas gehört haben will. Ihr Lieben, ihr könnt noch sie viel veganes Pakora in Lärz verspeist haben, die Tatsache, dass ihr ein Warbonnet dabei tragt und das Gemüse ein Weißer frittiert hat, machen euch zumindest teilschuldig. Und bis ihr das nicht verstanden und reflektiert behandelt habt, bleibt ihr es auch. Leider.

 

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„Liebe Happianer,

leider geht es uns heute nicht wie gewohnt nur um euch, sondern ausnahmsweise mal um euren Namen. Denn wie wir gestern festgestellt haben, wurde vor Kurzem eine Petition gegen kulturelle Aneignung und Rassismus auf dem Happiness Festival eröffnet. Dies hat uns schwer getroffen, da wir mit unseren privaten wie öffentlichen Äußerungen, unterstützten Organisationen und Bookings schon immer ein Zeichen gegen rechte Hetze, Diskriminierung und Rassismus gesetzt haben und dies auch weiterhin unbeirrt tun werden. Wir wollten mit unserem neuen CI keineswegs indigene Bevölkerungsgruppen, ihre Kulturgeschichte, Traditionen oder andere kulturelle Merkmale missbrauchen, verklären oder umdeuten. 
Als Happianer bezeichnen wir euch und uns nun schon seit Jahren, weil wir gemeinsam eine wunderbare Gruppe glücklicher Menschen sind. Wir lachen, tanzen, zelten, feiern dabei gerne zusammen und einige verkleiden, schminken und brezeln sich so richtig für unser aller Happiness auf. Dieses Lebensgefühl sollte unser neues Design eigentlich aussagen. Darum sind wir auch traurig und bestürzt darüber, dass wir mit dieser Assoziationskette unbeabsichtigt einen Interpretationsspielraum geschaffen haben, der eine negative Auslegung unseres Bestrebens zulässt. Das Happiness verstehen wir als weltoffenes, buntes Festival, auf dem jeder Mensch jedes Kulturkreises, gleich welcher Hautfarbe, Religion und geschlechtlichen Ausrichtung herzlich willkommen ist. Denn eigentlich wollen wir doch alle zusammen happy und darum auch Happianer sein. Wie wer dabei aussieht, sich anzieht oder woher er kommt, spielt dabei für uns absolut keine Rolle. Deswegen hat Diskriminierung, Ignoranz und Rassismus auch keinen Platz. Darum wollen wir noch einmal klarstellen, dass ein echter Happianer – sowie unsere Besucher – abertausend Gesichter haben und aus allen Teilen dieser Welt stammen kann.“

Nun, warum besteht noch immer die Angst, Rassismus zu labeln und wie können wir genau das eindämmen? Wie können wir gemeinsam zu einem gängigen Habitus beitragen, Rassismus klar und deutlich zu benennen, sodass unser Gegenüber einräumt: Das habe ich nicht gewusst, ich habe es nicht gewollt, ich werde das nächste Mal darauf achten. Denn sich nicht auszukennen im Feld Rassismus & Co. ist zwar tragisch, aber definitiv kein Verbrechen per se. Sich genau dieses „Fehlverhalten“ einzugestehen, sich zu entschuldigen allerdings, das wäre ein richtiger Schritt und ein Zeichen von Größe und Demut. Die Angst vor dem Label rechts,

rassistisch und post-kolonialistisch sind ein eindeutiges Bildungsproblem. Zum Glück reden wir zumindest gelegentlich über das dritte Reich und Skinheads auf den Straßen, doch wann reflektieren wir, wie rechts unser jetzt ist? Privat aber auch in Schule und im Studium? Solange politische Bildung und antirassistische Arbeit reine Eigenleistung bleibt, stochern wir im Dunkeln. Denn so lange die eigene rassistische Sozialisation nicht erkannt, nicht reflektiert wurde, haben es alle nicht so gemeint. Aber, und das ist Fakt: Es nicht so zu meinen ist, bei aller Liebe, noch nie eine Entschuldigung gewesen.

 

20 Kommentare

  1. Rebecca

    Sehr schade, wie hier Nazi-Aufmarsch, Kolonialstil und ein Festival mal so eben über einen Kamm geschert wird (auch wenn ich dir recht gebe, dass das alles rassistisch ist, es gibt da aber schon ein paar Unterschiede). Sehr schade, dass du anscheinend jeden und jede Weiße für einen/eine Rassisten/in hältst und gar nicht auf die Idee kommst, dass es Menschen gibt, die sich sehr wohl damit auseinandersetzen.

