I ❤️ the internet // 3 Videos, über die wir diese Woche sprechen

09.05.2019 Allgemein

Gleich drei Videos haben in den vergangenen Tagen von sich Reden gemacht und lieferten ganz nebenbei Anlass genug für eine neue Runde „I ❤️ the internet“:

#keinluxus // NEON und einhorn starten Bundestagspetition und sammeln Unterschriften gegen die Luxussteuer auf Periodenprodukte

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Willkommen im Jahr 2019! Bis heute gilt: Menstruieren ist #keinLuxus, nein wirklich nicht. Und trotzdem müssen wir für’s Bluten bezahlen, noch immer. Uns immer wieder erklären. Und uns beschimpfen lassen („Die ist so zickig, die hat doch bestimmt ihre Tage!“). Vieles geht uns gegen den Strich und alles ist falsch an einer Steuer, die so tut als seien Frauenhygieneartikel sowas wie Kaviar. Ein ganz großer Witz ist das in Wahrheit, nur eben überhaupt kein lustiger. Deshalb fordern NEON und das Berliner Unternehmen einhorn (hier gibt es die besten Kondome und Menstruations-Cups der Stadt oder vielleicht auch des ganzen Landes!) den deutschen Bundestag nun ganz offiziell dazu auf, die Luxussteuer auf Periodenprodukte endlich abzuschaffen – und zwar in Form einer Bundestagspetition

Denn: „Wir finden: Das ist Diskriminierung von Menstruierenden. Wir fordern den Bundestag deshalb auf, Periodenprodukte mit dem ermäßigten Satz von sieben Prozent zu besteuern.“ Ja und ja und ja. Unter dem Hashtag #keinluxus versammeln NEON und einhorn in den Sozialen Netzwerken ihre Unterstützer*innen, mitmachen ist demnach nicht nur erlaubt, sondern selbstverständlich gewünscht, zusammen ist Mensch nämlich bekanntlich weniger allein. 

Den passenden Soundtrack gibt es ab sofort auch: Der Song „#keinluxus“ („Wie bescheuert/ ihr besteuert meinen Zyklus“), komponiert und produziert von einhorn, soll noch mehr Aufmerksamkeit und Reichweite für Aktion schaffen. Hoffentlich klappt’s – ist nämlich wichtig und richtig:

Die Feminismusdebatte ist in vollem Gang – und trotzdem werden Periodenprodukte in Deutschland immer noch mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert. Also mit der umgangssprachlich so genannten Luxussteuer. Dabei wäre ein reduzierter Steuersatz von sieben Prozent, der auf Produkte des Grundbedarfs angewendet werden kann, möglich. Nur: Wenn Tampons, Binden und Menstruationstassen kein Grundbedarf sind, was denn dann? Etwa Shrimps, Trüffel, Maultiere, Schnittblumen oder Hausschweine? Denn auf diese gibt es in Deutschland ironischerweise den verminderten Steuersatz.“ – Einhorn

Sarah Stendel, Leitung NEON: „In Ländern wie Kenia (2004), Kanada (2015) und Australien (2019) wurde die Steuer bereits abgeschafft. In Frankreich und Spanien wurde der Satz nach Protesten gesenkt, und auch in der Schweiz steht die Regierung kurz davor. Es ist Zeit nachzuziehen und zu zeigen, dass Deutschland verstanden hat, dass Gleichberechtigung in allen Bereichen der Politik Einzug halten muss.“

Damit die Luxussteuer endlich abgeschafft wird, ist es nötig, noch mehr Druck auf die Politik auszuüben – und das geht nur, wenn bis zum 28.05.2019 die 50.000 Unterschriften gesammelt werden. Also:

Hier geht es zur Petition beim Deutschen Bundestag​. 

Die Partei & Sea-Watch // Wahlwerbespot zur Europawahl

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Wenn wir jetzt mal ganz ehrlich sind, dann hat es doch nur eine einzige Partei geschafft, einen richtig guten Wahlwerbespot einzureichen, einen mit Sinn und Verstand statt rosaroter Trallala-Europa-Brille. Einen, der klar und unverständlich aufzeigt, weshalb es bei der diesjährigen Europawahl um Menschenleben geht, oder besser gehen sollte, möglicherweise sogar an allererster Stelle. Warum es sowieso wichtig ist, zu wählen, auch wenn man eigentlich überhaupt keinen Bock auf Politik hat, ein bisschen Bürokratie-faul und außerdem am 26. Mai vielleicht ein bisschen verkatert ist. Dabei haben Martin Sonneborn und seine Kolleg*innen ursprünglich überhaupt keine Eigenwerbung einreichen wollen:

