Auf den ersten Blick scheint es furchtbar einleuchtend, warum WILLIAM FAN innerhalb weniger Saisons auf das oberste Treppchen der Berliner Modewoche gestiegen ist und wir uns wie kleine Kinder auf den FAN-Moment in unserem Terminkalender freuen: Weil der Designer es wie kaum ein anderer versteht, uns ein 360 Grad-Konzept zu kredenzen, das aus Erleben, Staunen und Fühlen besteht. Klingt zu einfach? Ist es auch! Denn dass, was WILLIAM FAN Saison für Saison präsentiert, könnte so schließlich im Handumdrehen nachgemacht werden. Wird es aber nicht. Der Grund? Dass, was sich dieser ultrasympathische, witzige und ziemlich smarte Designer jedes halbe Jahr aufs Neue überlegt, ist allein schon deshalb nicht zu imitieren, weil FAN uns in seine ganz persönliche Welt hineinluken lässt, uns seine persönliche Geschichte erzählt, sein Herz für uns öffnet und eigene Erfahrungen mit uns teilt – und all das kann man eben nicht einfach so nachahmen. Und wenn doch, dann würde es sich nicht halb so ehrlich anfühlen, wie bei FAN.
Und so fanden wir uns in den vergangenen Jahren seiner Karriere beispielsweise schon in Williams Kindheit wieder, saßen gemeinsam mit ihm an der Bushaltestelle, dem einzigen Ort, der uns aus den dörflichen Strukturen herausbringen konnte, einem Tor zur Außenwelt, sozusagen. Und erinnerten uns an unsere eigene Kindheit. Ein anderes Mal aßen wir, im übertragenen Sinn, im Restaurant seiner Eltern chinesische Köstlichkeiten und fühlten uns komplett in die 90er Jahre zurückversetzt, in eine Zeit, in der auch wir bei besonderen Anlässen mit unserer Familie zusammenkamen und über geschnitzte Möhren staunten. Und wie es im echten Leben eben so ist, serviert uns WILLIAM FAN im Wechsel immer wieder ziemlich laute und wieder ganz leise Schauen und erzählt seit Stunde eins (mit seiner ersten Berliner Show) eine Geschichte, die weiter gesponnen und hoffentlich nie enden wird. So auch diesmal: Denn nach seiner ruhigen Sommerpräsentation Zen Garden, wird es jetzt wieder krawalliger:
Ein Moment der Ruhe findet im Zen Garten ein Ende. Die Augen von WILLIAM FAN öffnen sich und er kehrt mit neuer Ausgeglichenheit in seine Welt zurück. In den Abendstunden begibt sich der Designer auf den belebten Straßen in eine Karaoke-Bar und nimmt die Reizüberflutung seiner Umgebung wahr: Eine bunte Mischung aus ernsten Anzugträgern, ein älteres Paar und feiernden Jugendlichen findet sich auf der Tanzfläche unter Neonlichtern zusammen, die gemeinsam die Musik zelebrieren. Bereits vergessene ikonische Hits werden wieder zum Leben erweckt und Erinnerungen werden wach gerufen. |
Ein kluger Schachzug, denn diese lauten und leisen Präsentationen sorgen am Ende eben auch dafür, dass wir nicht verwöhnt werden, dass es nicht höherschnellerweiter zugehen muss, sondern, dass sich der Designer immer wieder selbst Auszeiten gönnen kann. So wie auch bei Zen Garden, der Sommerkollektion für 2019. Es war seine Besinnung zur Natur, eine Art des Erdens, die auch uns wieder durchatmen lassen sollte. Und was geschah schließlich gestern? Um WILLIAM FANs Ying und Yang Haltung auszubalancieren, wurde es gestern Abend wieder richtig laut:
In der Karaoke Bar Knutschfleck am Alexanderplatz, im Epizentrum des Tourismus‘ sozusagen, wurden wir eingeladen, in ein anderes Ich zu schlüpfen, ins Nachtleben abzutauchen und bei Playback alles zu geben: Den Moment auszuleben, frei zu sein und loszulassen. Bevor es aber für uns soweit war, wechselten FANs Models ihre Rolle und hüllten sich in üppige Cordkreationen, schimmernde Paillettenroben, Animalprints, neuaufgelegte Klassiker und Kompositionen, die FANs Ying & Yang Attitüde perfekt unterstreichen sollten und beides wahren: Vorne Casual hinten Party.