    Vor allem bei Sätzen wie „Am Ende wird es wichtig, sich endlich als potenzielle Schuldige zu inszenieren…“ bin ich einfach raus. Sorry. Das ist so ein generalisiertes Urteil, da geh ich nicht mit.

    Ich verstehe, dass du stinksauer bist, man liest es zumindest aus jedem deiner Worte heraus, aber ob das so eine konstruktive Kommunikation in Gang bringt? Ich bezweifel es.

    Nicht jeder Weißer ist dein Feind.

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    1. Saskia Josefine

      Liebe Rebecca,
      Ich verstehe das es bei dir ein Unwohlsein verursacht sich über einen Kamm geschert zu fühlen. Ich verstehe dass es dir unangenehm ist ein Festival mit einer Nazi-Versammlung verglichen zu sehen. Doch ich würde dir gern wiedersprechen, dass diese Kritik unkonstruktiv ist. Wir leben in einem rassistischen system. Von klein auf lernen wir rassistische Denkweisen ohne sie als solche zu erkennen. Wir lernen das die bösen weißen gibt (Nazis) und die guten Weißen (uns). Wir lernen das es gut ist „keine Farbe zu sehen“ und negieren dabei durch colour-blind-racism die Erfahrungen von poc. Ich finde es super wichtig das jedes rassistisches handeln als solches benannt wird. Gerade innerhalb linker Kreise. Es geht um die spezifische Handlung und macht dich nicht zur bösen Rasistin, sondern es gibt eben dir Möglichkeit dich mit dem gelernten Rassismus auseinanderzu setzen. Was könnte konstruktiver und produktiver sein. Es ist wohltuend sich als die gute weiße Person zu sehen, aber es ist wichtig diese Komfortzone auch zu verlassen.

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      1. Rebecca

        Jetzt guck dir doch mal meinen Kommentar noch mal an. Nirgendwo spreche ich mich dagegen aus, dass das Thema nicht wichtig ist. Ganz im Gegenteil, ich gebe Fabienne doch sogar recht, dass alles was sie aufzählt rassistisch ist und GAR NICHT geht.
        (Aktuelles Beispiel kann man gerade in der Volksbühne in Berlin bewundern, wo sich ein Stasi-Offizier ohne Sinn und Verstand einen Warbonnet überstreift. Aber so lange Leander Haußmann ganz im Castorfschen Sinne die Volksbühne wieder zum Leben erweckt, da darf man das alles nicht so eng sehen und ey, die paar zotigen Frauenwitze sind doch nun auch nicht so schlimm. Und ja, dass war genau das linke, intellektuelle Publikum, dass die deutsche Kulturszene beherrscht. Unfassbar.)

        Mir geht es um die Art, wie dieses Thema besprochen wird. Denn ich finde es sehr wohl unkonstruktiv, alle Weißen in einen Topf zu werfen, von wegen ihr rafft es eh nicht, ob ihr wollt oder nicht, Rassisten seid ihr sowieso. Damit verprellt man nämlich so einige. Sieht man ja auch an anderen Kommentaren hier, wo es den Schreibenden ähnlich ging. Ich verstehe und respektiere die Wut. Wirklich. Die soll und muss auch raus. Aber es wird auf Dauer nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung führen. Denn es gibt sehr wohl Leute, die es kapieren, die sich kritisch mit der Welt in der sie leben (die natürlich rassistisch ist) auseinandersetzen. Bringt nix die Leute mit all den Arschgeigen in einen Topf zu werfen.

        Und ja, es ist ein Unterschied, ob ich Flüchtlinge „klatschen“ gehe oder einfach nur gedankenlos – und ja trotzdem rassistisch – indigene Symbole für mein Festival verwende. Für die Gedankenlosen gibt es nämlich sehr wohl Hoffnung, aber man muss ihnen vielleicht erklären, warum das rassistisch ist, was sie da veranstalten. Das ist anstrengend, das ist frustrierend, das ist „wie können die das nicht raffen???“ Wie gesagt, ich verstehe die Wut.
        Deswegen sage ich ja auch klar, dass es vor allem die Weißen, die es kapiert haben, sein sollten, die genau auf solches rassistisches Fehlverhalten aufmerksam machen. Das darf nicht die Aufgabe von PoC sein. Wir haben das Problem verursacht, wir müssen es lösen und uns dafür einsetzen.
        Es hilft aber auch nicht, die „Gedankenlosen“ sofort mit Wut zu überschütten und mit AfD-Wählern in einen Topf zu werfen. So frustrierend diese Gedankenlosigkeit auch sein mag.

