DRUCK – wir sind süchtig nach einer Jugendserie, von der sich andere Formate viel abschauen können

18.01.2019 box2, Film

Schloss Einstein, Clueless, The Tribe und O.C.California – früher war es sicherlich umgekehrt und die Zeit, die Jugendliche vor dem Fernseher verbrachten, überwog gegenüber jener an Laptop und PC. Erinnert ihr euch noch? Die eigene Mattscheibe vor dem neuen Sofa im Jugendzimmer – ein wahr gewordener Teenietraum, den heute vermutlich kaum jemanden mehr juckt. Was ja eigentlich zu begrüßen ist, weil das Meiste mit Sinn und Verstand, wenn überhaupt, längst auf unterschiedlichen Plattformen gestreamt werden kann. Und hier gelangen wir auch schon zum neuesten Coup der deutschen Medienlandschaft, die außer „Dark“, „Babylon Berlin“, „4 Blocks“ und vielleicht „Der Tatortreiniger“ ja nun wirklich nicht allzu viel zu bieten hat. Oder besser: Hatte. Denn das ZDF, bzw. die Macher*innen der Pfefferkörner haben im vergangenen Jahr eine Webserie geschaffen, die nicht nur mit allen Wassern gewaschen ist, sondern auch einen ersten Schritt in Richtung einer inklusiveren und ehrlicheren Fernsehwelt macht. Moment mal – diese Teenieserie? Ja, ganz richtig. Wir sind vielleicht ein bisschen spät dran mit dieser Einsicht, aber auf gar keinen Fall zu alt für DRUCK  – das möglicherweise beste (zumindest körperlich gewaltlose) Format des Jahres 2018. Und 2019! Inzwischen sind wir nämlich schon in der Mitte der zweiten Staffel angelangt, die sich kostenlos über Youtube und ZDF Neo abrufen lässt. Also nochmal: Erwachsene müssen draußen bleiben? Nee. Ganz im Gegenteil, ihr dürft mir gern glauben.

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Im Mittelpunkt der Funk Produktion steht eine waschechte Girlgang rund um Hannah und Mia, deren Geschichten in den ersten beiden Staffeln erzählt werden. Aber: Keine Sorge im Angesicht des Begriffs Girlgang, bitte. Hier werden nämlich keinesfalls veraltete Klischees verbraten. Zwar sind Themen wie Liebe, Sex und Beziehung nichts Neues in Film & Fernsehen, die Art und Weise wie ebenjene hier aber besprochen werden durchaus. Wie die Lebensrealität von Jugendlichen im 21. Jahrhundert portraitiert wird. Realistisch zum einen und reflektiert zum anderen. Konkurrenzgehabe? Ja, das gibt es bei DRUCK auch. Weil nunmal auch diese Facette dazu gehört, zum Erwachsenwerden, zum Menschsein. Bloß werden Probleme wie diese, Gender-Klischees oder Stereotype nicht kommentarlos stehen gelassen, nicht ausgeschlachtet oder übertrieben. 

Stattdessen werden sie, etwa durch Dialoge und Kommentare der Protagonist*innen, die der Selbstreflexion oder zumindest der konstruktiven Kritik an Freund*innen mächtig sind, hinterfragt.  Ich würde sogar fast so weit gehen, zu behaupten, dass wie hier nicht nur sehr unterscheidliche Standpunkte zu Ohren bekommen, sondern vor allem solche, die man am liebsten genau so vom Schulhof um die Ecke hören würde.  – um eine Basis zu schaffen, die Raum für Diskussionen schafft. Über das Selbstwertgefühl, Verhütungsfragen, Schönheits-OP’s und Körperbilder, aber auch über Religion und Familienkonzepte. Außerdem dabei: Empowerment. Und echter Zusammenhalt zwischen Freundinnen statt Zickenkriege, die sich so gut verkaufen lassen. Perfekt ist hier aber trotzdem niemand. 

Wir dürfen uns jetzt also guten Gewissens von Gossip Girl & Co verabschieden. Auf Diversität und Authentizität, aber auch eine gewisse Nähe zum eigenen Leben, konnte man da nämlich lange hoffen. Vielleicht vermisste man all das noch nicht einmal. Aber ist es nicht schön, dass die Zeiten sich langsam ändern? Und was für ein wichtiger Lichtblick DRUCK doch außerdem in einer phänotypisch weißen Medienlandschaft ist. Klar, Spaß hatten wir alle, beim nächtelangen Schauen der ganz großen Serien-Hits von damals. Beim Re-Watch besagter Lieblinge komme ich persönlich aber nicht mehr um diese leichte Unwohlsein umher – aus Gründen. Eine Serie wie DRUCK war für eine Generation, die inspiriert sein darf von mehr als teuren Handtaschen und scharfen Surfer Boys längst überfällig. Hier ist sie. Enjoy.

DRUCK folgt übrigens dem Vorbild der norwegischen Serie SKAM, die im Herbst 2015 erschien und international für einen unerwartet guten Einfluss in Sachen serieller Erzählungen sorgte. Die deutsche Adaption von Eva Kaesgen scheint dem norwegischen TV-Erfolg inhaltlich und hinsichtlich der Umsetzung aber in nichts nachzustehen. Gut gemacht, wirklich. Jedenfalls habe ich für die erste Staffel nur eine Nacht gebraucht. Forever young eben.

 
 
 
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Folge 5 der 2. Staffel gibt es am Freitag, den 25.01. um 22:30 auf ZDF Neo und zeitgleich auf Youtube. Snippets der Serie gibt es über die Woche außerdem auf dem Youtube Kanal und via Social Media.

6 Kommentare

  1. Lena

    hehe danke für den Tipp, meine beste Freundin und ich haben die letzten 2 Tage vorm Bildschirm klebend verbracht und uns sehr an der Serie erfreut!

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  2. Marie

    Ich liebe diese Serie ebenfalls und kann es kaum erwarten, die neuen Folgen zu sehen. Es wirkt so wunderbar echt. Der Umgang dieser unterschiedlichen menschlichen Facetten miteinander ist beeindruckend. Ich überlege schon die ganze Zeit, ob man daraus eine Unterrichtseinheit für Schülerinnen und Schüler machen kann.

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  3. Kirsten

    Ich hab das Original „Skam“ schon geliebt und hatte ein bisschen Angst, ob die deutsche Fassung da mithalten kann. Und dann ist „Druck“ echt prima geworden. Wunderbar, dass Du drüber schreibst. Nur ein Detail: Es gibt, meine ich, keinen Zusammenhang zwischen den Macher*innen von „Druck“und den „Pfefferkörnern“ – anderer Sender, andere Produktionsfirma, andere Regie, andere Autoren.

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  4. Hendrike

    Ich finde es ein bisschen Schade, dass alle Artikel , die ich in letzter Zeit zu DRUCK gelesen habe, vergessen zu scheinen, dass DRUCK eig -in Aufmachung und Inhalt- nur eine Kopie von der Original Serie SKAM ist. SKAM ist originell und besonders und neu und inspierend und mit echten Teenagern und alles was du oben beechreibst. FUNK kreiert mit DRUCK ein Remake. Sicher eine gut gemachtes Remake, aber eben nur das. Das am Ende in einem Satz zu erwähnen, wird der Arbeit der norwegischen Macher*innen der Serie irgendwie nicht gerecht.

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