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Wieder sitzen wir also mittendrin, schlürfen Cocktails, wippen mit, plaudern mit den verschiedensten Sitznachbar*innen und tanzen auf der After-Show-Party bis tief in die Nacht hinein. Wieder durften Teil von WILLIAM FANs Welt sein, die uns manchmal so sehr an unsere eigene erinnert, wieder aber auch dazu ermutigt, den Pfad zu verlassen und neues auszuprobieren. Wir sind jedenfalls noch immer wahnsinnig berauscht von gestern Abend, von diesem Rundum-Sorglos-Fashion-Week Paket, das wieder einmal mehr war, als bloß eine schöne Modenschau – und vor Ort einfach jeden in seinen Bann zog.
„It’s your time to shine“ – soll uns vor Augen führen, dass wir unsere Comfort Zone öfter mal wieder verlassen sollen, um in eine andere Welt einzutauchen. Und auch Mode sorgt regelmäßig dafür, dass wir uns ganz unterschiedlich kleiden, um andere Facetten von uns zum Ausdruck zu bringen. Sinnbildlich wählte der Designer eine Location, in der wir mutig sein müssen, um vor Publikum zu performen, in der wir in eine andere Rolle schlüpfen sollen, um uns anders zu fühlen und uns neu wahrzunehmen. Und genau hier schlägt er eine Brücke zu seinen Designs, die gestern Abend auf der Theke der Karaoke Bar präsentiert wurden. Uns muss nicht jeder Look komplett zusagen, um das Konzept und FANs Intention zu verstehen; wir können uns bei dem Berliner Designer ganz wunderbar einen Look (Song) aussuchen und ihn ganz nach unserem Gusto (oder im Vollplayback) interpretieren (zu singen).
Es ist diese Mischung aus Show-Pieces, die vielleicht gar nie produziert werden, und nahbaren Kreationen, die vom Fleck weg an unserem Körper stattfinden können.
Animal Prints, laute und bunte Farben, effektreiche Texturen, die im Licht der Spiegelkugel reflektieren, treffen auf ruhige Silhouetten, klassische Schnitte und Materialien wie Cord. Die bekannten Trenchcoats von WILLIAM FAN sind neu aufgelegt in puderorsanem Paillettenstoff oder Tiger-Optik, sie erinnern an die Looks von Ikonen, die wir von der Showbühne kennen. Ebenso haben die vertrauten Town Heels eine Oberfläche aus Flieder erhalten und stehen zudem auf Kitten-Absätzen auf der Tanzfläche. Für die Fall/Winter 2019 erstellt WILLIAM FAN ebenso erstmals Ankleboots im Materialmix, raffinierte Zopfstrickpullover, Schlangen-Prints, Mohair-Cardigans und breite Gürtel für die Taille, sowie vermehrt Cocktailkleider mit einer femininen Silhouette. |
Wir danken dir von Herzen, lieber William, für gestern Abend und für die vergangenen Saisons. Dafür, dass du eine wahre Bereicherung in dieser Berliner Modewelt bist, alles anders machst und uns den Raum ermöglichst, mit dir aus dem Alltag zu entfliehen, um deine verrückte, bunte, mal laute und wieder leise Welt entdecken zu dürfen. Wir hoffen, du bleibst Berlin noch ganz lange erhalten, du wunderbarer Mensch.
Fotos: © Rachel Israela