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  2. Sara

    „Am Ende wird es wichtig, sich endlich als potenzielle Schuldige zu inszenieren statt als der weiße, tapfere Ritter, der brav in Afrika einen Brunnen gebaut hat.“

    Ich respektiere und toleriere deine Wut, ich verstehe sie auch. Aber ich z.B. (und ich kann mich dabei nur auf mich selbst beziehen), inszeniere mich nicht „als tapfere Ritterin, die brav in Afrika einen Brunnen gebaut hat.“ 1. Verstehe ich mich nicht als RETTERIN (das möchtest du mit Ritterin ja sicherlich symbolisieren) von irgendwem, was bedeutet, dass ich mich auch nicht über andere Menschen stelle und mich für „höherwertig“ ansehe, 2. möchte ich aus voller Überzeugung sagen, dass ich Menschen nicht anhand ihrer Hautfarbe unterscheide oder über sie urteile.
    Ist das jetzt rassistisch, wenn ich sage, dass ich mich über diesen Satz ärgere? Nicht jede*r Weiße*r ist der Meinung mit einem gebauten Brunnen in einem afrikanischen Land etwas Gutes zu tun und zu meinen, so einfach ist das im Leben. Muss ich mir also solche Aussagen gefallen lassen? Und klar fühle ich mich angesprochen, denn ich bin ein weißer Mensch.

    Ich verstehe, was du sagst. Du sagst, dass auch Menschen, die von sich behaupten nicht rassistisch zu sein, dennoch rassistisch sein können, weil ihnen das manchmal vielleicht gar nicht bewusst ist bzw. weil sie nicht genug tun um sich dessen bewusst zu sein.

    Manchmal frage ich mich trotzdem, WIE ich mich dann eigentlich verhalten soll, um alles richtig zu machen? Ich stelle mir dabei dann die Frage, ob man dann als Weiße richtig handelt, wenn man eine Art „Erbschuld“ auf sich nimmt und bereits das Weiß-sein (für das ich nichts kann, ich wurde so geboren) der Fehler selbst ist und ich gar nichts gut machen kann? Verstehst du was ich meine? Platt gesagt heißt es: „du bist weiß und das ist schon scheiße genug, sieh dir nur an, was Weiße in der Welt anrichten und angerichtet haben.“ Was kann ich tun?

    Wie z.B. soll ich reagieren, wenn mich in New York im Supermarkt eine Dame anspricht (die mitbekommen hat, wie ich deutsch spreche) und mich fragt ob ich ein Problem mit ihr hätte, denn sie sei Jüdin? So erlebt, mit Anfang 20. Da biste erstmal baff. Was soll man da antworten? Klar wollte sie mit ihrer Frage provozieren. Klar wollte sie die Verbindung Deutschland-Hitler-Judenhass herstellen. In diesem Moment eine Grundsatzdiskussion zu starten, würde vielleicht keinen Sinn ergeben.

    Wie z.B. soll ich reagieren wenn ich in Atlanta in einem mexikanischen Fast-Food-Laden gefüllte Tortillas bestelle, die beiden WOC-Bedienungen mit Südstaatenakzent mich fragen ob ich weißen oder braunen Reis dazu möchte, ich „white rice, please“ antworte und sie dann anfangen rumzukichern und zu tuscheln. Das kann jetzt von mir eine völlig falsche Interpretation der Situation gewesen sein, vielleicht haben sie über was ganz anderes gelacht.
    Aber man erlebt manchmal Situationen, in denen man nicht weiß, was man falsch gemacht hat, auch wenn man absolut bereit ist zu reflektieren, kritisch sein eigenes Verhalten zu hinterfragen.
    Manchmal frage ich mich wirklich: was kann ich überhaupt (richtig) machen? Um das ganz klar festzustellen: ich will mich nicht als Opfer darstellen. Ich möchte einfach wissen, was ich tun kann.