Alles, was da in dem Video zu sehen war, das beim ZDF eingereicht und zunächst abgelehnt wurde, war ein ertrinkender Junge. Vorangestellt erschienen die Worte „Die nachfolgende Wahlwerbung ist keine Wahlwerbung.“ Es folgte schlussendlich ein Link-Verweis auf die Organisation Sea-Watch,  mehr nicht, weil alles gesagt, Ende. „Wir haben uns gegen einen Wahlaufruf am Schluss entschieden, weil wir nicht für uns selbst werben wollten, sondern für eine Organisation, die sich mit dem Thema auskennt,“ erklärt Nico Semsrott, im Hauptberuf Satiriker und Kandidat von „Die Partei“ f, der SZ. Gänzlich ohne Eigenwerbung geht’s aber nicht, so verlangt es das Gesetzt.

Der Spot läuft seit gestern Abend trotzdem, minimalen Änderungen zum Dank: Ein kurzer Wahlaufruf für „Die Partei“ ist jetzt also doch dabei. Dafür aber auch ein paar kluge Worte vorab: „Für den Inhalt dieses Films ist ausschließlich die EU verantwortlich.“

Satire ist das längt nicht mehr. 

 

 

 

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Und wir sagen: Nein, danke. Eine Ansammlung schrecklicher Stereotype, völlig daneben, überholt und giftig. Punkt, Ende, aus die Maus. Eine interne Umfrage hat ergeben: Es kann passieren, dass Mensch am Ende trotzdem lacht. Spannend, denn dieser Umstand läd erst Recht zur Selbstreflexion ein. Versucht’s mal. Und schnell wird klar: Es muss noch so viel passieren. Ansonsten gilt: Die Kolleginnen von Amazed haben bereits alles gesagt.

5 Kommentare

  1. leo

    Was ist denn eure Kritik an der Edeka-Kampagne? Ich habe das Gefühl, dass sie ein bisschen auf „Not all men“ hinausläuft, denn es ist ja ein Fakt, dass dass Frauen die überwältigende Mehrheit der Care-Arbeit machen.

    Vielleicht habt ihr die Kampagne völlig anders gelesen als ich, aber in meiner Wahrnehmung wird dort in keinster Weise die Ungleichverteilung der Arbeit für gut befunden. Das ist doch kein Werbespot für Hausfrauen gewesen, sondern einer, der Männer lächerlich machen sollte, und Care-Arbeit aufwerten. Ich kann nicht sehen, wie man den Spot lesen wahrnehmen kann (außer man denkt, er wäre sexistisch gegenüber Männern, was meiner Meinung nach gar nicht geht).

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    1. Anni

      Ich verstehe nicht, wie man den Spot NICHT als Sexismus gegenüber Männern empfinden kann. Klar will Edeka provozieren.. dennoch finde ich es ziemlich uncool, so ein Bild der heutigen Männer- und Vätergeneration zu zeichnen. Wird ihnen in keinster Weise gerecht (sag ich jetzt einfach mal so – ausgehend von meinen Erfahrungen).. Lustig ist es auch nicht – einfach nur daneben 🙁

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      1. leo

        Es gibt keinen Sexismus gegenüber Männern, weil es keine systematische Diskriminierung von Männern gibt. Nur ein Artikel, der das erklärt: https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/warum-es-keinen-sexismus-gegen-maenner-oder-rassismus-gegen-weisse-gibt-a-1236954.html. Tatsächlich ist es, wie gesagt, immer noch so, dass Männer im Schnitt sehr viel weniger Anteil an Hausarbeit und Kindererziehung haben, auch wenn es Ausnahmen gibt. Sich auf diese Ausnahmen zu fokussieren, macht das Problem unsichtbar.

        Ob man den Spot jetzt lustig findet, naja. Ich finde ihn auch nicht über die Maßen lustig. Aber problematisch finde ich ihn auf jeden Fall auch nicht. Worüber man sicher diskutieren kann, ist, ob er kontraproduktiv ist und in seiner aggressiven Art Männer eher verschreckt als sie dazu bringt, ihr Verhalten zu reflektieren. Aber muss man als Person, der Unrecht geschieht (und eine ungleiche Verteilung von Care-Arbeit ist sicher ein Unrecht) immer möglichst lieb sein, damit sich die Gruppe, von der das Unrecht ausgeht, ja nicht angegriffen fühlt? Oder ist Wut auch ok und angemessen? Und dass die Wut Männer in die Defensive bringt, auch wieder Teil des Problems? Nach dem Motto: etwas Feministisches ist nur dann ok, wenn es möglichst wenig bei den Männern aneckt, und Ihnen wenig Probleme bereitet. Ich finde nicht.

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  2. Mari

    Es wird definitiv noch einen EDEKA Spot zum Vatertag geben, der sich der selben Mechanik bedient. Macht es das besser? Ich weiß nicht.

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