Zwei gute Bücher über Frauen und ihre Körper.

02.05.2019 Buch

Roxane Gay kennt ihr vielleicht aufgrund ihres Essaybands „Bad Feminist“. Was ging es da hoch her. In den Medien, meine ich, aber auch in meinem ganz persönlichen Umfeld. Ich erinnere mich an ein minibisschen böse Kritik und grenzenlose Lobesgesänge, an Frontstellungen wie aus dem Bilderbuch, aber vor allem daran, dass ich konstant dachte: Danke, Roxane – du sauschlauer Rule Breaker, du. Die zigfach ausgezeichnete Autorin und Professorin für Literatur, die unter anderem für den Guardian und die New York Times schreibt und außerdem Mitautorin des Marvel Comics „World of Wakanda“ ist, der schnell zur Vorlage für den dritterfolgreichsten Film aller Zeiten in den USA wurde, nämlich  „Black Panther“, hielt dem Feminismus unserer Zeit mit ihren klugen Worten einen Spiegel vor und machte damit einen wichtigen Punkt: Es gibt ihn nicht, den einen Feminismus. Dafür aber – zum Glück – viele, viele verschiedene Feminismen, die am Ende doch das Gleiche fordern.

Nun wurde jedenfalls der literarische Über-Erfolg „Hunger“ ins Deutsche übersetzt, endlich. Sheila Heti sagte neulich, sie bewundere Roxane Gay für deren unbändige Unabhängigkeit. Dafür, dass sie sich nichts und niemandem verpflichtet fühle. Vielleicht schreibt Gay deshalb so furchtlos und kompromisslos und gleichzeitig liebevoll über ihren Körper, der ihr mal Festung, mal Folter ist. Über das Kaputtgehen und Heilewerden. Über das „essen, essen, essen“ – und Hungern. Über ihre Vergewaltigung und den nie endenden Schmerz. Roxane Gay teilt ihre zutiefst intime Geschichte aber gewiss nicht nur um zu verarbeiten, was ohnehin niemals ganz fortgehen wird. Sie nutzt ihre Stimme vor allem, um laut zu werden – für andere. Und dafür, kulturelle Normen infrage zu stellen, die vor allem eines sind: toxisch. 

Und dann ist da noch Carmen Maria Machado. Ihr Erzählband erschien bereits im Januar, das Echo aber hallt bis heut nach. Ganz so als sei es erst gestern erschienen, ganz aufgeregt gibt die Welt sich noch immer wegen Machados gesammelter Worte. Immer und immer wieder forderten meine Freundinnen mich jedenfalls auf, doch endlich dieses „verstörende und zugleich geniale“ Buch in die Hand zu nehmen, fast ein bisschen streng wurden sie. heute weiß ich: Zu Recht. Jana Felgenhauer hat es mit folgendem Satz hervorragend auf den Punkt gebracht: »Machados Erzählungen sind ein Spiegel unserer Zeit, in der die Frauen nicht mehr hinnehmen wollen, dass ihr Geschlecht und ihr Körper gegen sie verwendet werden.« Amen.

„Sie schreibt die Geschichte ihres Hungers. Sie schreibt die Geschichte ihres Körpers. 

Es ist keine Geschichte des Triumphs. Es ist die eines Lebens, das in zwei Hälften geteilt ist. Es gibt das Vorher und das Nachher. Bevor sie zunahm und danach. Bevor sie vergewaltigt wurde und danach. Roxane Gay, eine der brillantesten, klügsten und aufregendsten weiblichen Stimmen der USA, erzählt eine Geschichte, die so noch nie geschrieben wurde: schonungslos offen, verstörend ehrlich und entwaffnend zart spricht sie über ihren »wilden und undisziplinierten« Körper, über Schmerz und Angst, über zwanghaftes Verlangen, zerstörende Verleugnung und Scham – „Ich war zerbrochen, und um den Schmerz dieser Zerbrochenheit zu betäuben, aß ich und aß und aß.“

 

„Literatur als Brennglas weiblicher Lebensrealitäten: Carmen Maria Machado kehrt nach außen, welches Leid Frauen und ihren Körpern beigebracht wird. Sie erschafft Welten von hypnotischer Kraft, dunkel und strahlend zugleich. Dieser elektrisierende Erzählungsband kündet von einer literarischen Revolution. 

Ein grünes Band, das zum Auslöser eines Übergriffs wird. Ein Ballkleid, das mit der Haut seiner Trägerin vernäht wird. Ein weiblicher Körper, der von Tag zu Tag durchsichtiger wird. Carmen Maria Machado erzählt von Frauen, deren Existenzen von Männern gewaltsam überschrieben werden und fragt: Wie können Frauen in einer Welt überleben, die sie – ob durch Ehe, Mutterschaft, Tod oder Ballkleider – zum Verschwinden bringen will? Dabei reißt Machado unbekümmert alle Barrieren ein, die je zwischen psychologischem Realismus und Science Fiction, Komik und Horror, Fantasy und Fabeln bestanden haben. 

Aus der permanenten inhaltlichen wie stilistischen Grenzüberschreitung gehen Texte von verblüffender Originalität hervor, die die Lebensrealitäten von Frauen und die ihnen innenwohnende Sprengkraft mit großer literarischer Wucht kartografieren.“

Zwei gute Bücher über Frauen und ihre Körper.

  1. Rike

    Danke für die Empfehlungen 🙂 Klingt beides Lesenswert, werde ich mir mal merken. Schönen Gruß, Rike

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