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    1. Leonie

      Ich teile Saras Besorgnis darüber, beim Versuch Rassismus zu benennen in eine ebenso pauschale „weiß und schuldig“-Richtung abzudriften (die geforderte differenzierte Betrachtungsweise gilt doch für alle oder?)… und auch ich habe mir beim Lesen klarere Handlungsideen gewünscht.
      Ich bin interessiert, ich bin bereit, über meine rassistische Sozialisation zu reflektieren und an meinem Denken und Handeln zu arbeiten! So plump es klingt: Manchmal find ich es aber sehr schwer, einzuschätzen, was als rassistisch gewertet wird und was nicht.
      Beim Happiness prangert die Petition „kulturelle Aneignung“ an, was ich im Kontext der gezielten Kostümierung mit indigenen Symbolen für ein Festival sehr gut nachvollziehen kann.
      Aber wo ist die Grenze?
      Darf ich mich für fremde Kulturen interessieren, aber nur im Sinne von „anschauen“? Was ist mit dem Verkauf kultureller Gegenstände, Klamotten, Möbel,…?
      Darf ich den von indigenen Völkern in Amerika gekauften Traumfänger guten Gewissens über mein Bett hängen?
      Ist der fair gehandelte Kelim aus Marokko auch Kultur, die ich nicht erwerben darf? Und fällt das Fußkettchen aus Thailand unter „ethnisch nachempfundener Schmuck“?
      Darf ich mir Kultur „aneignen“, wenn ich auswandere? Oder bleibe ich zwangsweise Teil der Kultur, in die ich geboren wurde?
      Ich würd das wirklich gern besser verstehen und würde mich freuen, wenn du das in deinen nächsten Artikeln ein bisschen differenzierst , Fabienne.
      Merci

      Antworten
    2. Dami

      ich muss leider sagen, dass sich deine angeführten beispiele für mich doch ziemlich nach opfer-rolle anhören, sorry dafür. klar wird man im ausland hin und wieder auf hitler und antisemitismus angesprochen und klar, ist das scheiße. man muss sich aber auch nicht jeden schuh anziehen, finde ich. ich kann ganz gut differenzieren, ob sich die diskussion jetzt lohnt oder nicht.
      gleiches gilt auch umgekehrt. wenn ich zb von einer verrückten oma in der bahn angeschrien werde, dass ich hier hergekommen bin und „wir“ alles in den arsch geschoben kriege, ist das natürlich völliger quatsch, aber nichts, was ich mir großartig zu herzen nehme.
      viel mehr nervt mich dann der rassismus von menschen, die ja gar keine rassisten sind. die kreativ-öko angehauchte bürgerliche mitte, die thailand voll super findet und arme menschen in *3. welt land einsetzen* super nett und so fröhlich. weil diese menschen es eben besser wissen sollten und an sich ja auch den anspruch haben, es besser zu wissen.
      natürlich sind hipsterfestival besucher, die federn auf dem kopf tragen, keine nazis. man kann es aber trotzdem über griffig und falsch finden, wenn man ständig gefragt wird, woher man kommt und ob man schweinefleisch isst oder wenn unsere kollegin beim nebenjob im club von wildfremden menschen umarmt wird, die „auch mal in afrika waren!“
      es ist halt auch leicht für leute zu sagen, dass sie nichts gegen ausländer / migranten haben, wenn sie auch völlig ohne berührungspunkte auskommen. wie viele menschen mit migrationshintergrund hast du in deinem freundeskreis, wenn du sagst, dass du multi-kulti voll toll findest, aber „halt nicht auf schwarze stehst?“
      ich kann dir jetzt nicht beantworten, was die do’s und don’ts sind, um nicht rassistisch zu agieren, denn vieles finde ich selbstverständlich und wenn du nicht negativ eingestimmt drüber nachdenken würdest, würde dir das sicherlich genauso gehen.
      achja – wenn du brunnen, schulen oder wasauchimmer in afrika bauen möchtest, spende doch einfach das geld und lass die leute selber bauen, glaube die können das da auch.

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      1. Leonie

        „vieles finde ich selbstverständlich und wenn du nicht negativ eingestimmt darüber nachdenken würdest, würde dir das sicherlich genauso gehen“
        Bitte WAS? Was genau soll man denn mit so einem Satz anfangen??
        Wenn ich Fabienne richtig verstanden habe, geht es ihr auch darum, dass diese Selbstverständlichkeit bei vielen nicht oder nur zum Schein vorhanden ist. Die kommen doch kein Stück weiter mit der Aussage, dass das bloße Einstellungssache ist! Schalter an und dann ist alles ganz selbstverständlich?
        Ich glaube, die Ursachen hier liegen tiefer…

        Antworten
        1. Dami

          Gut, wenn du’s nicht verstehst oder diese Selbstverständlichkeit, wie man Leute, nicht rassistisch behandelt, nicht hast, dann hier eben ein paar Tipps: behandel PoC oder Menschen mit migrationshintergrund doch einfach mal GENAUSO wie alle anderen auch. Thematisiere keine Herkünfte oder familiäre Umstände, die du nicht genau kennst; fass Leute nicht ungefragt an; erzähl nicht ungefragt, dass du mal in Land XY warst, nur weil du davon ausgehst, dass der andere daher kommt; zieh keine traditionellen Gewänder oder Accessoires an, die aus unterdrückten Kulturen stammen; Hebe dich nicht auf ein Podest, weil du dich mal mit Armut auf der anderen Seite der Welt beschäftigt hast und Vorallem: sprich mit Menschen!! – lern Leute kenne und erweitere deinen Horizont, dadurch lernst du auch was ok ist und was eben nicht.

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  3. Chris

    Ich habe bislang jeden deiner Beiträge hier mit großem Interesse gelesen und auch gerne diskutiert. Hier steige ich aber langsam aus. Mit ist klar, warum du sehr drastische stark differenzierende Bilder hier inszenierst, aber so langsam verdichtet sich hier alles zu einem krassen schwarzweißen und hermetisch in sich abgeschlossenen Weltbild, ohne Grautöne, ohne Abstufungen dafür mit Scheuklappen gegenüber allen anderen Minderheiten, sofern diese weiß und damit deiner Ansicht nach automatisch auf der Gewinnerseite sind. Links, die du einbettest, und denen ich gerne folge, um zu sehen worauf deine Beiträge aufbauen, bestätigen und untermauern stets nur deine Thesen, was natürlich Sinn und Zweck ist, aber in mir ensteht da der Eindruck, dass eine solche starke selbstreferentielle und engstirnige Haltung im Grunde kaum Unterscheide aufweist zu solchen Menschen, die du vielleicht bei einer Demo auf der Gegenseite wähnst.

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  4. Sarah

    Anhand der Kommentare die allem Anschein nach mehrheitlich von weißen Personen geschrieben worden sind, wird gerade nochmal verdeutlicht, wie wichtig dein Beitrag und deine Kolumne sind! Da für danke ich dir! Man merkt, du triffst da etwas, womit sich die von dir angesprochene Zielgruppe noch nicht beschäftigt hat und das löst Schmerz aus und führt dann zu Aussagen wie „ich beurteile Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe“, aber wie ich dich verstanden habe, willst du genau darauf hinaus: wir alle wurden in einer rassistischen Gesellschaft sozialisiert und es ist die Aufgabe ALLER dies kritisch zu hinterfragen. Also nochmal Chapeau, dass du dieses Wissen in Räume bringst, wo Menschen möglicherweise zum ersten Mal damit konfrontiert werden. Ich weiß wie schwierig das manchmal sein kann.
    An alle anderen: Lasst das Gelesene vielleicht erstmal sinken. Das ist kein Angriff auf alle Weißen, sondern das Aufzeigen rassistischer Strukturen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft, von der wir alle betroffen sind, ob nun positiv oder negativ!

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  5. Ziri

    Hui, ich verstehe die Aufregung gar nicht. Als ich den Text gelesen habe, war da nicht wirklich was Neues für mich dabei. Viele weiße Deutsche sind rassistisch, wenn vielleicht auch nicht mit Absicht, weil Rassismus nun mal strukturell und in der Gesellschaft tief verankert ist. Es mag einem vielleicht so vorkommen, als wäre dieses starke Interesse an der Herkunft anderer Personen harmlos. Aber da muss ich dann einfach selbst erkennen, dass mein eigenes Interesse gar nicht so wichtig ist. Oder dass Federn in meinem Haar oder Cornrows da nix zu suchen haben, wenn ich keine persönliche Verbindung dazu habe. Ich sehe mich als weiße Deutsche in der Pflicht mich da selbst zu bilden, zu lesen und zu reflektieren. Das ist dann manchmal eben auch unangenehm. Mir ist nicht klar, warum so viele von der Autorin fordern, dass sie ihnen die Beispiele für nicht rassistisches Verhalten vorkauen soll. Ich kann da nur Noah Sows „Deutschland Schwarz Weiß“ empfehlen, das mir sehr die Augen geöffnet hat und hier bestimmt schon mal erwähnt wurde. Als nächstes steht bei mir z.B. noch Why I’m No Longer Talking to White People About Race von Reni Eddo-Lodge auf der Leseliste.

    An die Autorin: Meintest du eigentlich Neo-Kolonialismus? Unter Post-Kolonialismus verstehe ich was anderes (siehe hier: https://www.springer.com/de/book/9783531175775).

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    1. Ani

      „Why I’m No Longer Talking to White People About Race“ war für mich ein totaler Augenöffner. Viel Spaß beim lesen, ich kann es dir (und vielen anderen hier) nur empfehlen!

      Was sich zum Text noch sagen möchte: Ich bin weiß. Ich fühle mich weder angegriffen, noch habe ich das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen. Mich hat das Geschriebene erreicht und ich werde noch eine Weile darüber nachdenken. Weiter so!

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    2. Leonie

      Ich rege mich nicht auf, ich fühle mich nicht angegriffen und ich möchte mein Verhalten auch nicht rechtfertigen. Der Artikel hat mir aufgezeigt, dass ich noch viel zu lernen habe und mir eingestehen muss, nicht so politisch korrekt zu sein wie ich gern würde.
      Wenn ich die Autorin also bitte, noch mehr auszuformulieren, dann nicht, um es mir bequem zu machen oder um sie danach zu entkräften. Die Autorin schreibt von einem „Bildungsproblem“ und „Solange politische Bildung und antirassistische Arbeit reine Eigenleistung bleibt, stochern wir im Dunkeln.“ Nur darauf wollte ich Bezug nehmen. Und nach Ideen fragen, um diese Probleme besser zu verstehen und im zweiten Schritt angehen zu können. Damit es für mich (und andere) irgendwann hoffentlich auch glasklar und selbstverständlich ist.
      Wenn also Buchtipps gegeben werden, die diese Lücke ein wenig füllen, ist das doch super. Danke dafür!
      Ich werde mich einlesen und in Eigenregie lernen. Und trotzdem hoffen, dass der Austausch mit anderen Menschen über Rassismus nicht aufhört, um die oben genannten Berührungspunkte zu schaffen und Fehlverhalten aufgezeigt zu bekommen.

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  6. Ruma

    Toller Beitrag! Ich beschäftige mich jetzt schon eine Weile mit Rassismus und folge viele WOC auf Social Media, die sich mit diesem Thema ausseinandersetzen. Und am Anfang hatte ich an vielen Beiträgen ganz schön zu knabbern, habe es auch jetzt noch. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich an den Gedanken, dass man selbst vielleicht noch mehr rassistisches/problematisches Gedankengut mit sich rumträgt, als man es gerne hätte. Und ich habe erkannt, wie unfair und anmaßend es sein kann, wenn Erfahrungen, die gemacht wurden, von denen, die sich auf der Täter-Seite befinden, klein geredet werden und man ständig diesen Gegenwind bekommt. Deshalb: man muss nicht mit allem was jede WOC jemals sagt übereinstimmen. Aber man sollte mindestens das ganze mal sacken lassen, einen Schritt zurück gehen und sich selbst fragen: bin ich grad sauer, weil ich mich angegriffen fühle? Habe ich vielleicht in der Vergangenheit selbst schon so gehandelt? Und selbst wenn man nicht zu diesem Schluss kommt; man muss anderen nicht immer mitteilen, dass man ihnen nicht zustimmt. Vor allem wenn sich endlich!! Gruppen zu Wort melden, die seit Jahrhunderten strukturell benachteiligt und enthumanisiert wurden!

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  7. Julia

    Ich habe den Artikel ehrlich gesagt nicht so verstanden, dass es um eine Trennung zwischen den Weißen (rassistisch sozialisiert) und Schwarzen (Leidtragende des ausschließlich weißen Rassismus) geht, sondern dass wir alle von rassistischer Sozialisation, mal etwas mehr, mal vielleicht etwas weniger, infiltriert sind. Es gibt Hautfarben in allen möglichen Abstufungen, weiß, rötlich, gelblich, hellbraun, mittelbraun, dunkelbraun bzw. schwarz. Sehr nachdenklich hat mich gestimmt, dass ich im während eines dreimonatigen Praktikums in Äthopien (dort gibt es viele verschiedenen Ethnien von etwas hellerem braun bis schwarz), Und dreimal dürft ihr jetzt raten welche Ethnie dort bei den eigenen Landsleuten am niedrigsten angesehen wurde? Es war diejenige mit dunkelsten Hautfarbe. Und das, was ich dort als wohlmeinende Entwicklungshilfe erlebt habe, hat mir überhaupt nicht gefallen und mich mehr als nachdenklich gestimmt. Es war eine Art der Entwicklungshilfe, die genau das hierarchische System zwischen Weißen und Schwarzen aufrecht erhalten hat. Wir sind alle potenzieller Rassisten, dass wurde mir dort mehr als klar. Lasst uns eine Atmosphäre schaffen, die es uns ermöglicht miteinander in Kontakt zu kommen, in der wir Fragen stellen dürfen, ohne ausgelacht zu werden, wir Verunsicherung und Unwissen zeigen dürfen, ohne dafür beschämt zu werden, wir uns aber auch mal übereinander ärgern und streiten dürfen! Lasst uns gegenseitig neugierig aufeinander sein und kennenlernen!

    Antworten
  8. Julia

    Ich habe den Artikel ehrlich gesagt nicht so verstanden, dass es um eine Trennung zwischen den Weißen (rassistisch sozialisiert) und Schwarzen (Leidtragende des ausschließlich weißen Rassismus) geht, sondern dass wir alle von rassistischer Sozialisation, mal etwas mehr, mal vielleicht etwas weniger, infiltriert sind. Es gibt Hautfarben in allen möglichen Abstufungen: weiß, rötlich, gelblich, hellbraun, mittelbraun, dunkelbraun bzw. schwarz. Sehr nachdenklich hat ein dreimonatiger Aufenthalt in Äthiopien im Rahmen eins Praktikums gestimmt (dort gibt es viele verschiedenen Ethnien von etwas hellerem braun bis schwarz). Und dreimal dürft ihr jetzt raten welche Ethnie dort bei den eigenen Landsleuten am niedrigsten angesehen wurde? Es war diejenige mit dunkelsten Hautfarbe. Und das, was ich dort als wohlmeinende Entwicklungshilfe erlebt habe, hat mir überhaupt nicht gefallen und mich mehr als nachdenklich gestimmt. Es war eine Art der Entwicklungshilfe, die genau das hierarchische System zwischen Weißen und Schwarzen aufrecht erhalten hat. Wir sind alle potenzieller Rassisten, dass wurde mir dort mehr als klar. Lasst uns eine Atmosphäre schaffen, die es uns ermöglicht miteinander in Kontakt zu kommen, in der wir Fragen stellen dürfen, ohne ausgelacht zu werden, wir Verunsicherung und Unwissen zeigen dürfen, ohne dafür beschämt zu werden, wir uns aber auch mal übereinander ärgern und streiten dürfen! Lasst uns gegenseitig neugierig aufeinander sein und kennenlernen!

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  9. Pingback: Institutioneller Rassismus jenseits des NSU-Komplex als Herausforderung für das Recht GRUNDUNDMENSCHENRECHTSBLOG

  10. Unknown

    Wenn ich mir dieses Dummgeblabber einiger selbstgerechten „Weltenretter“hier so lese, verspüre ich richtig die Lust beim nächsten polnischen Verkaufsstand eine Swastika zu kaufen, einfach weil ich weiß, dass es bei euch moralinversäuerten Deutschen die sofortige Schnappnatmung einsetzten würde. Und den polnischen Verkäufer kommt das auch zugute und weiß ist er auch.
    Dass ihr nicht vor lauter Empörung wegen Sauerstoffmangel noch nicht umgekippt seid kann man schon als Naturwunder nennen.

    Dank diesen Affentheater weiß aber eins: Egal was du tust oder sagst, du als Weißer bist du eh böse. Also werde ich mir nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen ob ich rassistisch bin. Nach eurer Auffassung sind ja Weiße von Natur aus Rassisten, also warum unnötig seine Zeit dafür vergeuden? Das macht ihr ja schon.

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